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In einer heißen Sommernacht

In einer heißen Sommernacht

Titel: In einer heißen Sommernacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Brown
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das Massengrab. Die Traktoren waren schon sehr nah.
    Ella beobachtete hilflos, wie Mr Rainwater sich unbeholfen einen Weg zu dem brüllenden Kalb bahnte, dessen Hinterbeine unter einem Kadaver festklemmten, wahrscheinlich war das seine Mutter. Das Jungtier hatte eine blutige Wunde auf dem Rücken, die die Fliegen anlockte, aber offensichtlich nicht tödlich war.
    Einer der Traktorfahrer rief: » Hey! Was machen Sie da? Kommen Sie sofort da raus!«
    Mr Rainwater ignorierte ihn und watete weiter durch die Kadaver, um zu dem verletzten Kalb vorzudringen.
    » Verdammter Narr!«, brüllte der andere Traktorfahrer.
    » Ich warne Sie, Mister!«, brüllte der Erste.
    Entweder hörte Mr Rainwater sie nicht, oder er schenkte ihren Drohungen absichtlich keine Beachtung. Das Kalb schrie weiter. Mr Rainwater nahm einen Stein in der Größe einer Wassermelone auf und schleppte ihn mit sichtbarer Mühe zu dem Kalb hinüber. Dort hob er den Stein über seinen Kopf und ließ ihn auf das Tier herunterkrachen, um ihm den Schädel zu zerschmettern. Es war sofort tot, und die qualvollen Schreie verstummten.
    Ella schlug die Hand vor den Mund und schlang den Arm um ihre Taille.
    Mr Rainwater beugte den Oberkörper vor und stützte sich auf den Knien ab. So verharrte er ein paar Sekunden, bis einer der Traktorfahrer anfing zu fluchen und drohte, ihm Lauge ins Gesicht zu kippen.
    Erst da richtete Mr Rainwater sich auf und begann, sich durch die weiche Erde nach oben zu kämpfen.
    Ella drehte sich – erschüttert von dem, was sie beobachtet hatte – zum Wagen um. Sie sog keuchend die heiße Luft in ihre Lungen, als sie zu ihrer Bestürzung Solly neben dem Fahrzeug stehen sah, den Blick hatte er auf die Kadaver in der Grube und auf den Mann geheftet, der herauskletterte.

9
    Es fielen nur wenige Worte auf der Fahrt zurück in die Stadt. Ella wusste nicht, wo Mr Rainwater mit seinen Gedanken war, aber ihre waren bei Solly. Sie machte sich Sorgen darüber, wie viel er gesehen hatte, wie viel er verstanden hatte und welche Auswirkungen ein solch grässlicher Anblick auf ihn haben könnte. Nachdem sie ihn in den Wagen zurück gescheucht hatte, begann er wieder, seine Schuhspitzen gegeneinander zu schlagen. Er schien ungerührt, obwohl man nicht mit Sicherheit sagen konnte, wie sich der Zwischenfall auf ihn auswirkte.
    Was Ella betraf, so hatte die Szenerie tiefe Eindrücke bei ihr hinterlassen: die Grube mit den knochigen Kadavern, Lola und Ollie in ihrer Verzweiflung, das elende Brüllen des Kalbs und die plötzliche Stille, nachdem Mr Rainwater es getötet hatte. Sie befürchtete, dass es lange dauern würde, bis diese schrecklichen Bilder in ihrer Erinnerung verblassten.
    Sie verfolgten sie gnadenlos, als sie nachmittags ihre Arbeiten verrichtete. Die Hitze war mörderisch und anstrengend, sodass die einfachsten Routineaufgaben plötzlich unüberwindlich schienen. Die Dunne-Schwestern kamen zu ihr und beschwerten sich über Margarets anmaßende Art. Ella versprach, mit ihrer Magd zu reden. Als sie sie darauf ansprach, zuckte Margaret erschrocken zusammen und verspritzte heißes Fett aus der großen gusseisernen Pfanne, in der sie Lachskroketten briet. Das Fett kam mit der Gasflamme in Berührung, woraufhin sich ein kleines Feuer auf dem Herd entzündete und die Küche mit fischigem Qualm erfüllte.
    Am späten Nachmittag waren Ellas Durchhaltevermögen und Geduld aufgebraucht. Sie wollte nur noch das Abendessen hinter sich bringen und die Küche aufräumen, um sich dann mit Solly in ihre Räumlichkeiten zurückzuziehen, wo sie hoffte, etwas Ruhe und Frieden zu finden.
    Mit diesem Gedanken im Hinterkopf deckte Ella den Abendtisch, während Margaret in der Küche Kohl für den Krautsalat hobelte und einen Maisbrotteig vorbereitete. Als Ella in die Küche zurückkehrte, entdeckte sie Mr Rainwater, der bei Solly am Tisch saß, während dieser Zahnstocher auf dem geblümten Wachstuch in Reihen auslegte.
    Mr Rainwater lächelte sie an. » Er macht echte Fortschritte. Er legt immer genau zehn Zahnstocher zusammen. Das hat er einmal bei mir beobachtet. Und jedes Mal, wenn er in die Schachtel greift, holt er genau zehn heraus.«
    Ella nahm einen Krug Eistee aus dem Eisschrank und stellte ihn auf ein Tablett. » Das ist kein Fortschritt, Mr Rainwater. Das ist ein wertloser Trick.«
    Margaret hörte auf, den Teig zu schlagen, und warf einen missbilligenden Blick über ihre Schulter zu Ella, die so tat, als würde sie es nicht bemerken.
    Mehrere

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