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In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Sportsachen. Beim Kauf einer Uniform gab es ein Paar Schuhe gratis. Die Beweise für die Existenz ihres Ehemanns sah sie in den Armen der Nachbarn verschwinden, die nur zufällig vorbeigekommen waren. Sie spürte die Wintersonne, die ebenso ungewohnt und heiß brannte wie ihr Zorn.
    Und sie wartete darauf, daß Cam heimkam.

 D RITTER T EIL  
     
    Wenn du einem Menschen genügend vergibst,
    dann gehörst du ihm, und er gehört dir,
    ob es nun einem von beiden gefällt oder nicht –
    das ist das Besatzungsrecht des Herzens.
    James Hilton, Time and Time Again

 
     
    Ich glaube, du hast mir einmal ein Schreiben geschickt. Es war eine Ansichtskarte, in unidentifizierbaren Blockbuchstaben an mich adressiert, auf der kein einziges Wort stand. Sie kam etwa zwei Jahre danach.
    Vorne waren ein Schwein und eine Färse in lustigen Hüten und bunten Kostümen abgebildet. I CH BIN SCHWEIN RAUS , stand darüber. UND DIR GEHT'S KUTH ? Es war eine Karte, wie man sie in einer Million Jahren nicht auftreiben würde; genau deshalb nahm ich an, sie käme von dir: noch eine Schicht, unter der du dich versteckst.
    Abgestempelt war sie in Edinburgh.
    Sie trifft nicht zu, diese Redensart, daß Schreiben fast so gut sei wie dort zu sein. Tagelang starrte ich diese Postkarte an und berührte sie an all den Stellen, wo du sie in meiner Einbildung berührt hattest, während du die Adresse Schriebst, die Marke aufklebtest und so fort – aber kein einziges Mal hatte ich das Gefühl, dich wiedergefunden zu haben.

17
     
    Allie entsann sich, einst in einem Lied gehört zu haben, daß der erste Mensch, in den man sich verliebte, einem das Herz stahl. Der Mensch, an den man seine Unschuld verlor, stahl einem die Seele. Und wenn diese beiden sich in einer Person vereinten, war man verloren.
    Sie hing auf ihrem Hocker in einer Country & Western-Bar in Shelburne Falls und sah zu, wie andere Menschen, deren Leben nicht in Scherben lag, zu den fröhlichen Melodien einer Fiedel tanzten. Ungerührt hatte sie Cam vor den Kartons stehen lassen, aus denen sie seine Sachen verkauft hatte, einfach so vor dem Haus, und sich zu Fuß auf den Weg ins Ortszentrum gemacht. Von dort aus war sie getrampt, bis sie weit genug von Wheelock entfernt war, um wieder atmen zu können. Im Rodeo Joe war sie einzig und allein eingekehrt, weil diese erstbeste Bar am Ort eine Lizenz zum Alkoholausschank besaß und weil sie fest vorhatte, sich bis zur Besinnungslosigkeit zu besaufen.
    Nervös zupfte sie an der Serviette unter ihrem Glas – ein Tequila, ihr sechster. Rodeo Joes Motto versprach ihr ganz persönlich eine ›scheißgute Zeit‹. Allie verzog das Gesicht. Sie fragte sich, ob sie wohl den Überschuß zurückbekommen würde. Schließlich schaffte man es nie, sich zu betrinken, wenn man es am allernötigsten hatte.
    Ein Mann in einem roten Westernhemd schwenkte ein Bein über den Hocker neben ihrem wie über einen Pferderücken. Er nickte ihr zu und winkte dann dem Barkeeper. »Rexie, der nächste für die Dame geht auf mich.«
    Sie starrte ihn an. Wie lange war es her, seit sie auf einen Drink eingeladen worden war? »Das ist sehr nett«, sagte sie, »aber ich bin heute nicht in Stimmung.«
    »Nicht dein Tag, was?« fragte er. Seine Stimme klang nach Westen, und er sprach im Rodeo-Slang, als würde er mitten in Massachusetts auf einer Ranch leben. Allie beugte sich über ihr Glas und verkniff sich ein Lächeln. Das waren die Folgen von Country & Western – die Leute setzten sich unförmige Hüte auf und sagten Dinge, die sie normalerweise nie im Leben sagen würden. Wahrscheinlich arbeitete der Mann neben ihr in der State Street in Boston als Steuerberater.
    »Cowboy«, klärte sie ihn auf, »ich hätte heute gar nicht erst in den Sattel steigen sollen.«
    Er war nicht so groß wie Cam und auch weniger muskulös, doch in guter körperlicher Verfassung. Drahtig – so als würde er Squash spielen, statt in Gold's Fitneßstudio gehen. Die Züge seines Gesichts waren so scharf, daß sie fast in sich unstimmig wirkten; doch im Zusammenspiel verliehen sie ihm ein ehrliches, rauhes Aussehen. Seine Haare waren dunkler als Cams. Und er hatte kein Grübchen im Kinn.
    Angewidert schob Allie ihren Tequila von sich weg. Wann würde sie aufhören, alles an diesem Maßstab zu messen?
    »Ich heiße O'Malley«, stellte er sich vor.
    Allie sah auf. »Nur O'Malley?«
    Er nickte. »Jedenfalls ist das der einzige Name, auf den ich höre.«
    Sie lachte und fuhr mit der Fingerspitze

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