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In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)

In einer kalten Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer kalten Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caro Ramsay
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unbehaglich unter ihm nachgab. Er war jetzt näher bei den beiden und hörte, wie Browne auf Costello einredete. Durchhalten, einfach durchhalten. Und er hörte die Panik aus ihrer Stimme heraus – Oh mein Gott, sie blutet so schrecklich, man sieht ihr Gesicht gar nicht. Ihr Gesicht ist weg.
    »Legen Sie ihr den linken Arm um den Hals, Gillian«, keuchte er. »Strecken Sie mir die rechte Hand entgegen. Ich bin gleich hinter ihnen, Gillian.«
    Browne versuchte es, doch sie verfehlte seine Finger um Zentimeter. Kurz gingen Costello und sie unter, aber nachdem ein paar Luftblasen aufgestiegen waren, kamen sie wieder hoch.
    »Greifen Sie nach hinten, dumme Kuh! Ich bin direkt hier, kommen Sie, Gillian!«
    Wieder knackte es alarmierend, und erneut sanken sie. Gillian kam sofort wieder hoch und rang nach Luft. Costellos Kopf blieb vollständig unter Wasser. Wenn das nächste Stück Eis bräche, würden sie vielleicht ganz unter Wasser bleiben. Und wenn sie unter das Eis gerieten, würden sie es niemals schaffen, nicht bei dieser Kälte.
    Anderson schob sich Zoll für Zoll über das Eis voran und bearbeitete Browne, es noch einmal zu versuchen. Schnaufend und vor Anstrengung fast weinend, reckte sie ihm ihre Hand entgegen. Gerade als sich ihre Finger berührten, gab es ein heftiges Knirschen. Er packte sie, ließ wieder los, schob sie vor und erwischte ihren Ärmel. Aber Browne tauchte unter.
    Anderson spürte, wie ihm das eisige Wasser ins Gesicht schlug, und versuchte sie festzuhalten, doch seine Augen starrten ins tiefe Wasser. Gerade als er unterging, sah er ein Licht und hörte eine Stimme. Jemand rief seinen Namen.
    Er hoffte nur, dass es nicht Gott war.

16
    Samstag, 13. Februar 2010, 14:00 Uhr
    »Warum zum Teufel hat eigentlich nie jemand gefragt, wo Harry Castiglia wohnt?«, wollte Quinn wissen.
    »Er hat es nicht erwähnt, und wir haben uns nicht danach erkundigt. Er war einfach jemand, mit dem wir gearbeitet haben«, sagte Batten. »Ich weiß nicht einmal, wo Sie wohnen.«
    »Aber gleich neben der Wohnung, in der Stephen Whyte aufgehängt wurde? Ist das denn nicht bei der Befragung der Nachbarn aufgefallen?«
    »Die Wohnung war als vermietet aufgelistet. Die Beamten haben zweimal geklingelt, es machte allerdings niemand auf.«
    »Ich denke, sie waren zu sehr an der Wohnung auf der anderen Seite interessiert, die mit der angrenzenden Wand, in der man vielleicht etwas gehört haben konnte.«
    Lambie öffnete die Wohnzimmertür, und alle drei traten ein. Quinn ging zum Fenster und schaute hinaus. »Vier Treppen hoch. Und oben am Hügel.«
    »Genau dort, wo sich ein Narzisst wohl fühlt. Herr über alle, die er überwacht. Ich wette, er hat hier in seiner eigenen Welt gelebt – Kopfhörer auf, Licht aus. Und hat beobachtet, was unten vor sich geht. Gruselig.«
    »Noch gruseliger ist es, dass er so ein aufrichtiger Typ zu sein schien, richtig sympathisch«, meinte Quinn.
    »Das Markenzeichen des Narzissten«, erinnerte Batten sie, und ihm wurde flau im Magen. Diesmal hatte er echten Mist gebaut. Der »andere Mann« war ihm vor der Nase herumgelaufen, und man konnte ihm einen weiteren Toten zum Vorwurf machen. Er schaffte diese Arbeit einfach nicht mehr.
    »Na, wenn die einzigen Menschen, denen wir wirklich vertrauen können, erscheinen, als seien sie durch und durch Psychopathen, dann gehe ich freudig in den Ruhestand. Ich kann es gar nicht mehr erwarten.« Quinn seufzte.
    Batten öffnete eine weitere Tür. »Das sollten Sie sich mal ansehen«, rief er.
    »Das sagt niemand, wenn es gute Neuigkeiten sind«, erwiderte Quinn und riss sich vom Fenster los.
    Castiglias Bettgestell war aus Schmiedeeisen gebaut und stand mitten im Zimmer. Bettdecke und Kissen waren rein und weiß wie Schnee. Es sah aus, als habe er nie darin geschlafen. Es gab kein weiteres Möbelstück im Zimmer – keinen Schrank, keine Kleidungsstücke, keine Schuhe, keinen Nachttisch, keine Bücher.
    Die Wände waren dunkelbraun gestrichen, der Teppich war braun, und die Gardinen vor dem kleinen Fenster passten ebenfalls dazu. Es war eine düstere Dunkelkammer, und der einzige helle Punkt war das riesige weiße Bett.
    An der Wand gegenüber dem Bett hingen vier riesige Leinwände, jeweils einen Meter im Quadrat. Auf jeder befand sich die Vergrößerung eines Schwarzweißfotos. Quinn erkannte Castiglias eigenes Promotionfoto. Mit seinem schwarzen Rollkragenpulli und dem schüchternen Lächeln für die Kamera sah er aus wie ein französischer Filmstar.

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