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In einem anderen Land

In einem anderen Land

Titel: In einem anderen Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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doch der Hauptmann. Ich mag ihn gern. Wenn's schon ein Priester sein muß, dann der. Er kommt dich besuchen. Er trifft große Vorbereitungen.»
    «Ich hab ihn gern.»
    «Ach, das hab ich ja gewußt. Manchmal glaubte ich, du und er, ihr wäret ein bißchen so, du weißt schon.»
    «Ach bewahre.»
    «Doch, manchmal. So ein bißchen so, wie die Nummer des ersten Regiments der Brigata Ancona.»
    «Der Teufel soll dich holen.»
    Er stand auf und zog seine Handschuhe an.
    «Ach, ich neck dich zu gern, Kleiner. Mit deinem Priester und deinem englischen Schatz. Und bei Licht besehen bist du genauso wie ich.»
    «Nein, bin ich nicht.»
    «Doch, bist du. Du bist eigentlich ein Italiener. Ganz Feuer und Flamme und innen leer. Du gibst nur vor, Amerikaner zu sein. Wir sind Brüder und lieben einander.»
    «Sei brav, solange ich nicht da bin», sagte ich.
    «Ich werd dir Miss Barkley schicken. Du hast mehr von ihr, ohne mich. Du bist reiner und süßer.»
    «Ach, geh zum Teufel.»
    «Ich schick sie dir, deine schöne, kühle Göttin. Englische Göttin. Mein Gott, was soll ein Mann mit so einer Frau anders tun, als sie anbeten? Wozu kann man Engländerinnen sonst benutzen?»
    «Du bist ein Lästermaul, ein ungebildeter Makkaroni.»
    «Was?»
    «Ein ungebildeter Makkaroni.»
    «Makkaroni! Du bist ein vereister - Makkaroni.»
    «Du bist dumm und ungebildet.» Ich sah, daß das Wort saß und fuhr fort: «Unwissend, unerfahren und dumm aus Unerfahrenheit.»
    «Wirklich? Ich werde dir was über deine guten Frauen da sagen. Deine Göttinnen. Es gibt nur einen Unterschied zwischen einem Mädchen, das immer tugendhaft war, und einem Weib. Mit einem Mädchen ist die Sache peinlich, das ist alles, was ich weiß. » Er schlug mit den Handschuhen auf mein Bett. «Und man weiß nie, ob's dem Mädchen nachher wirklich Spaß macht.»
    «Nur nicht böse werden.»
    «Ich bin nicht böse. Ich sag dir nur, wie's ist, Kleiner, in deinem eigenen Interesse. Um dich vor Unannehmlichkeiten zu bewahren.»
    «Ist das der einzige Unterschied?»
    «Ja, aber Millionen von Idioten wie du wissen's nicht.»
    «Reizend von dir, mich aufzuklären.»
    «Wir wollen uns nicht zanken, Kleiner. Ich hab dich viel zu lieb. Aber sei kein Idiot.»
    «Nein, ich werde so weise sein wie du.»
    «Nicht böse sein, Kleiner. Lach mal. Trink noch einen. Ich muß wirklich gehen.»
    «Du bist ein guter alter Junge.»
    «Na, siehst du, im Innern bist du genau wie ich. Wir sind Waffenbrüder. Gib mir einen Abschiedskuß.»
    «Dreckschwein.»
    «Nein, ich bin eben nur zärtlicher als du.»
    Ich fühlte, wie sich sein Atem mir näherte. «Auf Wiedersehen, ich komm bald wieder.» Sein Atem verzog sich. «Ich küß dich doch nicht, wenn du nicht willst. Ich schick dir deinen englischen Schatz. Leb wohl, Kleiner. Der Cognac steht unterm Bett. Gute Besserung.»
    Und fort war er.

11
    Es dämmerte bereits, als der Priester kam. Man hatte uns unsere Suppe gebracht, dann die Näpfe fortgenommen, und ich lag da und sah die Reihe Betten an und aus dem Fenster hinaus auf den Baumwipfel, der sich im Abendwind ein wenig hin und her bewegte. Der Wind kam durchs Fenster herein, und es wurde gegen Abend kühler. Die Fliegen saßen jetzt an der Decke und an den elektrischen Birnen, die an Drähten herunterhingen. Das Licht wurde nur angedreht, wenn jemand nachts eingeliefert wurde oder wenn etwas zu tun war. Ich kam mir furchtbar jung vor, weil nach der Dämmerung das Dunkel kam und blieb. So, wie wenn man als Kind nach frühzeitigem Abendbrot ins Bett gelegt wurde. Der Ordonnanzoffizier kam zwischen den Betten hindurch und blieb stehen. Jemand war bei ihm. Es war der Priester. Er stand da, klein, braungesichtig, verlegen.
    «Wie geht es Ihnen?» fragte er. Er legte ein paar Pakete neben mein Bett auf die Erde.
    «Ganz gut, Padre.»
    Er setzte sich auf den Stuhl, der für Rinaldi gebracht worden war, und sah verlegen aus dem Fenster. Ich bemerkte, daß er sehr müde aussah.
    «Ich kann nur einen Augenblick bleiben», sagte er. «Es ist spät.»
    «Es ist nicht spät. Wie geht's im Kasino?»
    Er lächelte. « Ich bin immer noch die komische Figur.» Auch seine Stimme klang müde. «Gottlob geht es allen gut.»
    «Ich bin so froh, daß es Ihnen gutgeht», sagte er. «Ich hoffe, Sie haben keine Schmerzen.» Er schien sehr müde zu sein. Und ich war nicht gewohnt, ihn müde zu sehen.
    «Nicht mehr.»
    «Ich vermisse Sie im Kasino.»
    «Ich wünschte, ich wäre dort. Ich hab unsere Unterhaltungen immer

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