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In einer Person

In einer Person

Titel: In einer Person Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Irving
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obwohl
ich sie früher gehasst habe«, schloss sie, ein wenig schwankend, mit erhobenem
Glas. »Danke für die Einladung«, nuschelte sie noch einmal, während sie sich
wieder setzte.
    Vermutlich hatte Onkel Bob mehr Tischreden gehört als jeder andere
Anwesende – wenn man an all das viele Händeschütteln dachte, das er für sein
Alumni-Büro leistete, all die vielen schulterklopfenden Abendessen mit
betrunkenen Favorite-River-Ehemaligen –, aber selbst ihm verschlug es die
Sprache nach Helenas spontanem Trinkspruch auf mindestens zwei Vaginas.
    Larry musste sich sichtlich beherrschen. Anders als bei Tom Atkins,
der beim Wort Vagina oder auch nur beim Gedanken an
eine Vagina gewohnheitsmäßig überreagiert hatte, konnte man sich bei Larry auf
einen diesbezüglichen Kommentar verlassen. »Nicht«, bat ich ihn leise über den [604]  Tisch
hinweg, weil ich immer merkte, wenn Larry mit sich rang; dann riss er die Augen
weit auf, und seine Nasenflügel bebten.
    Doch diesmal hatten die Koreanerinnen nicht verstanden. »Eine was ?«, hatte Dong Hi gefragt.
    »Sie hasst und liebt jetzt was ?«, fragte
Su Min.
    Nun war Fumi mit Kichern an der Reihe – der einsam wirkende junge
Japaner, der das Pute-Pfau-Missverständnis überwunden hatte und offenbar
wusste, was eine Vagina war.
    »Ihr wisst schon, eine Vagina«, sagte Elaine leise zu den
Koreanerinnen, aber Su Min und Dong Hi hatten das Wort noch nie gehört – und
niemand am Tisch kannte die koreanische Übersetzung.
    »Du meine Güte – da, wo die Babys rauskommen«, versuchte Mrs. Hadley zu erklären, ehe sie plötzlich betroffen
dreinschaute (vielleicht, weil ihr Elaines Abtreibungen einfielen).
    »Dort, wo alles passiert – ihr wisst schon, da unten«, sagte Elaine
zu den Koreanerinnen, aber ohne etwas zu machen, während sie »da unten« sagte; ohne zu zeigen, zu gestikulieren oder auf eine
bestimmte Stelle zu deuten.
    »Dem muss ich entschieden widersprechen – nicht alles passiert dort, wenn ich bitten darf«, sagte Larry lächelnd; ich wusste, das war
erst der Anfang.
    »Oh, Verzeihung – ich bin beschwipst und hab ganz vergessen, dass
junge Leute am Tisch sind!«, stieß Helena hervor.
    »Keine Sorge, meine Liebe«, beruhigte Onkel Bob Gerrys neue
Freundin; mir war klar, dass Bob Helena mochte, [605]  die ganz anders war als die
lange Reihe ihrer Vorgängerinnen. »Diese jungen Leute kommen aus anderen
Ländern, anderen Kulturen; worüber wir in unserer Heimat reden, ist nicht unbedingt
Gesprächsthema in Korea «, versuchte Tennisarm-Bob zu
vermitteln.
    »Ach Quatsch!«, rief Gerry. »Versucht’s einfach mit ’nem anderen
Scheiß- Wort !« Und an Su Min und Dong Hi gewandt, die
das Wort Vagina immer noch nicht recht unterbringen
konnten: »Es ist eine Muschi, eine Möse, eine Scheide, ein Loch, eine Fut, eine
Pussy – es ist eine Fotze, Herrgott noch mal!«, rief
Gerry; bei dem Wort Fotze zuckten Elaine (und sogar Larry) zusammen.
    »Sie haben es verstanden, Gerry – bitte«, mahnte Onkel Bob.
    In der Tat waren die Koreanerinnen weiß geworden wie ein
unbeschriebenes Blatt Papier; der Japaner hielt sich erstaunlich gut, auch wenn
ihn sowohl »Loch« als auch »Fut« überrascht hatten.
    »Gibt es irgendwo ein Bild, Bill – wenn nicht im Lexikon?«, fragte
Larry schadenfroh.
    »Eh ich’s vergesse, Bill«, warf Richard Abbott ein – ich merkte, wie
taktvoll er versuchte, vom Vaginathema wegzukommen –, »was ist mit dem
Mossberg?«
    »Dem was ?«, fragte Fumi mit verängstigter
Stimme; zwar hatten ihn bereits die Vulgärausdrücke für Vagina verblüfft, aber
das Wort Mossberg hatte er wirklich noch nie gehört.
    »Was soll damit sein?«, fragte ich Richard zurück.
    »Sollen wir es mit den Möbeln versteigern, Bill? Du willst den alten
Karabiner doch nicht etwa behalten?«
    [606]  »O doch, Richard«, erwiderte ich. »Und die Munition auch – für
den Fall, dass ich je hier wohnen sollte, erscheint es mir sinnvoll, eine
Flinte griffbereit zu haben.«
    »Die River Street ist bebautes Gelände, Billy«, ermahnte mich Onkel
Bob. »Im Stadtgebiet darf nicht geschossen werden – nicht mal auf Schädlinge.«
    »Grandpa Harry hat die Flinte gemocht«, sagte ich.
    »Und die Kleider seiner Frau«, sagte Elaine. »Willst du ihre Kleider
auch behalten?«
    »Ich seh dich nicht so richtig als Rotwildjäger, Bill«, sagte
Richard Abbott. »Selbst wenn du dich dazu
durchringst, herzuziehen.« Aber ich wollte dieses Mossberg .30-30 – jeder
konnte es

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