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In einem anderen Land

In einem anderen Land

Titel: In einem anderen Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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andere Mann.
    «Scheißkerl, wer ist denn nicht vorsichtig?»
    «Ich sage, du sollst vorsichtig sein», wiederholte der Mann mit meinen Füßen. Ich sah, wie die Türen des Fahrstuhls geschlossen und das Gitter zugeschlagen wurde und wie der Pförtner auf den vierten Knopf drückte. Der Pförtner sah besorgt aus. Der Fahrstuhl stieg langsam.
    «Schwer?» fragte ich den Knoblauch-Mann.
    «Gar nicht», sagte er. Sein Gesicht schwitzte und er ächzte. Der Fahrstuhl stieg weiter und hielt dann. Der Mann, der meine Füße hielt, öffnete die Tür und stieg aus. Wir waren auf einem Balkon. Es gab mehrere Türen mit Messingklinken. Der Mann, der meine Füße trug, drückte auf einen Knopf und es klingelte. Wir hörten es hinter den Türen. Es kam niemand. Dann kam der Pförtner die Treppe he rauf.
    «Wo ist denn jemand?» fragte der Krankenträger.
    «Ich weiß nicht», sagte der Pförtner. «Sie schlafen alle unten.»
    «Holen Sie jemand.»
    Der Pförtner klingelte, klopfte dann an eine Tür, dann öffnete er die Tür und ging hinein. Er kam mit einer ältlichen Frau, die eine Brille trug, wieder. Ihr Haar war unordentlich aufgesteckt; sie trug Schwesterntracht.
    «Ich verstehe nicht», sagte sie. «Ich verstehe kein Italienisch.»
    «Ich kann Englisch», sagte ich. «Sie wollen mich irgendwo einquartieren.»
    «Keines der Zimmer ist fertig. Wir haben keine Patienten erwartet.» Sie nestelte an ihrem Haar und sah mich kurzsichtig an.
    «Zeigen Sie ihnen irgendein Zimmer, in das man mich bringen kann.»
    «Ich weiß nicht», sagte sie. «Es wird kein Patient erwartet. Ich kann Sie nicht einfach in irgendein Zimmer legen.»
    «Jedes Zimmer tut's», sagte ich. Dann zu dem Pförtner auf italienisch: «Suchen Sie ein leeres Zimmer.»
    «Sie sind alle leer», sagte der Pförtner. «Sie sind der erste Patient.»
    Er hielt seine Mütze in der Hand und sah die ältliche Schwester an.
    «Dann bringt mich um Christi Barmherzigkeit willen in irgendein Zimmer.» Der Schmerz war in den gekrümmten Beinen schlimmer und schlimmer geworden, und ich fühlte ihn in den Knochen wühlen und zerren. Der Pförtner ging von der grauhaarigen Frau gefolgt durch die Tür und kam dann eilig zurück. «Kommt mit», sagte er. Man trug mich einen langen Gang hinunter in ein Zimmer mit herabgelassenen Jalousien. Es roch nach neuen Möbeln. Drinnen war ein Bett und ein großer Schrank mit einem Spiegel. Man legte mich aufs Bett.
    «Ich kann es nicht beziehen», sagte die Frau. «Die Laken sind eingeschlossen. »
    Ich sprach nicht mit ihr. «In meiner Tasche ist Geld», sagte ich zu dem Pförtner. «In der zugeknöpften Tasche.» Der Pförtner nahm das Geld heraus. Die beiden Krankenträger standen neben meinem Bett, die Mützen in der Hand. «Geben Sie jedem 5 Lire und 5 Lire für Sie. Meine Papiere sind in der anderen Tasche. Sie können sie der Schwester geben.»
    Die Krankenträger grüßten und bedankten sich. «Auf Wiedersehen», sagte ich, «und vielen Dank.» Sie grüßten noch einmal und gingen hinaus.
    «Auf diesen Papieren», sagte ich zu der Schwester, «ist mein Fall beschrieben und die Behandlung, die ich bisher gehabt habe.»
    Die Frau nahm sie hoch und besah sie durch die Brille. Es waren drei zusammengefaltete Bogen. «Ich weiß nicht, was ich machen soll», sagte sie. «Ich kann nicht Italienisch lesen. Ich kann nichts ohne die Bestimmungen des Arztes machen.» Sie begann zu weinen und steckte die Papiere in die Tasche ihrer Schürze. «Sind Sie Amerikaner?» fragte sie weinend.
    «Ja. Bitte legen Sie die Papiere auf den Nachttisch.»
    Es war dämmerig und kühl im Zimmer. Vom Bett aus konnte ich den großen Spiegel am anderen Ende des Zimmers sehen, aber nicht, was sich in ihm spiegelte. Der Pförtner stand am Bett. Er hatte ein nettes Gesicht und war sehr freundlich.
    «Sie können gehen», sagte ich zu ihm. «Sie können auch gehen», sagte ich zu der Schwester. «Wie heißen Sie?»
    «Mrs. Walker.»
    «Sie können gehen, Mrs. Walker. Ich glaube, ich werde einschlafen können.»
    Ich war allein im Zimmer. Es war kühl und roch nicht nach Lazarett. Die Matratze war fest und bequem; und ich lag da, ohne mich zu bewegen, kaum atmend, glücklich, weil ich fühlte, wie der Schmerz nachließ. Nach einer Weile wollte ich einen Schluck Wasser trinken und fand die Klingel an einer Schnur beim Bett und klingelte, aber es erschien niemand. Ich schlief ein.
    Als ich aufwachte, sah ich mich um. Sonnenlicht kam durch die Jalousien hindurch, ich sah

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