Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

In einem leuchtend schoenen Land

Titel: In einem leuchtend schoenen Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minouche Moser
Vom Netzwerk:
die wir direkt davor saßen, hochgradig frustrierte.
    Dem Widerstand der Regierung trotzend flossen die Wochen und Monate nach Tsunami weitere NGOs ins Land. Einige kamen mit einem Gutmenschen und naiver Hilfsbereitschaft im Gepäck an und waren mit diesem blauäugigen Optimismus, der jeden erfasste, der die Insel betrat, ungenügend auf die kleinen und größeren Betrügereien vorbereitet, denen sie zuweilen ausgesetzt waren. Die entstandenen Spendengeldverir-rungen eigneten sich hervorragend für die Regierung, um erneut die Kontrolle über sämtliche einfließenden Hilfsgelder und – güter zu fordern.
    Ungeachtet dessen gingen weitere Spendengelder an ihnen direkt an die NGOs, woraufhin die Regierung in die Offensive ging.
    Mehrseitig wurden im lokalen Blatt die NGOs öffentlich zur Schau gestellt: Im Fettdruck stellten genervte Journalisten Mitarbeiter von Hilfsorganisationen an den Pranger. Reihenweise wurde den Helfern vorgeworfen, ausschließlich in Vier- und Fünf-Sterne-Hotels und Luxusappartements zu residieren, komfortabel in der Business-Klasse zu reisen und in Edelrestaurants die Spenden im Champagner zu ertränken. Schließlich druckten sie Einkünfte ab, die locker das Zehnfache des Managergehaltes eines Sri-Lankers ausmachten und hatten bald die Wut der Einheimischen auf ihrer Seite – eine Wut, der sich keiner entziehen kann, der so viel Reißerisches zu lesen bekommt.
    Andreas und ich waren uns einig, dass auch die Mitarbeiter einer Hilfsorganisation ordentlich verdienen sollten, denn schließlich arbeiteten sie unter teilweise widrigsten Umständen und befanden sich in der Regel mitten im Krisengebiet, wo ihnen die Gefahr ständig im Genick saß.
    Wo aber zog man die Grenze?
    Fakt war, dass seit Tsunami die Mietpreise in Colombo und Umgebung in die Höhe geschnellt waren, weil die Wohnungen zu überhöhten Preisen an Hilfsorganisationen vermietet wurden; Mietautos gab es praktisch gar nicht mehr und wenn, dann überteuert.
    Das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage begann zu wirken.
    Mit knapp 32 000 Toten, 5000 Vermissten; 143 500 Obdachlosen und 98 000 teilweise und komplett zerstörten Häusern gehörte Sri Lanka zu den Ländern, die Tsunami am Schlimmsten getroffen hatte. Die überwältigende, von der Bevölkerung auf der ganzen Welt bereit gestellte Hilfe zeigte, dass der Mensch füreinander einstand. Eine Hilfsbereitschaft mit Verfallsdatum.
    Träume mit Verfallsdatum.
    Die Spenden, die in Sri Lanka ankamen, versickerten teilweise im Krieg, in der Korruption, der Bürokratie und in purer Verschwendung. Ich persönlich und viele andere hatten das Land unter den versprochenen Millionen erblühen sehen. Wir hatten uns in Zukunft ein intaktes Verkehrsnetz eingebildet, aufgeräumte Strände und in meinen kühnsten Träumen gab es sogar eine Müllabfuhr. Ein paar Dollar sah ich auch in einer inselweiten Therapie, die sich mit dem Tsunami-Trauma befasste, das in den Betroffenen weiterlebte.
    Wir redeten Theorie, die in den kommenden Wochen und Monaten von der Realität eingeholt und nichts weiter als ein Hirngespinst bleiben würde. Bei allem Missmut, den die Aktivitäten der Regierung zuweilen in mir hervorrief, musste ich einsehen, dass eine noch nie da gewesene Naturkatastrophe alleine schon administrativ eine Herausforderung war. In der Hitze dieses Administrationsgefechts wurde ein neues Amt erschaffen und in Colombo auf teuren Boden gesetzt: das „Ministry of Disaster“. Böse Zungen aus den eigenen Reihen behaupteten, dort würden mit ihrer Tätigkeit mehr Verwüstung und Zerstörung angerichtet als aufgefangen.
    Tatsächlich bewegte dieses neu geschaffene Amt wenig. Die vielen Millionen Dollar, mit denen man angeblich Sri Lanka weltweit zu Hilfe geeilt war, tröpfelten ein. Man setzte da und dort ein Pflaster auf, heilte das Land auf die gleiche Weise, wie man die Straßen und Gebäude reparierte: mit einem dürftigen Flickwerk.
    Schenkte man den vier Jahre später erstellten Berichten Glauben, dann blieben viele Betroffene jahrelang obdachlos und warteten darauf, dass auch sie einpaar Rupien von den Millionen abkriegten. Natürlich berichteten regierungstreue Zeitungen und Minister Anderes. Sie trompeteten, dass die im Osten von Tsunami und Krieg Vertriebenen und in Camps gestopften Menschen die Erfindung von Amnesty International und üble Nachrede seien. Und wenn überhaupt, hörte ich, dann war die LTTE schuld.
    Punkt.
    So hatte der Tsunami die Insel kurzzeitig vereint, danach

Weitere Kostenlose Bücher