In einer kleinen Stad
pochte auf die Dielen, was vermutlich Zustimmung bedeuten sollte. Hugh schloß die Tür und hockte sich neben dem Hund nieder. Mit einer Hand kraulte er die rechte Brustseite des Hundes an der magischen Stelle, die irgendwie mit der rechten Hinterpfote in Verbindung steht und bewirkt, daß sie sich in die Luft erhebt und rapide zuckt. Mit der anderen zog er ein Schweizer Armeemesser aus der Tasche.
»Bist du nicht ein braves Hündchen?« murmelte Hugh. »Ein ganz braves?«
Er hörte mit dem Kraulen auf und zog einen Fetzen Papier aus der Tasche seiner Joppe. Darauf stand in seiner ungelenken Schuljungen-Handschrift die Botschaft, die der Fuchsschwanz ihm mitgeteilt hatte – Hugh hatte sich an den Küchentisch gesetzt und sie niedergeschrieben, noch bevor er sich angezogen hatte, um nur kein einziges Wort zu vergessen.
Er zog den in einem der Schlitze des dicken Messers verborgenen Korkenzieher heraus und spießte den Zettel darauf. Dann drehte er das Messergehäuse seitwärts und schloß die Faust so darum, daß der Korkenzieher zwischen dem Zeigeund dem Mittelfinger seiner kraftvollen rechten Hand herausragte. Danach fuhr er fort, Raider zu kraulen, der die ganze Zeit über auf dem Rücken gelegen und Hugh vergnügt beäugt hatte. Ein nettes Hündchen, dachte Hugh.
»Ja! Bist du nicht das beste Hündchen auf der Welt? Das allerbeste?« fragte Hugh kraulend. Jetzt zuckten beide Hinterbeine. Raider sah aus wie ein Hund, der sich auf einem unsichtbaren Fahrrad abstrampelt. »Ja, das bist du! Ja, das bist du! Und weißt du, was ich habe? Ich habe einen Fuchsschwanz! Ja, den habe ich!«
Hugh setzte den Korkenzieher mit dem darauf aufgespießten Zettel über den weißen Latz auf Raiders Brust.
»Und weißt du noch etwas? Ich werde ihn behalten!«
Er stieß mit der rechten Hand zu. Die linke, mit der er Raider gekrault hatte, drückte den Hund nieder, während er den Korkenzieher dreimal umdrehte. Warmes Blut schoß empor, bespritzte seine Hände. Der Hund zuckte kurz auf dem Boden, dann lag er still. Er würde nie mehr sein harmloses Bellen von sich geben.
Hugh erhob sich. Sein Herz klopfte heftig. Plötzlich hatte er ein sehr ungutes Gefühl – ihm war fast übel. Vielleicht war sie verrückt, vielleicht auch nicht, aber sie stand in der Welt ganz allein da, und er hatte getötet, was vermutlich ihr einziger Freund gewesen war.
Er wischte seine blutigen Hände an seiner Joppe ab. Der Fleck war auf dem dunklen Wollstoff kaum zu sehen. Er konnte seine Augen nicht von dem Hund abwenden. Das hatte er getan. Ja, er hatte es getan, und er wußte es, aber er konnte es kaum glauben. Es war, als hätte er sich in Trance befunden oder etwas ähnlichem.
Die innere Stimme, die manchmal mit ihm über die Treffen der Anonymen Alkoholiker sprach, meldete sich plötzlich zu Wort: Ja – und ich glaube, mit der Zeit schaffst du es sogar, das zu glauben. Aber du warst in keiner Scheißtrance; du hast genau gewußt, was du tatest.
Und warum.
Panik begann durch ihn hindurchzurasen. Er mußte von hier verschwinden. Er wich langsam zurück und stieß einen heiseren Schrei aus, als er gegen die geschlossene Haustür stieß. Er tastete hinter sich nach dem Knauf, ohne an die Fingerabdrücke zu denken, die er dabei hinterließ, und fand ihn endlich. Er drehte den Knauf, öffnete die Tür und glitt aus dem Haus der verrückten Nettie heraus. Er schaute sich hektisch um, rechnete fast damit, daß sich die halbe Stadt vor dem Haus versammelt hatte und ihn mit ernsten, anklagenden Augen musterte. Er sah niemanden – außer einem Jungen, der auf einem Fahrrad die Straße heraufkam. Im Gepäckkorb des Fahrrads stand im schrägen Winkel eine Playmate-Kühltasche. Der Junge würdigte Hugh Priest keines Blickes, als er vorbeiradelte, und als er verschwunden war, waren nur noch die Kirchenglocken da – diesmal riefen sie die Methodisten.
Hugh eilte durch den Vorgarten. Er sagte sich, daß er nicht rennen durfte, dennoch verfiel er, bis er seinen Laster erreicht hatte, in einen schnellen Trab. Er schaffte es, die Tür zu öffnen, setzte sich hinter das Lenkrad und stach mit dem Zündschlüssel auf das Schloß ein. Das tat er drei- oder viermal, und der verdammte Schlüssel traf immer daneben. Er mußte die rechte Hand mit der linken abstützen, bevor er ihn endlich da hatte, wo er hingehörte. Seine Stirn war übersät mit kleinen Schweißtropfen. Er hatte schon oft einen Kater gehabt, aber so hatte er sich noch nie gefühlt – es
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