In einer Person
ist schon wieder
mein Penis«, sagte er. »Immer und immer wieder – immerzu ist es mein Penis,
nicht?«
Elaine sang ihm ein Lied vor, und er starb, während sie noch sang.
»Was für ein schönes Lied«, sagte ich. »Wer hat es komponiert? Wie
heißt es?«
»Es ist von Felix Mendelssohn«, sagte Elaine. »Frag mich nicht, wie
es heißt. Falls du je vor mir stirbst, Billy, kriegst du es wieder zu hören.
Dann verrat ich dir auch, wie es heißt.«
[638] Ein paar Jahre hallten unsere Schritte noch durch das viel zu
vornehme Reihenhaus, das Larry uns vermacht hatte. Elaine hatte einen
langweiligen festen Freund, den ich nur deshalb nicht mochte, weil er mir nicht
charakterfest genug für sie war. Er hieß Raymond und ließ fast jeden Morgen
seinen Toast anbrennen, so dass der verdammte Rauchmelder ansprang.
Damals stand ich die meiste Zeit auf Elaines Abschussliste, weil ich
mit einer Transsexuellen zusammen war, die sie andauernd überreden wollte, sich
in sexy Klamotten zu werfen; Elaine wollte keinen »sexy Look«.
»Elwood hat größere Möpse als ich – genau wie alle«, sagte Elaine zu
mir. Sie nannte meine transsexuelle Freundin absichtlich Elwood oder Woody.
Selber nannte die sich El. Nicht mehr lange, und alle redeten nur noch von
Transgender, auch meine Freunde – und erst recht diese furchtbar korrekten
jungen Leute, die mich finster anstierten, weil ich weiter »transsexuell« zu
dem sagte, was jetzt gefälligst »transgender« zu heißen hatte.
Wie ich es liebe, wenn bestimmte Leute Schriftsteller über die
korrekte Wortwahl belehren wollen. Wenn ich genau diese Leute »zumindestens«,
»das Einzigste« und »am optimalsten« sagen höre, kommt mir die Galle hoch!
Aber egal: Die späten achtziger Jahre waren für Elaine und mich eine
Übergangsphase, auch wenn einige Leute offenbar nichts Besseres zu tun hatten,
als die Sprache politisch korrekt durchzugendern. Es waren anstrengende zwei
Jahre, und die Instandhaltungskosten für das Haus in der West Tenth Street –
ganz zu schweigen von den Steuern – waren horrend und belasteten unsere
Beziehung.
[639] Eines Abends kam Elaine mit der Geschichte, sie habe Charles,
Toms Pfleger, in einem Zimmer im St. Vincent’s gesehen. (Mein Kontakt zu
Charles war abgebrochen.) Elaine hatte (auf der Suche nach jemand anderem) um
einen Türrahmen gespäht und diesen geschrumpften ehemaligen Bodybuilder da
liegen sehen, dessen Tätowierungen ganz verschrumpelt und aufgelöst und auf der
schlaffen Haut seiner ehemals starken Arme kaum mehr zu entziffern waren.
»Charles?«, hatte Elaine von der Schwelle aus gefragt, doch der Mann
hatte sie angebrüllt wie ein Tier, so dass sich Elaine nicht ins Zimmer
hineingetraut hatte.
Ich hatte da so meine Vermutung, wen Elaine da gesehen hatte –
Charles jedenfalls nicht! –, ging aber selbst ins St. Vincent’s, um
nachzusehen. Es war im Winter 1988; dieses Endstation-Krankenhaus hatte ich nicht
mehr betreten, seit Delacorte gestorben war und Mrs. Delacorte sich sein Blut
gespritzt hatte. Dieses eine Mal ging ich noch hin – nur um mich davon zu
überzeugen, dass das brüllende Tier, das Elaine gesehen hatte, nicht Charles
war.
Natürlich war es dieser furchterregende Türsteher aus dem Mineshaft – der, den sie Mephistopheles nannten. Er brüllte auch mich an. Danach betrat
ich das St. Vincent’s nie wieder. (Hallo, Charles – wenn es dich noch gibt.
Wenn nicht, tut es mir leid.)
Im selben Winter erzählte mir El eines Abends, als ich mit ihr
ausging, noch eine andere Geschichte. »Ich hab gerade von diesem Mädel gehört –
du weißt schon, die wie ich war, nur etwas älter«, sagte El.
»M-hm«, machte ich.
[640] »Ich glaub, du hast sie gekannt – sie ist nach Toronto gezogen«,
sagte El.
»Ach, du meinst sicher Donna«, sagte ich.
»Genau die.«
»Was ist mit ihr?«
»Der geht’s nicht besonders – soweit ich gehört hab«, antwortete El.
»Ach so?«
»Ich hab nicht gesagt, dass sie krank ist«, sagte El. »Ich hab nur gehört, es geht ihr nicht besonders, was immer das
heißen mag. Die hat dir wohl richtig viel bedeutet, was? Das hab ich nämlich
auch gehört.«
Mit dieser »Information«, wenn man es so nennen wollte, konnte ich
nichts anfangen. Aber in derselben Nacht bekam ich den Anruf von Onkel Bob,
dass Herm Hoyt mit fünfundneunzig gestorben war. »Der Trainer ist nicht mehr,
Billy – jetzt bist du allein mit den Durchschlüpfern«, sagte Bob.
Bestimmt lenkte mich das davon ab,
Weitere Kostenlose Bücher