In einem anderen Land
auf der ein Mann lag, dessen Nase ich wachsbleich aus seinem Verband herausragen sah. Er atmete schwer. Bahren wurden hochgehoben und in die Gurte über mir geschoben. Der stattliche englische Fahrer kam heran und sah hinein. «Ich werde sehr vorsichtig fahren», sagte er, «Hoffentlich fühlen Sie sich behaglich.» Ich fühlte, wie er den Motor ankurbelte, fühlte, wie er auf den Fahrersitz kletterte, fühlte, wie er die Bremse löste und den Gang einschaltete, dann ging's los. Ich lag still und ließ den Schmerzen ihren Lauf.
Das Sanitätsauto klomm die Straße hinauf; es ging im Verkehr langsam vorwärts, manchmal hielten wir, manchmal setzten wir in einer Kurve zurück, schließlich kletterte es schnell bergauf. Ich fühlte etwas tropfen. Zuerst tropfte es langsam und regelmäßig, dann pladderte es. Ich rief nach dem Fahrer. Er bremste den Wagen und sah durch das Loch hinter seinem Sitz.
«Was ist los?»
«Der Mann auf der Bahre über mir hat eine Blutung.»
«Wir sind bald oben. Ich kann die Bahre nicht allein rausnehmen.» Er setzte den Wagen wieder in Gang. Der Strom floß weiter. Im Dunkeln konnte ich nicht sehen, wo es durch die Zeltbahn über mir lief. Ich versuchte, mich auf die Seite zu wälzen, damit es nicht auf mich lief. Wo es unter meinem Hemd heruntergelaufen war, war es warm und klebrig. Ich fror, und mein Bein tat mir so weh, daß mir übel wurde. Nach einer Weile ließ der Strom von der Bahre über mir etwas nach, und es tropfte wieder, und ich hörte und spürte, wie sich die Zeltbahn über mir bewegte, als sich der Mann auf der Bahre etwas bequemer ausstreckte.
«Wie geht's ihm?» rief der Engländer nach hinten. «Wir sind beinahe oben.»
«Ich glaube, er ist tot», sagte ich.
Die Tropfen fielen jetzt sehr langsam, so wie von einem Eiszapfen, nachdem die Sonne fort ist. Nachts wurde es im Wagen kalt, als die Straße anstieg. Bei dem Posten auf der Höhe nahmen sie die Bahre heraus und schoben eine andere hinein, und wir fuhren weiter.
10
Im Feldlazarett sagte man mir, daß ich nachmittags Besuch bekommen würde. Es war ein heißer Tag, und im Zimmer waren viele Fliegen. Mein Bursche hatte Papier in Streifen geschnitten, die Streifen an einen Stock gebunden und so einen Wedel gemacht, mit dem man sie verjagen konnte. Ich beobachtete, wie sie sich an der Decke sammelten. Wenn er zu wedeln aufhörte und einschlief, kamen sie herunter, und ich blies sie weg, und schließlich deckte ich mein Gesicht mit den Händen zu und schlief auch. Es war sehr heiß, und als ich erwachte, juckten meine Beine. Ich weckte meinen Burschen, und er goß Mineralwasser auf den Verband. Das machte das Bett feucht und kühl. Wir, die wir wach waren, unterhielten uns quer durch den Krankensaal. Am Nachmittag ging es immer friedlich zu. Morgens kamen sie der Reihe nach an jedes Bett, drei Krankenpfleger und ein Arzt, und nahmen einen aus dem Bett heraus und trugen einen ins Verbandszimmer, so daß die Betten gemacht werden konnten, während man verbunden wurde. Es war kein erfreulicher Ausflug ins Verbandszimmer, und ich
an erfuhr erst später, daß m Betten auch machen könne, wenn jemand darinlag. Mein Bursche hatte aufgehört, mich zu begießen, und das Bett fühlte sich kühl und herrlich an, und ich erklärte ihm gerade, wo er mich an den Fußsohlen kratzen sollte, damit das Jucken an meinen Füßen aufhörte, als einer der Ärzte Rinaldi hereinbrachte. Er kam sehr schnell auf mich zu, beugte sich über mein Bett und küßte mich. Ich bemerkte, daß er Handschuhe anhatte.
«Wie geht's, Kleiner? Wie fühlst du dich? Hier, das bring ich dir mit -» Es war eine Flasche Cognac. Der Bursche brachte ihm einen Stuhl, und er setzte sich. «Und gute Neuigkeiten. Du kriegst einen Orden. Sie haben dich für die medaglia d'argento eingegeben, aber vielleicht gibt's auch bloß die bronzene.»
«Wofür denn?»
«Weil du schwer verwundet bist. Es heißt, daß du die silberne kriegst, wenn du beweisen kannst, daß du irgendeine Heldentat begangen hast. Sonst die bronzene. Erzähl mir genau, was passiert ist. Hast du eine Heldentat begangen?»
«Nein», sagte ich. «Es hat mich erwischt, als wir Käse aßen.»
«Nun mal im Ernst. Vor- oder nachher mußt du doch was Heldenhaftes begangen haben. Denk mal genau nach.»
«Nein, wirklich nicht.»
«Hast du niemand auf dem Rücken getragen? Gordini sagt, du hättest mehrere Verwundete auf dem Rücken getragen, aber der Oberarzt auf dem ersten Verbandsplatz hält es für
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