In einer kleinen Stad
.
Außerdem stellte er fest, daß ihm jetzt mehr an der Sandy Koufax-Karte lag als je zuvor. Er hatte eine weitere wichtige Tatsache über Besitztümer herausgefunden und den eigentümlichen Geisteszustand, den sie mit sich bringen: je mehr man um ihres Besitzes willen durchzustehen hat, desto stärker hängt man daran.
Brian nahm zwei weitere Steine und ging zu dem zerbrochenen Aussichtsfenster. Er schaute hinein und sah den Stein, den er geworfen hatte. Er lag auf der Schwelle zwischen Wohnzimmer und Küche. Er wirkte dort völlig fehl am Platze – wie Gummistiefel auf dem Altar einer Kirche oder eine Rose auf dem Motorblock eines Traktors. Eines der Gummibänder, mit denen der Zettel befestigt war, war gerissen, aber das andere hielt. Brians Blick wanderte nach links und heftete sich auf den Sony-Fernseher der Jerzycks.
Brian hob den Arm und warf. Es war ein Volltreffer. Es gab einen hohlen Knall, einen Lichtblitz, und Glas prasselte auf den Teppich. »Zweiter Wurf!« murmelte Brian und gab ein leises, ersticktes Lachen von sich.
Mit einem weiteren Stein zielte er auf eine Kollektion von Keramikfiguren auf dem Tisch neben dem Sofa, verfehlte sie aber. Der Stein traf die Wand und riß einen Brocken Putz heraus.
Brian ergriff die Henkel der Kühltasche und zerrte sie zur Seitenfront des Hauses. Er zerbrach zwei Schlafzimmerfenster. Hinten schleuderte er einen Stein durch das Fenster in der oberen Hälfte der Küchentür und dann etliche weitere durch das Loch hindurch. Einer davon zertrümmerte die auf dem Tisch stehende Küchenmaschine. Ein weiterer zerschmetterte die Glasfront des Mikrowellenherdes. » Dritter Wurf! Gut gemacht, Sportsfreund!« rief Brian, und dann lachte er so sehr, daß er sich fast in die Hose gemacht hätte.
Als der Anfall vorüber war, beendete er seine Runde ums Haus. Die Kühltasche war jetzt leichter; er stellte fest, daß er sie mit einer Hand tragen konnte. Er benutzte seine letzten drei Steine, um die Kellerfenster zu zerschmettern, die zwischen Wilmas Herbstblumen zu sehen waren, dann riß er, um das Maß voll zu machen, noch ein paar Handvoll Blumen aus. Als das erledigt war, schloß er die Kühltasche, kehrte zu seinem Fahrrad zurück, verstaute die Tasche wieder im Gepäckkorb und stieg auf, um nach Hause zu fahren.
Die Mislaburskis bewohnten das Haus neben dem der Jerzycks. Als Brian vom Grundstück der Jerzycks herunterradelte, öffnete Mrs. Mislaburski ihre Vordertür und trat auf die Vortreppe heraus. Sie trug einen grellgrünen Morgenrock, und ihr Haar war mit einem roten Kopftuch hochgebunden. Sie sah aus wie eine Reklame für Weihnachten in der Hölle.
»Was geht da drüben vor, Junge?« fragte sie scharf.
»Das weiß ich auch nicht genau. Ich glaube, Mr. und Mrs. Jerzyck haben einen Streit«, sagte Brian, ohne anzuhalten. »Ich war nur vorbeigekommen, um zu fragen, ob sie jemanden brauchen, der im Winter für sie Schnee schippt, aber ich glaube, ich komme lieber ein andermal wieder.«
Mrs. Mislaburski warf einen kurzen, grimmigen Blick auf das Haus der Jerzycks. Über der Hecke war von dort aus, wo sie stand, nur das Obergeschoß sichtbar. »Wenn ich du wäre, würde ich überhaupt nicht wiederkommen«, sagte sie. »Diese Frau erinnert mich immer an einen dieser kleinen Fische, die es unten in Südamerika gibt. Die, die ganze Kühe fressen.«
»Piranhas«, sagte Brian.
»Ja. Die meine ich.«
Brian radelte weiter, fort von der Frau mit dem grünen Morgenrock und dem roten Kopftuch. Sein Herz klopfte vor sich hin, aber es hämmerte oder raste nicht oder etwas dergleichen. Ein Teil von ihm war überzeugt, daß er immer noch träumte. Er kam sich überhaupt nicht vor wie er selbst – nicht wie der Brian Rusk, der nur A- und B-Noten bekam, der Brian Rusk, der Mitglied des Schülerrates und der Good Citizens League der Middle School war, der Brian Rusk, der in Betragen nie etwas anderes als eine Eins bekam.
»Eines Tages wird sie noch jemanden umbringen«, rief Mrs. Mislaburski entrüstet hinter Brian her. »Da bin ich ganz sicher!«
Fast lautlos flüsterte Brian: »Das würde mich gar nicht wundern.«
Er verbrachte tatsächlich den Rest des Tages im Bett. Unter normalen Umständen hätte das Cora beunruhigt, vielleicht sogar so sehr, daß sie mit ihm nach Norway zum Arzt gefahren wäre. Heute jedoch nahm sie kaum zur Kenntnis, daß ihr Sohn sich nicht wohl fühlte. Das lag an der wundervollen Sonnenbrille, die Mr. Gaunt ihr verkauft hatte – sie war völlig
Weitere Kostenlose Bücher