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In einer anderen Welt (German Edition)

In einer anderen Welt (German Edition)

Titel: In einer anderen Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Walton
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machen?«
    »Nicht, wenn du es nicht willst.«
    Was ich über Magie weiß und er nicht, ist, wie vertrackt sie ist und wie viel leichter es ist, Leute dazu zu bringen, Dinge zu tun, die sie sowieso tun wollten. Es würde nur dann etwas beweisen, wenn wir uns tatsächlich trennen würden, nicht wenn wie nur der Meinung waren, dass es theoretisch möglich war. Aber ... ich wollte nicht. »Ich will nicht«, sagte ich.
    »Was hast du zu ihr gesagt?«, fragte er.
    »Zu wem?«
    »Der kleinen Miss Hitler vorhin im Café?«
    Ich stieß ein leises Schnauben aus. »Sie heißt Karen. Ich hab ihr gesagt, dass ich wohl schlecht in die Disco gehen kann, und dann hab ich gelächelt. Die Genugtuung wollte ich ihr nicht geben.« Wir waren jetzt fast bei dem Buchladen, und er blieb wieder stehen.
    »Du hast auch jeden Grund zu lächeln. Ich werde mich nicht noch mal mit Shirley treffen.«
    »Es ist mir egal, ob du dich mit Shirley triffst, solange ich es weiß ... glaube ich jedenfalls.« Die Theorie stammte von Heinlein, und sie leuchtete mir wirklich ein. Nur was die praktische Umsetzung betraf, war ich mir unsicher.
    »Sie ist strohdumm«, sagte er, was beruhigend ist. Es ist nett, einer substantiellen Eigenschaft wegen gemocht zu werden.
    Wir überquerten die Straße und schlenderten durch den Wildererforst zu dem eingefallenen Gemäuer. Die Schneeglöckchen waren verwelkt. Erste Blätter lugten aus der Erde, aber noch keine anderen Blumen. Es wimmelte nur so von Feen, die meisten davon so knorrig wie Bäume, aber sie schenkten uns keinerlei Beachtung. Wim konnte sie aus den Augenwinkeln wahrnehmen – sagte er jedenfalls. Wir saßen eine Weile auf der Mauer und beobachteten sie. Als wir wieder aufstehen wollten, streifte er aus Versehen meinen Gehstock und stieß ein lautes Keuchen aus. »Jetzt kann ich sie wirklich sehen«, sagte er und setzte sich, den Gehstock auf dem Schoß. »Mannomann«, rief er aus, was ich ziemlich schwach fand.
    Eine Ewigkeit später, nachdem er die Feen sehr lange beobachtet hatte, sagte ich, dass es Zeit wäre zu gehen, und griff nach meinem Gehstock. Ohne ihn konnte er sie wieder nur noch halb sehen. »Wenn ich nur wüsste, was sie sind«, sagte er, als wir in den Ort zurückstapften. »Kann ich den Stock haben? Ich meine, hast du noch so einen?«
    »Ja, habe ich, aber er ist aus Metall und furchtbar hässlich, und dieser hier gibt mir Kraft. Die Feen haben ihn mir geschenkt.«
    »Vielleicht haben sie ihn dir gegeben, damit ich sie sehen kann«, überlegte er laut. »All die Farben und Formen!« Er klang wie betrunken. Dabei waren das doch nur Feen, und sie hatten überhaupt nichts Interessantes getan.
    »Vielleicht«, sagte ich. »Aber jetzt brauche ich ihn jedenfalls.«
    Er nahm meine Hand, während wir weiter unter den Bäumen entlangspazierten. »Das mit dem Tanzen tut mir leid«, sagte er. »Ich meine nicht Shirley, das hab ich absichtlich getan. Ich meine, dass ich tanzen war. Daran habe ich nicht gedacht, und ich möchte nicht, dass du dich schlecht fühlst, weil du etwas nicht tun kannst.«
    »Schon in Ordnung«, sagte ich, obwohl es das nicht war. Mein Bein ist in etwa wieder in dem Zustand wie früher, bevor der Streckverband alles kaputt gemacht hat. Ich habe gute Tage und schlechte Tage. Im Krankenhaus haben sie gesagt, dass es so bleiben wird. Die Akupunktur hilft vielleicht, und vielleicht kann ich auch lernen, das selbst zu machen, und das wäre gut, aber tanzen werde ich so bald nicht.
    Ich musste auf den Bus, also gingen wir weiter durch den Ort. »Na schön – Dienstagabend, Donnerstagnachmittag und nächsten Samstag? Wenn mehr nicht drin ist, dann nehme ich eben das«, sagte er.
    »Nächstes Wochenende beginnen die Ferien. Die ganze nächste Woche ist frei. Samstag klappt also nicht.«
    »Fährst du weg?«
    »Ich werde eine Nacht bei Daniel in Old Hall bleiben und dann für ein paar Tage nach Aberdare fahren, um Tantchen Teg und meinen Großvater zu besuchen.«
    »Und um deine Mutter umzubringen?«, fragte er. »Nein, ich weiß, aber ich könnte das. Das würde nicht gegen irgendwelche althergebrachten Gebote verstoßen.«
    »Nach den Geboten, die ich kenne, wäre es mir nicht einmal erlaubt, mit jemandem, der meine Mutter getötet hat, eine Mahlzeit einzunehmen, ganz egal, was ich von ihr halte«, erwiderte ich, obwohl ich das hauptsächlich von Mary Renault hatte und nicht aus einer echten Überlieferung. Schon seltsam, dass niemand mehr die alten Gebote lehrt. »Außerdem ist

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