In einer Person
von mir verkörperten
Figur sei »wandelbar«, was mich bezüglich meiner (und Ariels) sexuellen
Orientierung zusätzlich verwirrte.
Doch als ich Richard fragte, ob er dabei an etwas in der Richtung
der » polymorph-perversen Phase« oder des
»Insekten-in-Bernstein«-Blödsinns dachte, worüber Dr. Grau bei der
Morgenversammlung immer (und immer weiter) gebrabbelt hatte, leugnete Richard
strikt, dass dazu eine Verbindung bestand.
»Keiner hört auf den alten Grau, Bill«, hatte Richard mir eröffnet.
»Hör du auch nicht auf ihn.«
Ein kluger Rat – aber auch wenn es möglich war, [163] Dr. Graus Worte
nicht zu beherzigen, so zwang man uns Jungs doch, sie zu hören .
Und wie ich da neben Elaine lag, meine Hand auf ihrer nackten Brust, und unsere
Zungen wieder so eng verschlungen, dass wir überlegten, was wohl das nächste
erotische Experiment sein mochte, an dem wir uns versuchen könnten, wurde mir
meine wachsende Erektion bewusst.
Obwohl wir Mund an Mund dalagen, brachte Elaine die Frage heraus:
»Kriegst du jetzt einen Steifen?« Ja, allerdings, und
an ihrer überlauten Betonung des Wortes jetzt bemerkte ich Elaines Ungeduld, doch ich war so durcheinander, dass ich nicht
wusste, was meine Erektion verursacht hatte.
Ja, die Zungenküsse waren erregend, und die Berührung einer
weiblichen Brust lässt mich (bis auf den heutigen Tag) nicht kalt; dennoch
glaube ich, dass meine Erektion begann, als ich mir vorstellte, wie ich Elaines
gefütterten BH anzog. Legte ich nicht in diesem
Augenblick die »infantilen sexuellen Neigungen« an den Tag, vor denen Dr. Grau
uns Jungs gewarnt hatte?
Doch während unsere Zungen herumzuckten, antwortete ich Elaine nur
mit einem gepresst klingenden »Ja!«.
Als Elaine sich diesmal von mir löste, biss sie mich in der Hektik
auf die Unterlippe. »Du hast wirklich einen Ständer«, stellte Elaine ernst
fest.
»Ja, tatsächlich«, gab ich zu. Ich fasste mich an die Unterlippe, um
mich zu vergewissern, dass ich nicht blutete. (Ich schaute mich überall nach
Elaines BH um.)
»O Gott – ich will ihn nicht sehen!«, rief Elaine. Auch für mich war
das sexuell irritierend. Ich hatte doch nicht [164] vorgeschlagen, ihr meinen
Steifen zu zeigen ! Ich wollte gar nicht, dass sie ihn
sah. Ja es wäre mir peinlich gewesen, wenn sie ihn sähe; ich dachte,
wahrscheinlich wäre er für sie eine Enttäuschung, oder er würde bewirken, dass
sie lachen (oder sich übergeben) musste.
»Vielleicht könnte ich ihn einfach nur anfassen «,
meinte Elaine nachdenklich. »Nicht deinen nackten Ständer!«, ergänzte sie
rasch. »Vielleicht könnte ich ihn nur fühlen – also, durch deine Klamotten.«
»Klar, warum nicht?«, sagte ich möglichst beiläufig, fragte mich
allerdings (noch Jahre später), ob je ein anderer Mensch seine erste sexuelle
Erfahrung so gründlich ausgehandelt hatte.
Die Jungs auf der Favorite River Academy durften keine Jeans tragen;
Nietenhosen, wie wir sie damals nannten, waren weder im Unterricht noch im
Speisesaal gestattet, wo wir in Jackett und Krawatte anzutreten hatten. Die
meisten Knaben trugen Khakihosen oder – in den Wintermonaten – lange Flanell-
oder Cordhosen. An jenem Samstagabend im Januar hatte ich eine ausgebeulte
Cordhose an. Es war eine bequeme Hose, wenn man darin einen Ständer bekam, doch
außerdem trug ich eine Jockey-Unterhose, die mir immer enger vorkam. Vielleicht
war das die einzige Herrenunterhose, die man 1960 in Vermont kaufen konnte –
weiße Baumwollunterhosen der Marke Jockey. (Keine Ahnung, vielleicht kaufte
damals noch meine Mom alle meine Klamotten.)
Beim Sport hatte ich Kittredges Unterhosen gesehen –
Baumwoll-Boxershorts von der Farbe eines blauen Herrenhemds. Vielleicht hatte
seine französische Mutter sie in [165] Paris oder New York gekauft. »Diese Frau muss seine Mutter sein«, hatte Elaine erklärt. »Wenn sie
keine Brüste hätte, könnte sie Kittredge sein – diese
Frau weiß, wo man solche Boxershorts kriegt.« Und Kittredges blaue Boxershorts
waren gebügelt; das geschah nicht aus Zuneigung zu
Kittredge, denn die Schulwäscherei bügelte alles – nicht nur lange Hosen und
Hemden, sondern sogar Unterwäsche und die blöden Socken. (Darüber wurde fast so
abfällig gesprochen wie über die Ratschläge von Dr. Harlow und Dr. Grau.)
Von diesen Hintergründen unberührt, wuchs meine erste durch Elaine
Hadley (oder ihren BH ) angeregte Erektion in
einer engen Jockey-Unterhose, die die Blutzufuhr abzuschnüren
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