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In einem anderen Land

In einem anderen Land

Titel: In einem anderen Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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angekommen», sagte sie.
    «Wirklich?»
    «Ja. Ich mag sie nicht.»
    «Sie werden sie mögen. Sie ist schrecklich nett.»
    Sie schüttelte den Kopf. «Davon bin ich überzeugt. Könnten Sie ein bißchen zur Seite rutschen? So ist es gut. Ich werde Sie jetzt zum Frühstück zurechtmachen.» Sie wusch mich mit einem Lappen und Seife und warmem Wasser. «Halten Sie Ihre Schulter hoch», sagte sie. «So ist es gut.»
    «Kann der Friseur, bitte, vor dem Frühstück kommen?»
    «Ich werde den Pförtner nach ihm schicken.» Sie ging hinaus und kam dann zurück. «Er geht ihn holen», sagte sie und tauchte das Tuch, das sie hielt, in die Waschschüssel.
    Der Friseur kam mit dem Pförtner. Er war ein Mann von vielleicht fünfzig Jahren, mit einem emporgezwirbelten Schnurrbart. Miss Gage war mit mir fertig und ging hinaus, und der Friseur seifte mein Gesicht ein und rasierte mich. Er war sehr steif und enthielt sich jedes Gesprächs.
    «Was ist denn los?» fragte ich. «Gibt's denn keine Neuigkeiten?»
    «Was für Neuigkeiten?»
    «Irgendwelche Nachrichten. Was ist in der Stadt passiert?»
    «Es ist Krieg», sagte er. «Die Ohren der Feinde sind überall.»
    Ich sah zu ihm auf. «Bitte halten Sie den Kopf still», sagte er und rasierte weiter. «Ich erzähle nichts.»
    «Was ist denn mit Ihnen los?» fragte ich.
    «Ich bin Italiener, ich werde mich nicht mit dem Feind einlassen.»
    Dabei ließ ich's. Wenn er verrückt war, hieß es so schnell wie möglich dem Bereich seines Rasiermessers zu entgehen. Einmal versuchte ich ihn anzusehen. «Vorsicht», sagte er. «Das Messer ist scharf.»
    Ich bezahlte ihn, als es vorbei war, und gab ihm eine halbe Lira Trinkgeld. Er gab die Münzen zurück.
    «Ich nehme nichts. Ich bin nicht an der Front, aber ich bin Italiener.»
    «Zum Teufel, machen Sie, daß Sie hier rauskommen.»
    «Sie gestatten», sagte er und wickelte sein Rasiermesser in Zeitungspapier ein. Er ging hinaus und ließ die fünf Kupfermünzen auf dem Tisch neben meinem Bett liegen.
    Ich klingelte, Miss Gage kam herein. «Würden Sie mir bitte den Pförtner schicken?»
    «Schön.»
    Der Pförtner kam herein. Er versuchte sich das Lachen zu verbeißen.
    «Ist dieser Friseur verrückt?»
    «Nein, Signorino. Er hat sich geirrt. Er hört nicht sehr gut, und er dachte, ich hätte gesagt, Sie seien ein österreichischer Offizier.»
    «So», sagte ich.
    «Ha, ha, ha», lachte der Pförtner. «Er war komisch. Eine Bewegung von Ihnen und er hätte -» Er zog seinen Zeigefinger über die Gurgel.
    «Ha, ha, ha.» Er versuchte mit Lachen aufzuhören. «Als ich ihm sagte, daß Sie kein Österreicher sind. Ha, ha, ha.»
    «Ha, ha, ha», sagte ich bitter. «Wie komisch, wenn er mir die Gurgel durchgeschnitten hätte. Ha, ha, ha.»
    «Nein, Signorino. Nein, nein. Er hat solche Angst vor den Österreichern! Ha, ha, ha.»
    «Ha, ha, ha», sagte ich. «Machen Sie, daß Sie rauskommen.»
    Er ging hinaus, und ich hörte ihn noch auf dem Gang lachen. Ich sah zur Tür. Es war Catherine Barkley.
    Sie kam herein und trat an mein Bett.
    «Guten Tag, Liebling», sagte sie. Sie sah frisch und jung und sehr schön aus. Ich glaubte, daß ich niemals jemand so wunderschön gesehen hatte.
    «Guten Tag», sagte ich. Als ich sie sah, verliebte ich mich in sie. Alles drehte sich in mir. Sie sah nach der Tür, sah, daß niemand da war, dann setzte sie sich auf die Bettkante und beugte sich über mich und küßte mich. Ich zog sie zu mir herunter und küßte sie und hörte ihr Herz klopfen.
    «Du Süße», sagte ich. «Ist das nicht fabelhaft von dir, herzukommen?»
    «Das war nicht sehr schwierig. Es wird schwieriger sein, hier zu bleiben.»
    «Du mußt bleiben», sagte ich. «Ach, du bist himmlisch.» Ich war verrückt nach ihr. Ich konnte es nicht glauben, daß sie wirklich da war, und preßte sie fest an mich.
    «Du darfst nicht», sagte sie. «Es geht dir nicht gut.»
    «Doch bitte. Komm.»
    «Nein, du bist nicht kräftig genug.»
    «Doch ich bin, bitte.»
    «Liebst du mich?»
    «Ich liebe dich wirklich. Ich bin verrückt nach dir. Bitte, komm.»
    «Fühlst du, wie unsere Herzen schlagen?»
    «Unsere Herzen sind mir gleichgültig. Ich will dich. Ich bin einfach wild auf dich.»
    «Du hast mich wirklich lieb?»
    «Sag das nicht immer wieder. Komm doch. Bitte, bitte. Catherine.»
    «Schön, aber nur einen Augenblick.»
    «Gut», sagte ich. «Mach die Tür zu.»
    «Du kannst nicht. Du sollst nicht!»
    «Komm. Sprich nicht. Bitte komm.»
    Catherine saß in

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