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In einer kleinen Stad

In einer kleinen Stad

Titel: In einer kleinen Stad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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war, als steckte ihm ein Malariaanfall oder etwas Ähnliches in den Knochen.
    Der Laster startete mit einem Aufdröhnen und dem Ausstoß von blauem Qualm. Hughs Fuß glitt von der Kupplung. Der Laster tat zwei große, ruckende Sätze vom Bordstein fort, dann stand er wieder. Stoßweise durch den Mund atmend brachte Hugh ihn abermals in Gang und fuhr davon.
    Als er den Fuhrpark (der immer noch so menschenleer war wie ein Mondgebirge) erreicht und den städtischen Laster gegen seinen alten, verbeulten Buick umgetauscht hatte, hatte er Raider und die entsetzliche Tat, die er mit dem Korkenzieher begangen hatte, völlig vergessen. Jetzt mußte er an etwas anderes denken, etwas wesentlich Wichtigeres. Während der Rückfahrt zum Fuhrpark hatte eine fieberhafte Gewißheit von ihm Besitz ergriffen: während er fort war, war jemand in seinem Haus gewesen, und dieser Jemand hatte seinen Fuchsschwanz gestohlen.
    Hugh fuhr mit fast hundert nach Hause, kam in einem Kieshaufen und einer Staubwolke zehn Zentimeter vor seiner klapprigen Vortreppe zum Stehen und rannte, zwei Stufen auf einmal nehmend, hinauf. Er stürmte ins Haus, lief zum Schrank und riß die Tür auf. Er stellte sich auf die Zehenspitzen und tastete mit zitternden Händen auf dem oberen Bord herum.
    Anfangs fühlte er nichts als nacktes Holz, und er stöhnte vor Wut und Angst. Dann versank seine linke Hand tief in dem rauhen Plüsch, der weder Seide noch Wolle war, und ein großartiges Gefühl der Erleichterung und des Friedens überkam ihn. Es war wie Nahrung für den Verhungernden, Ruhe für den Erschöpften, Chinin für den Malariakranken. Der Trommelwirbel in seiner Brust wurde endlich schwächer. Er nahm den Fuchsschwanz aus seinem Versteck und setzte sich an den Küchentisch. Er legte ihn quer über seine fleischigen Oberschenkel und begann, ihn mit beiden Händen zu streicheln.
    So saß Hugh mehr als drei Stunden lang da.

7
     
    Der Junge, den Hugh gesehen, aber nicht erkannt hatte, der Junge auf dem Fahrrad war Brian Rusk. Auch Brian hatte in der letzten Nacht einen Traum gehabt und infolgedessen an diesem Morgen gleichfalls etwas zu erledigen.
    In seinem Traum sollte gerade das siebente Spiel der World Series anfangen – irgendeine World Series in der längst vergangenen Elvis-Ära, ein Kampf zwischen den alten, apokalyptischen Rivalen der Baseball-Offenbarung, Dodgers gegen Yankees. Sandy Koufax war auf dem Übungsplatz und wärmte sich auf. Zwischen den Würfen unterhielt er sich mit Brian Rusk, der neben ihm stand. Sandy Koufax sagte Brian ganz genau, was er tun sollte. Er sagte es ihm klar und deutlich und ließ keinen Punkt auf dem i und keinen Querstrich im t aus. Das war nicht das Problem.
    Das Problem war dies: Brian wollte es nicht tun.
    Es widerstrebte ihm, einer Baseball-Legende wie Sandy Koufax mit Einwänden zu kommen, aber er hatte es trotzdem versucht. »Das verstehen Sie nicht, Mr. Koufax«, sagte er. »Ich sollte Wilma Jerzyck einen Streich spielen, und das habe ich getan. Ich habe es schon getan.«
    »Na und?« sagte Sandy Koufax. »Worauf willst du hinaus, Sportsfreund?«
    »Nun, das war der Handel. Fünfundachtzig Cents und ein Streich.«
    »Bist du sicher, Sportsfreund? Ein Streich? Bist du sicher? Hat er so etwas gesagt wie >nicht mehr als einen Streich    Brian konnte sich nicht so recht erinnern, aber das Gefühl, aufs Kreuz gelegt worden zu sein, wurde in ihm immer stärker. Nein – nicht nur aufs Kreuz gelegt. Gefangen. Wie eine Maus mit einem Stückchen Käse.
    »Laß dir eines gesagt sein, Sportsfreund. Der Handel...«
    Er brach ab und gab ein kleines hmmff! von sich, während er einen harten Überhandwurf tat. Der Ball landete mit einem Gewehrknall im Handschuh des Fängers. Von dem Handschuh wirbelte Staub auf, und Brian begriff mit wachsender Bestürzung, daß er wußte, wem die blauen Augen hinter der Maske des Fängers gehörten. Diese Augen gehörten Mr. Gaunt.
    Sandy Koufax fing den vom Fänger zurückgeworfenen Ball, dann musterte er Brian mit flachen Augen, die aussahen wie braunes Glas. »Der Handel ist erst abgeschlossen, wenn ich sage, daß der Handel abgeschlossen ist, Sportsfreund.«
    Sandy Koufax’ Augen waren überhaupt nicht braun, hatte Brian in seinem Traum erkannt; sie waren gleichzeitig blau, was völlig logisch war, denn auch Sandy Koufax war Mr. Gaunt.
    »Aber...«
    Koufax/Gaunt hob seine behandschuhte Hand. »Eines laß dir gesagt sein, Sportsfreund. Ich hasse

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