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In einem anderen Land

In einem anderen Land

Titel: In einem anderen Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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ab, und dann übernahm sie ihn wieder. Es war so, als ob wir uns wiedertrafen, nachdem jeder von uns auf einer langen Reise gewesen war.

06
    Wir hatten einen herrlichen Sommer. Als ich ausgehen konnte, fuhren wir in einem Wagen im Park spazieren. Ich erinnere mich an den Wagen, das Pferd davor ging langsam und hoch vor uns der Rücken des Kutschers mit seinem Lackzylinder, und Catherine Barkley saß neben mir. Wenn unsere Hände sich berührten, gerade nur die Seite meiner Hand ihre Hand berührte, waren wir erregt. Später, als ich mich auf Krücken fortbewegen konnte, gingen wir zum Abendessen zu Biffi oder ins Gran Italia und saßen draußen an einem Tisch in der Galleria. Die Kellner gingen rein und raus, und Menschen gingen vorbei, und Lichter mit Schirmchen standen auf den Tischtüchern, und nachdem wir sicher waren, daß wir das Gran Italia am liebsten hatten, reservierte uns George, der Oberkellner, einen Tisch. Er war ein großartiger Kellner, und wir überließen ihm, das Essen zu bestellen, während wir uns die Leute betrachteten und die große Galleria in der Dämmerung und einander. Wir tranken herben weißen, eisgekühlten Capri, obschon wir viele andere Weine kosteten, Fresa, Barbera und die süßen weißen Weine. Wegen des Krieges gab es keinen Weinkeller, und George lächelte beschämt, wenn ich ihn über einen Wein wie Fresa befragte.
    «Stellen Sie sich ein Land vor, das einen Wein macht, weil er wie Erdbeeren schmeckt», sagte er.
    «Warum denn nicht?» fragte Catherine. «Es klingt ausgezeichnet.»
    «Vielleicht versucht's die Dame», sagte George, «wenn sie's wünscht. Aber lassen Sie mich für den Tenente eine kleine Flasche Margaux bringen.»
    «Ich will's auch kosten, George.»
    «Sir, ich kann Ihnen nicht dazu raten. Er schmeckt noch nicht einmal nach Erdbeeren.»
    «Vielleicht doch», sagte Catherine. «Und wenn, war's doch herrlich.»
    «Ich werde ihn bringen», sagte George. «Und wenn die Dame befriedigt ist, nehm ich ihn weg.»
    Es war kein besonderer Wein. Wie er gesagt hatte, er schmeckte nicht einmal nach Erdbeeren. Wir kehrten zu unserem Capri zurück. Eines A bends war ich knapp mit Geld, und George borgte mir l00 Lire. «Das macht nichts, Tenente», sagte er. «Ich weiß, wie's ist. Ich weiß, wie einem Mann das Geld ausgehen kann. Falls Sie oder die Dame Geld brauchen, ich hab immer was.»
    Nach dem Essen gingen wir durch die Galleria an den anderen Restaurants und den Geschäften mit ihren herabgelassenen eisernen Laden vorbei und blieben an dem kleinen Stand stehen, an dem belegte Brötchen verkauft wurden, Schinken und Salat und Anchovis-Sandwiches aus sehr winzigen braunen, glasierten Brötchen gemacht und nicht länger als ein Finger. Die aßen wir nachts, wenn wir hungrig waren. Dann stiegen wir von der Galleria, dem Dom gegenüber, in einen offenen Wagen und fuhren zum Lazarett zurück. An der Tür des Lazaretts kam uns der Pförtner entgegen, um mir mit den Krücken zu helfen. Ich bezahlte den Kutscher, und dann fuhren wir mit dem Fahrstuhl hinauf. Catherine stieg in der dritten Etage aus, wo die Schwestern wohnten, und ich fuhr weiter und ging auf meinen Krücken den Gang entlang bis in mein Zimmer. Manchmal zog ich mich ganz aus und ging zu Bett, und manchmal saß ich draußen auf dem Balkon mit meinem Bein auf einem zweiten Stuhl und beobachtete die Schwalben über den Dächern und wartete auf Catherine. Wenn sie dann kam, war es, als ob sie einen langen, langen Ausflug gemacht hätte, und ich ging mit ihr auf meinen Krücken den Gang entlang und hielt ihr die Schüsseln und wartete vor den Türen, oder ging auch mit ihr hinein; das hing davon ab, ob es Freunde von uns waren oder nicht, und wenn sie alles erledigt hatte, was zu erledigen war, setzten wir uns draußen auf den Balkon vor meinem Zimmer. Später ging ich ins Bett, und wenn alles schlief, und wenn sie sicher war, daß niemand sie rufen würde, kam sie herein. Ich machte schrecklich gern ihr Haar auf, und sie saß auf dem Bett und hielt ganz still, außer sie beugte sich plötzlich herab, um mich zu küssen, während ich es tat, und ich zog die Nadeln heraus und legte sie auf das Laken, und ihr Haar hing herunter, und ich betrachtete sie, wie sie sehr still hielt, und dann nahm ich die beiden letzten Nadeln heraus, und es fiel alles herab, und sie senkte den Kopf, und wir waren beide darin eingehüllt, und man hatte das Gefühl, in einem Zelt oder hinter einem Wasserfall zu sein.
    Sie hatte wunderbares,

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