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In einer anderen Welt (German Edition)

In einer anderen Welt (German Edition)

Titel: In einer anderen Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Walton
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ich deinen Stein berührte.« Er berührte seine Hosentasche, als er das sagte. Mir gefiel die Vorstellung, dass er etwas mit sich herumtrug, das so lange mir gehört hatte. Der Stein würde ihn zwar bestenfalls vor meiner Mutter beschützen – aber bei der Göttin, das war bestimmt nichts Schlechtes.
    »Eigentlich müsstest du sie sehen können«, sagte ich. »Dort wimmelt es nur so von ihnen.«
    »Das sind Gespenster«, sagte er. »Du glaubst nur, dass es Elfen sind.«
    »Ich weiß nicht, was sie sind, und ich glaube auch nicht, dass das eine Rolle spielt.«
    »Möchtest du es denn nicht herausfinden?«, fragte er mit leuchtenden Augen. Das war der Geist der Science Fiction!
    »Ja«, antwortete ich, meinte es allerdings nicht wirklich ernst. Sie sind, was sie sind, das ist alles.
    »Aber womit beschäftigen sie sich, was meinst du?«
    »Mit Orten?«, sagte ich, denn das wusste ich mit Sicherheit. »Sie ziehen nicht viel herum. Glor ... mein Freund hat Magie gewirkt, damit ich an Halloween nach Südwales runtergefahren bin. Er ist nicht hierhergekommen, um mit mir zu reden.«
    »Nun ja, das ist für Gespenster doch typisch, dort zu verweilen, wo sie herkommen.«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Wirst du mir beibringen, Magie zu wirken?«, fragte er als Nächstes.
    Ich zuckte zusammen. »Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee ist.«
    »Warum nicht?«
    »Weil es gefährlich ist. Wenn du nicht weißt, was du tust, und damit meine ich nicht dich, sondern jeden, der nicht genug weiß, dann ist es verdammt schwer, nicht irgendetwas zu tun, das weitreichende Konsequenzen hat.« Das war die ideale Gelegenheit, um ihm von der Karass-Magie zu erzählen, und das wusste ich auch, aber ich wollte einfach nicht. »Wie George Orr in Die Geißel des Himmels , nur mit Magie, nicht mit Träumen.«
    »Hast du so etwas schon jemals getan?«, fragte er.
    Also musste ich es ihm doch erzählen. »Das wird dir jetzt nicht gefallen. Aber ich war sehr einsam und sehr verzweifelt. Ich habe einen Schutzzauber gegen meine Mutter gewirkt, weil sie mir andauernd schreckliche Träume geschickt hat. Und da ich schon mal dabei war, habe ich gleich noch versucht, eine Karass heraufzubeschwören.«
    Er sah mich verständnislos an. »Was ist eine Karass?«
    »Du hast noch keinen Vonnegut gelesen? Ach, egal. Ich glaube, er würde dir gefallen. Fang mit Katzenwiege an. Jedenfalls, eine Karass ist eine Gruppe von Leuten, die wirklich auf einer Wellenlänge liegen. Das Gegenteil ist ein Granfalloon, eine Gruppe, die sich nur einbildet, auf einer Wellenlänge zu liegen, wie in der Schule. Ich habe Magie gewirkt, um Freunde zu finden.«
    Er prallte buchstäblich zurück und hätte dabei fast den Stuhl umgeworfen. »Und du denkst, das hat geklappt?«
    »Am nächsten Tag hat mich Greg zur Leserunde eingeladen.« Ich ließ das so stehen, während er selbst seine Schlussfolgerungen zog.
    »Aber wir haben uns doch schon monatelang getroffen. Du hast uns nur ... gefunden.«
    »Das hoffe ich. Aber vorher wusste ich nichts davon. Es gab nichts, was darauf hindeutete, auch nicht auf das Fandom.«
    Ich sah ihn an. So etwas wie er war seltener als ein Einhorn – ein wunderschöner Junge in einem rotkarierten Hemd, der las und nachdachte und über Bücher redete. Inwieweit hatte meine Magie sein Leben verändert, sodass er zu dem wurde, was er war? Hatte es ihn vorher überhaupt gegeben? Und wenn ja, was war er gewesen? Das würde ich nie herausfinden. Jetzt war er hier, und ich auch, und das war alles.
    »Aber ich war dort«, sagte er. »Ich bin regelmäßig hingegangen. Ich weiß, dass ich da war. Letzten Sommer war ich in Brighton auf dem Seacon.«
    » Er’ perrhenne «, sagte ich, wobei ich die Aussprache raten musste.
    Ich bin es gewohnt, dass andere Menschen Angst vor mir haben, aber es gefällt mir nicht. Wahrscheinlich hat es nicht einmal Tiberius gefallen. Doch nach einem entsetzlichen Augenblick wurden Wims Gesichtszüge wieder weich. »Es hat dir einfach geholfen, uns zu finden. All das hättest du nicht ändern können«, sagte er, griff nach seiner Vimto und trank die Flasche aus.
    »Ich wollte es dir erzählen, denn dabei stellt sich die ethische Frage, warum du mich magst ... ob du mich deswegen magst«, sagte ich, um alle Zweifel auszuräumen.
    Er lachte, allerdings ein wenig unsicher. »Darüber werde ich wohl nachdenken müssen«, sagte er.
    Zurück zum Bahnhof schlenderten wir die nassen Straßen entlang, ohne Händchen zu halten. Aber im Zug, der

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