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In einem anderen Land

In einem anderen Land

Titel: In einem anderen Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernest Hemingway
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Wagen in kleinen Abständen. 

05
    Mittags blieben wir auf einem schlammigen Weg ungefähr - soweit wir das berechnen konnten - zehn Kilometer vor Udine stecken. Es hatte im Laufe des Vormittags aufgehört zu regnen, und dreimal hatten wir Flugzeuge kommen hören, sie über uns fliegen sehen, beobachtet, wie sie weit nach Süden hielten und über der Chaussee Bomben abwarfen. Wir hatten uns durch ein Netz von Nebenstraßen durchgearbeitet, hatten mehrere Wege genommen, die Sackgassen waren, waren aber durch Umkehren und Finden eines neuen Weges ständig näher an Udine herangekommen. Jetzt war Aymos Wagen, als er rückwärts fuhr, um aus einer Sackgasse herauszukommen, in die weiche Erde an der Seite geraten, und die Räder gruben sich leer drehend tiefer und tiefer ein, bis der Wagen auf seinem Differential lag. Wir mußten jetzt vor den Rädern ausgraben, Reisigbündel hinlegen, damit die Ketten faßten, und dann schieben, bis der Wagen wieder auf der Straße war. Wir standen alle auf der Straße um den Wagen he rum. Die beiden Unteroffiziere betrachteten den Wagen und untersuchten die Räder. Dann entfernten sie sich auf der Straße, ohne ein Wort zu sagen. Ich ging ihnen nach.
    «Los», sagte ich. «Schneidet Äste ab.»
    «Wir müssen gehen», sagte der eine.
    «An die Arbeit», sagte ich. «Äste abbrechen.»
    «Wir müssen gehen», sagte der eine. Der andere sagte nichts. Sie hatten es eilig mit dem Aufbruch. Sie sahen mich nicht an.
    «Ich befehle euch, zu den Wagen zurückzugehen und Holz zu sammeln», sagte ich. Der eine Unteroffizier wandte sich mir zu. «Wir müssen gehen. In kurzem werden Sie abgeschnitten sein. Sie können uns nichts befehlen. Sie sind nicht unser Vorgesetzter.»
    «Ich befehle euch, Holz zu holen», sagte ich. Sie machten kehrt und gingen den Weg entlang.
    «Halt», sagte ich. Sie gingen auf dem schlammigen Weg weiter, die Hecke zu beiden Seiten. «Ich befehle euch, stehenzubleiben!» rief ich. Sie gingen ein bißchen schneller. Ich öffnete meine Tasche, nahm den Revolver heraus, zielte auf den einen, der am meisten gesproche n hatte, und feuerte. Ich verfehlte ihn, und sie begannen beide zu laufen. Ich feuerte dreimal und brachte einen zur Strecke. Der andere brach durch die Hecke und war außer Sicht. Ich feuerte auf ihn durch die Hecke hindurch, als er über das Feld lief. Der Revolver knackte leer, und ich tat ein neues Magazin hinein. Ich sah, daß es zu weit war, um auf den anderen Unteroffizier zu schießen. Er lief mit eingezogenem Kopf über das Feld. Ich füllte den leeren Rahmen nach. Bonello kam heran. «Lassen Sie mich gehen, ihn erledigen», sagte er. Ich reichte ihm den Revolver, und er ging an die Stelle, wo der Pionier-Unteroffizier mit dem Gesicht nach unten auf der Straße lag. Bonello beugte sich vornüber, hielt den Revolver an die Schläfe des Mannes und drückte ab. Der Revolver feuerte nicht.
    «Du mußt den Hahn spannen», sagte ich. Er spannte und feuerte zweimal. Er faßte den Unteroffizier an den Beinen und zog ihn an den Straßenrand, so daß er neben der Hecke lag. Er kam zurück und reichte mir den Revolver.
    «Der Scheißkerl», sagte er. Er sah in die Richtung des Unteroffiziers. «Haben Sie gesehen, wie ich ihn erledigt habe, Tenente?»
    «Wir müssen schnell Reisig holen», sagte ich. «Hab ich den andern gar nicht getroffen?»
    «Ich glaube nicht», sagte Aymo. «Es war zu weit weg, um ihn mit einem Revolver zu treffen.»
    «Dieser Dreckskerl», sagte Piani. Wir schnitten alle Zweige und Äste. Wir hatten alles aus dem Wagen herausgenommen. Bonello grub vor den Vorderrädern aus. Als wir fertig waren, ließ Aymo die Maschine anspringen. Die Räder drehten sich und warfen Äste und Schlamm auf. Bonello und ich schoben, bis wir unsere Gelenke krachen hörten. Der Wagen rührte sich nicht.
    «Zurück und wieder vor und mit Schwung raus, Barto», sagte ich. Er ließ die Räder rückwärts mahlen und fuhr dann an. Die Räder gruben sich nur tiefer ein. Dann lag der Wagen wieder auf dem Differential, und die Räder drehten sich frei in den Löchern, die sie gegraben hatten. Ich richtete mich auf.
    «Wir wollen's mit einem Seil versuchen», sagte ich.
    «Ich glaub nicht, daß es Sinn hat, Tenente. Man kriegt keinen Vorwärtszug.»
    «Wir müssen's versuchen», sagte ich. «Er kommt auf keine andere Weise wieder raus.»
    Pianis und Bonellos Wagen konnten auf dem schmalen Weg nur stracks geradeaus fahren. Wir banden beide Wagen aneinander und zogen. Die

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