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In einem anderen Land

In einem anderen Land

Titel: In einem anderen Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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ein Oberstabsarzt ist, Doktor.»
    «Er ist ein ausgezeichneter Chirurg, und ich würde seiner Prognose eher als jeder anderen Vertrauen schenken.»
    «Könnte es wohl noch ein anderer Arzt ansehen?»
    «Natürlich, wenn Sie wollen. Aber ich selbst würde auf Dr. Barellas Meinung hören.»
    «Könnten Sie einen anderen Chirurgen bitten, es anzusehen?»
    «Ich werde Valentini zuziehen.»
    «Wer ist das?»
    «Er ist Chirurg im Ospedale Maggiore.»
    «Gut, ich bin Ihnen dankbar. Sie verstehen, Doktor, ich kann nicht sechs Monate im Bett liegen.»
    «Sie würden ja nicht im Bett sein. Sie würden erst eine Sonnenkur machen. Dann könnten Sie leichte Übungen machen. Dann, wenn es sich verkapselt hätte, würden wir operieren.»
    «Aber ich kann nicht sechs Monate warten.»
    Der Doktor spreizte seine zarten Finger auf der Mütze, die er in der Hand hielt, und lächelte. «Können Sie es nicht abwarten, wieder an die Front zurückzukommen?»
    «Warum nicht?»
    «Das ist wunderschön», sagte er. «Sie sind ein edler junger Mann.» Er beugte sich über mich und küßte mich sehr zart auf die Stirn. «Ich schicke Ihnen Valentini. Machen Sie sich keine Sorgen und regen Sie sich nicht auf. Seien Sie ein guter Junge.»
    «Trinken Sie vielleicht etwas?» fragte ich ihn.
    «Nein, danke. Ich trinke nie Alkohol.»
    «Nur einen Schluck.» Ich klingelte nach dem Pförtner wegen Gläsern.
    «Nein, nein, danke, man wartet auf mich.»
    «Auf Wiedersehen», sagte ich.
    «Auf Wiedersehen.»
    Zwei Stunden später kam Dr. Valentini in mein Zimmer. Er war in großer Eile, und seine Schnurrbartspitzen ragten steil in die Luft. Er war Generaloberarzt, sein Gesicht war gebräunt, und er lachte die ganze Zeit.
    «Wie haben Sie das nur gemacht?» fragte er. «Lassen Sie mich mal die Aufnahmen sehen. Ja, ja, stimmt. Sie sehen so gesund aus wie ein Ziegenbock. Wer ist das hübsche Mädchen? Ist es Ihr Schatz? Dachte ich mir. Ist das nicht ein lausiger Krieg? Wie fühlt sich das an? Sie sind ein großartiger Junge. Ich werde Ihnen Beine machen, besser als neu. Tut das weh? Und ob es weh tut! Wie gern sie einem weh tun, diese Ärzte! Was hat man bis jetzt mit Ihnen gemacht? Kann das Mädchen nicht Italienisch? Sollte sie lernen. Was für ein Prachtmädchen. Ich könnte es ihr beibringen. Hier möchte ich auch Patient sein. Nein, und ich werde euch die ganze Entbindung umsonst machen. Versteht sie das? Von der kriegen Sie einen prächtigen Jungen. Einen feinen, blonden wie sie. Das ist ja großartig, das ist gut. Was für ein Prachtmädchen. Fragen Sie sie, ob sie mit mir essen will? Nein, ich werde sie Ihnen nicht entführen. Danke sehr, Schwester. Das ist alles. Mehr brauche ich nicht zu wissen.» Er klopfte mir auf die Schulter. «Lassen Sie den Verband ab.» «Trinken Sie einen Schnaps, Dr. Valentini?» «Einen Schnaps gewiß. Zehn Glas. Wo gibt's denn was?» «Im Schrank. Miss Barkley wird die Flasche holen.»
    «Prost, prost, Schwester! Was für ein Prachtmädchen. Ich bring Ihnen besseren Cognac als den.» Er wischte sich den Schnurrbart ab.
    «Wann denken Sie, daß man operieren kann?»
    «Morgen früh. Nicht früher. Ihr Magen muß leer sein. Sie müssen abführen. Ich werde unten bei der alten Dame vorsprechen und meine Anweisungen geben. Auf Wiedersehen, also bis morgen. Ich werde Ihnen besseren Cognac mitbringen als den da. Sie haben's hier sehr gemütlich. Auf Wiedersehen bis morgen. Schlafen Sie gut. Ich nehme Sie früh dran.» Er winkte mir von der Schwelle aus zu, sein Schnurrbart stand gerade in die Luft, sein braunes Gesicht lächelte. Auf seinem Ärmel war ein Stern in einem Viereck, weil er ein Generaloberarzt war.

04
    In der Nacht flog eine Fledermaus ins Zimmer durch die offene Tür, die auf den Balkon führte und durch die wir die Nacht über die Dächer der Stadt betrachteten. Es war dunkel in unserem Zimmer bis auf den geringen Lichtschein der Nacht über der Stadt, und die Fledermaus hatte keine Angst, sondern jagte im Zimmer umher, als ob es im Freien wäre. Wir lagen und beobachteten sie, und ich glaubte nicht, daß sie uns sah, so still lagen wir. Nachdem sie raus war, sahen wir ein Scheinwerferlicht näher kommen und beobachteten, wie sich der Strahl über den Himmel bewegte und dann verschwand und es wieder dunkel wurde. Nachts erhob sich ein Wind, und wir hörten die Unterhaltung der Bemannung eines Fliegerabwehrgeschützes auf dem nächsten Dach. Es war kühl, und sie nahmen ihre Capes um. Ich machte mir nachts Sorgen,

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