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In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition)

Titel: In einer regnerischen Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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Arbuth war der Köter der Nachbarn. Cam lächelte, weil ihm wieder einfiel, wie Allie den Hund mit einem Plastik-Baseballschläger verjagt hatte, als sie ihn mit ihren neuen Schuhen im Maul erwischte.
    Cam steckte sich ein Netz mit kurzem Griff in den Gürtel und drückte einen roten Filzhut auf seinen Kopf. Der Filz war mit Ködern und Blinkern bestückt sowie mit einigen getrockneten Fliegen. Er streckte die Arme zur Seite und vollführte eine langsame Pirouette. Allie pfiff leise. »Welch ein Traummann!«
    Sie stolperte die Treppe hinunter und schlang ihre Arme um Cams Taille. »Ist es nicht ein Glücksfall, daß Mia nach Wheelock gekommen ist?« fragte sie, und Cam versteifte sich in ihrer Umarmung. »Wenn sie nicht wäre, könnte ich mir nicht einfach so einen ganzen Tag frei nehmen.«
    »Ein echter Glücksfall«, echote Cam und befreite sich vorsichtig. Er langte nach der Angelrute, um Allie nicht ansehen zu müssen. Sobald er Mias Namen gehört hatte, wußte er, was geschehen würde – er würde sich zu seiner Frau umdrehen und anfangen, ihre roten Wangen und ihr spitzes Kinn mit Mias weichen Brauen und vollen Locken zu vergleichen. »Gehen wir«, sagte er knapp und marschierte los. Allie blieb allein zurück, rieb sich die Oberarme und fragte sich, was sie jetzt schon wieder falsch gemacht hatte.
    Mit zusammengebissenen Zähnen folgte sie Cam zur Haustür hinaus und sah ihn zu ihrer Überraschung in Richtung Garten gehen. »Komm mit«, sagte er und winkte sie zu sich. »Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.«
    »Das dachte ich eigentlich schon«, murmelte Allie. »Ich dachte, deswegen haben wir uns frei genommen.« Sie sah zu, wie Cam sich in der Mitte der leicht ansteigenden Wiese aufbaute und die Angelrute ausstreckte. Er zog die knallgelbe Leine ein Stück weit heraus und begann dann, wie ein menschliches Metronom, die linke Hand mit der Rute vor und zurück, vor und zurück zu schwingen, bis die Leine durch die Führungsrollen gesaust war und sich wie ein einfarbiger Regenbogen über ihm wölbte.
    »Weißt du«, meinte sie lächelnd, »ich bin vielleicht ein Neuling, aber fangen wir nicht eher Fische, wenn wir das am Wasser machen?«
    Cam warf sein Haar zurück. »Glaubst du, ich erlaube dir, mit der Angel meines Großvaters loszuziehen, ohne erst mal ein paar Trockenübungen?« Er ließ die Leitschnur auf dem Fingergras zur Ruhe kommen und sah Allie an. Sie hatte die Hände in die Hüften gestemmt, und der Pferdeschwanz wellte sich über ihren Schultern; ihre Füße waren nach außen gestellt, als setze sie zu einem Plié an.
    Als er Allie das letzte Mal mitgenommen hatte, waren sie aufs Meer gefahren. Nicht seine liebste Angelart, doch damals fehlten ihm sowohl Zeit als auch Lust, Allie das Fliegenfischen beizubringen, das seiner Ansicht nach eher eine Kunst als ein Sport war. Sie hatten nach Blaufischen Ausschau gehalten, und Allie der man erst noch zeigen mußte, wie man die Spule benutzte erwischte den größten Fisch. Er konnte sich noch erinnern, wie sie in ihrer geliehenen Gummihose im Kreis herumgetanzt war, als der Kapitän ihr als Preis für den Fang des Tages ein Freiticket für eine weitere Tour überreichte.
    Er zwang seine Gedanken in die Gegenwart und zerrte an der Leine. Die Leitschnur hatte sich in einem Grasbüschel verfangen. »Da siehst du, daß du keine Ahnung hast«, erklärte er grinsend. »Bei mir hat schon was angebissen.« Behutsam ruckte er, bis die neonbunte Leine in die Luft surrte. »Paß auf«, sagte er und verschloß sich allen Gedanken, die nichts mit der Technik des nun Folgenden zu tun hatten, »es liegt alles an der Konzentration.« Wieder begann er die Leine rhythmisch hin und her zu ziehen, während er unentwegt nach vorne und hinten ausholte. »Du hast kein Gewicht am Leinenende«, erklärte er. »Du benutzt das Gewicht der Schnur selbst zum Auswerfen. Ach Quatsch, du wirfst nicht mal wirklich aus. Du hältst die Schnur einfach irgendwie über dem Wasser.«
    »Gras«, murmelte Allie.
    »Egal!« Er schloß die Augen und überließ sich dem Schwingen und der Bewegung. »Du willst die Schnur vor dem Fisch ausbreiten wie einen roten Teppich … immer weiter … immer weiter … bis die Fliege schließlich …«, er gab einen klatschenden Laut von sich »… ins Wasser fällt.«
    Dann verstummte er. Er ließ den Arm vor- und zurückschnellen, gab dabei ab und zu mehr Leine und hielt sie mit seinen Schwüngen in der Luft, bis die Leitschnur noch weiter reichte. Er

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