In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)
zweifelnd an, aber er schaute hinaus auf den Teich, lauschte und dachte nach. Sie ging die paar Schritte bis zum Wasser, wo die kahlen, spindeldürren Zweige einer Weide über das Wasser hingen und sich Nadeln aus gefrorenem Schilf durch das Eis bohrten. Die senkrechten Balken, alles, was von einem alten Bootshaus übrig geblieben war, ragten wie vorwurfsvolle Zeigefinger in die Höhe. Dies war das Land der Eiskönigin, dachte sie und zitterte, allerdings nicht der Kälte wegen. Sie ging ein Stück am Rand des Teichs entlang und ließ den Kegel ihrer Taschenlampe über die frostige Oberfläche des Wassers gleiten. Es glitzerte wie Millionen Diamanten.
»Das sollten Sie sich mal anschauen, John«, rief sie leise. »Es sieht so schön aus.«
Batten bemühte sich, seine Gedanken im Zaum zu halten und alles gründlich durchzugehen. Jetzt musste er wie ein Detective denken. Harry Castiglia stand Gillespie am nächsten. Hatte er Details über die DNA mitbekommen, die man bei Donna Campbell gefunden hatte? Ganz bestimmt hatte er die Berichte über die Wohnungsschlüssel aus der Clarence Avenue gekannt. Außerdem war es Harry gewesen, der Quinn darauf hingewiesen hatte, dass Gillespie die Fotos für die Architekturzeitschrift gemacht hatte. Battens Blick wanderte über die Wand und blieb an dem wunderschönen Bild von Emily hängen. In der intensiven Klarheit von Schwarz und Weiß sah er die Grautöne in den Iriden ihrer Augen … Wie außergewöhnlich und erstaunlich, dass eine einzige Auslösung des Verschlusses ein Bild mit solch wunderbaren Einzelheiten festhalten konnte.
Mit einem Klick. Kurz wie ein Blitz.
Ein Blitz …
Verdammt!
Die Opfer hatten »Druck« auf ihren Augen beschrieben … War die Augenbinde deshalb so stramm zugeknotet worden, damit sie den Blitz nicht sehen konnten? Allerdings hatte kein Opfer das eindeutige Geräusch beschrieben, wie der Film weitertransportiert wurde. Dadurch wäre der Klick eindeutig zu identifizieren gewesen. Also – ein einziges Foto, ein Blitz. Eine Chance. Eine Chance, das Gesicht einer Frau festzuhalten, die glaubt, sie müsse sterben. Die größte Angst eines Lebens in einem einzigen Moment destilliert.
Wenn er recht hatte, dann handelte es sich bei der brutalen Verletzung des Mundes nicht um eine Ersatzvergewaltigung. Aber zum Teufel, worum dann?
Batten griff nach dem Telefon und suchte Andersons Nummer heraus. Seine Gedanken rasten.
Costello ließ ihr Licht über die mit Raureif überzogenen Kiefern wandern und hatte eine kindliche Freude daran, wie der Frost glitzerte und funkelte. Aber sie konnten nicht noch mehr Zeit verschwenden. »Sind Sie fertig, John?«
Littlewood antwortete nicht.
Ihr Funkgerät piepte und knisterte, ehe es verstummte. Sie hörte Littlewoods Funkgerät gleichzeitig knistern. Einen Moment lang stand sie da und suchte mit der Taschenlampe den Rand des Teichs ab, so weit sie sehen konnte, und beleuchtete Pappeln, Fichten und Laubbäume. Tony Abbott leistete gute Arbeit und hatte ein Händchen dafür, das Alte mit dem Neuen zu kombinieren. Der Pfad rechts wurde seltener benutzt und war stärker überwuchert. Hätte Bobby den genommen? Bobby und Marita würden sich irgendwo in der Nähe treffen. Aber wo? Alle Fahrzeuge wurden bewacht, und die Temperatur sank auf minus zehn Grad.
Der Nebel wurde immer noch dichter. Er schien aus dem Wasser aufzusteigen, als würde er an ihrem Körper hochklettern und sie in sich hineinziehen. Sie klemmte sich die Taschenlampe zwischen die Knie und zog den Kragen ihres Pullovers hoch, ihre Mütze nach unten und den Kragen der Jacke ebenfalls hoch. Anschließend nahm sie die Taschenlampe wieder in die Hand und suchte nach Spuren, dass hier vor kurzem jemand entlanggegangen war.
Sie entdeckte nichts. Sie brauchten die Suchhunde.
Laut rief sie: »Sind Sie mit der Zigarette fertig? Wenn die Kälte Sie nicht schafft, dann der Lungenkrebs.«
Keine Antwort.
»Ach, verdammte Scheiße!«, fluchte sie.
»Bitte um Verzeihung«, fragte jemand freundlich aus dem Nebel, »solche Ausdrücke von einer Lady?«
»Oh Harry. Mann, haben Sie mich erschreckt! Ich wusste nicht, dass noch jemand hier ist.«
Er legte seine behandschuhte Hand auf ihre. »Was machen Sie?«
»Ich suche jemanden, und ich brauche einen Partner. Ich darf nicht allein arbeiten.«
»Dann begleite ich Sie.«
»Nein, ich brauche einen richtigen Partner. Deshalb ist John hier.«
»Ach so, der. Er raucht gerade seine Zigarette.« Harry schlug die Hände
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