In einer Familie
sich,
sobald er die Miene annahm, dieselben für sich aus-
zunutzen, plötzlich zurückzuziehen. Sie fand in
diesem noch halb kindlichen Spiele, außer der Ge-
nugtuung, den Gegner – denn so hatte sie ihn von
Anfang an im stillen genannt – stets aufs neue nach
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ihrem Wunsche hoffnungsvoll und ernüchtert zu se-
hen, das aufregende Vergnügen, welches ihr die
zusammenschauernde Furcht vor einer Gefahr ge-
währte, zu der es sie dennoch fortwährend hinzog.
Der junge Engländer mochte seinerseits für eine der-
artige Verkehrsart, für welche bezeichnenderweise
seine Sprache das Wort flirt gefunden hat, nicht
mehr hinreichend empfindlich sein. Es war sicher,
daß dem eindringlicher werdenden Sensationsbe-
dürfnisse Doras seine Huldigungen am Ende nicht
mehr genügten. Halb unbewußt verlangte sie da-
nach, seine Begierde einmal deutlich und ohne Zu-
rückhaltung hervortreten zu sehen, sei es auch nur,
um sie mit desto mehr kühler und spöttischer Über-
legenheit abweisen zu können. Und dieses Verlangen
wurde schließlich unwiderstehlich genug, um sie zu
jener Szene zu verleiten, welche ihr in der späteren
Erinnerung als die eigentliche Ursache ihres freud-
losen und ungenützten Daseins erschien. Wie häufig
vergessen wir in dieser Weise die natürliche Folge
unseres Geschickes, um ein einzelnes Begebnis, das
uns vielleicht einen besonders starken Eindruck hin-
terlassen, als die für sich und ohne Zusammenhang
bestehende Veranlassung alles Folgenden zu be-
trachten.
Jene Szene spielte eines Abends auf der Terrasse
des Hauses, wo Dora in ihrer Hängematte ruhte,
welche von dem Verehrer des jungen Mädchens in
Bewegung gehalten wurde, während er mit der an-
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dern Hand den unentbehrlichen Fächer führte. Es
lag noch viel von der außergewöhnlichen Hitze des
Tages in der Luft. Der junge Mann befand sich in
einer träumerischen und empfänglichen Stimmung,
wie er auf das reizende Mädchen herniederblickte,
deren abgerissenes Lachen zeitweilig das einzige
vernehmbare Geräusch war in der müden Stille
ringsumher. Über ihnen hing eine grotesk bunte
Leinenmarquise. Außerhalb dieses Daches sah der
wolkenlose Himmel hervor, den die hereinbre-
chende Dämmerung stahlblau färbte. Zu ihren Fü-
ßen breitete sich der Garten aus mit seinen ungeheu-
ren tropischen Gewächsen und der Farbenpracht
seiner Blumen. Dies alles und nicht weniger das
schöne Mädchen in seiner Gesellschaft erschienen
dem jungen Manne unter den Bedingungen einer
zeitweiligen Stimmung ungewohnter und märchen-
hafter als sonst, und zugleich verlockender und be-
gehrenswerter als je zuvor. Als Dora seine unver-
mutete heftigere Annäherung wahrnahm, konnte
sie, wie in einem Rausche des Übermutes und der
Neugierde befangen, nicht anders, als ihn durch
gesteigerte Herausforderungen ermutigen. Sie hielt
damit erst, gewaltsam erschreckt, inne, sobald sie
seine körperliche Berührung spürte. Während seine
Hände von der Hängematte herab um ihre Schulter
und dann um ihren Leib glitten, während seine Be-
wegungen heftiger und unverhüllt begehrlicher wur-
den, war ihr Lachen lauter und krampfhafter gewor-
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den, um schließlich in ein gewaltiges Schreien über-
zugehen, in dem so viel tiefstes Grauen und zugleich
eine solche grausame Härte lag, daß der junge Mann
augenblicklich zurückschrak. Sofort sprang sie auf
und war mit wenigen Sätzen in ihrem Zimmer, wo
sie sich einschloß, unter unaufhörlichem Geschrei,
welches nun das der Wut geworden war, der macht-
losen und in ihrem Bewußtsein kaum begründeten-
Wut gegen den Gegner. Am gleichen Abend, mit
Hast und ohne Überlegung, als ob sie dem Instinkt
der Selbsterhaltung folgte, berichtete sie ihrem Vater
über das Vorkommnis. Sie wußte durch ihre sicht-
liche Aufregung, sowie durch eine zu seinen Un-
gunsten gehaltene Schilderung des Vorganges die
alsbaldige Entfernung des jungen Mannes herbeizu-
führen. So konnte sie in der nächsten Zeit, welche ihr
nach der nervösen Gereiztheit der vergangenen Wo-
chen Ruhe und Erschlaffung der Sinne brachte, jene
Episode beendet und unschädlich gemacht glauben,
um erst langsam der Wirkungen, welche sie in ihrem
ferneren Innenleben gezeitigt, gewahr zu werden.
Stärker als das Vergnügen, das ihr in dem Um-
gange mit dem jungen Engländer das Spielen mit der
wohl gekannten Gefahr bereitet hatte, war jetzt in
ihr die einfache Furcht vor der letzteren. Nach
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