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In einem Boot (German Edition)

In einem Boot (German Edition)

Titel: In einem Boot (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Rogan
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Wasser zu, auf dem wir trieben, »lass mich jetzt bloß nicht im Stich.« In meiner Fantasie stand Henry wie ein Fels in der Brandung an meiner Seite. Ich wusste nicht, wie um alles in der Welt ich seiner Mutter allein gegenübertreten sollte. Ich hatte Angst, dass sie mich für seinen Tod verantwortlich machen würde, dass sie der Meinung war, Henry hätte mich nach Europa begleitet, nicht umgekehrt, und dass ich daran schuld sei, dass wir auf der Zarin Alexandra zurückkehrten, nicht ein Krieg zwischen mir unbekannten Nationen, der sich gänzlich meiner Kontrolle entzog.
    An diesem Morgen fing es schließlich an zu regnen. Anfangs waren die Tropfen klein und so fein wie Nebel, und die Menge, die wir in unsere Münder bekamen, hätte keinen Fingerhut gefüllt, aber die Tropfen wurden stetig größer, und schon bald waren wir alle bis auf die Knochen durchnässt. Es war dieser Regen, an den ich an jenem Tag in Boston denken musste, als Mr Reichmann mich für verrückt erklärte. Ringsum wandten die Menschen ihre Gesichter nach oben, um das Wasser zu trinken. Mary Ann bewies einmal mehr ihren schwierigen Charakter, weil sie einfach den Mund nicht öffnen wollte. Hannah musste sie ohrfeigen und ihr die Nase zuhalten, bis sie es schließlich doch tat. Mr Hardie deutete in der Ferne auf etwas, was nur er sehen konnte, und meinte, das Wetter würde zum Teufel gehen und wir mit ihm, wenn wir unserer Lage nicht endlich offen ins Gesicht sähen. Wir waren so ausgekühlt und elend, dass es uns schwerfiel zu begreifen, was er meinte.
    Mrs Cook kam aus der Schlafnische und tippte mich auf die Schulter. »Sehen Sie zu, dass Sie die Plane über sich ziehen, damit die Decken nicht klatschnass werden«, sagte sie. Ich war der Meinung, dass ich noch nicht an der Reihe war, aber niemand protestierte, und so bahnte ich mir vorsichtig einen Weg nach vorn in den Bug und kauerte mich in die modrig riechenden Decken, wo ich zwar keinen Schlaf fand, aber dafür noch tiefer in meine innere Gedankenwelt eintauchte. Dort gab es warme Ecken und Höhlen – keine wirklichen Erinnerungen, sondern Orte, wo die Bedingungen des Lebens weniger grausam und unbarmherzig waren. Vielleicht geschah dieser Rückzug in mein inneres Selbst mutwillig, aber damals hatte ich nicht das Gefühl, überhaupt noch einen Willen zu haben. Ich hatte nur einen Körper. Ich tat, was man mir sagte, als ob ich mich in dem gleichen tranceähnlichen Zustand befand, den ich bei Mrs Cook beobachtet hatte. Jede kleinste meiner Regungen war mir überdeutlich bewusst, war ein Gegenstand außerordentlichen Interesses für mich, aber was mit den anderen vorging, hinterließ bei mir keinerlei Eindruck. Als Mary Ann mich am Arm rüttelte und mich aus meinen Gedanken riss, kehrte ich auf meinen Platz zurück.
    Während ich gedöst hatte, hatte sich Mrs Cook dem Meer überantwortet. Ich fühlte nichts, nur eine leise Neugier, warum sie das getan hatte. »Befehl von Hardie«, flüsterte Hannah, und Greta sagte: »Sie wissen ja, dass Mrs Cook alles tat, was man ihr befahl.« Ich hatte fürchterliche Angst, man würde dasselbe von mir behaupten.
    Ich kann Hardies Beteiligung an dem Tod von Mrs Cook weder bestätigen noch abstreiten. Meine Anwälte haben mich hierzu immer wieder befragt, aber ich kann dazu nur sagen, dass ich geschlafen habe. Offensichtlich hat Hannah ausgesagt, dass meine Schlafzeit schon früher am Tag gewesen war und niemand eine Extraschicht unter den Decken beanspruchen durfte, es sei denn, man war krank. Ich sei während des Vorfalls überhaupt nicht in der Schlafnische gewesen. Mrs Cook, die für mich hätte sprechen können, da sie mir auf die Schulter getippt und mich schlafen geschickt hatte, und Mary Ann, die nach mir unter die Decken gekrochen war, sind beide tot, und augenscheinlich erinnert sich sonst niemand an meine unbedeutende Rolle in diesem Trauerspiel. Ich weiß nicht, was es geändert hätte, wenn ich wach gewesen wäre, was nicht der Fall war. Mr Reichmann meint, die Anwälte von Hannah und Mrs Grant versuchten zu beweisen, dass wir Grund hatten, Mr Hardie zu fürchten, dass der Tod von Mrs Cook uns ein Motiv für das gab, was später geschah. Aber wie sehr Mr Reichmann mich auch mit Fragen bestürmen mag, so kann ich nur immer wieder sagen, dass ich im Zeugenstand wahrheitsgemäß aussagen würde, in meinem Herzen sei kein solches Motiv gewesen. Ich war bei Mrs Cooks Tod nicht dabei gewesen und hatte dementsprechend auch nicht hören können, ob Mr

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