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In eisigen Kerkern (German Edition)

In eisigen Kerkern (German Edition)

Titel: In eisigen Kerkern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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Wenn...
     
    Sie hatte den Türgriff schon in der Hand, also drückte sie ihn auch. Der bekannte Wirtshausgeruch schlug ihr durch den Türspalt entgegen und verursachte ihr Magenkribbeln. Sie war neu konditioniert worden. Einst, in ihrem Vorleben vor sieben Jahren, hatte dieser Geruch Gefühle von Willkommensein, Gemütlichkeit und Erwartung von Gaumenfreuden in ihr ausgelöst – jetzt war es der Dunst von latenter Gefahr, Festgehaltenwerden, Andi-Aura. Signal zum Weglaufen.
    Langsam und so leise wie möglich drückte sie die Tür so weit auf, dass sie hindurchpasste, sah nichts in der mondlichterhellten Stube, was sofortiges Davonlaufen erfordert hätte, also schloss sie die Tür von innen und schaute sich um.
    Die Klappläden zur Küche standen offen. Nelli hörte ein schleifendes, schlurfendes Geräusch und ein leises Keuchen. Das kam von irgendwo weiter hinten. Sie schlich zur Küche und lauschte.
    „Nein, bitte nicht!“
    Das war Rolfs Stimme! Und sie klang überrascht und angsterfüllt.
    Spontan entschlossen drückte sich Nelli durch die Klapptür in die Küche, durchquerte den Raum, hörte einen dumpfen Schlag und erschrak, denn das klang wie etwas, das wehgetan und Schäden verursacht hatte. Ein Lichtstreifen erschien unter dem Türspalt von der Küche zum Hintereingang.
    Überrascht machte sie eine hektische Bewegung, und plötzlich rumpelte und schepperte es neben ihr, als zwei Töpfe von einem wackeligen Bord auf den Steinfußboden stürzten. Für eine Schrecksekunde wusste Nelli nicht, was tun – Rückzug, Flucht, verstecken, Angriff?
    Noch ehe sie sich entschieden und aus ihrer Erstarrung gelöst hatte, hörte sie schnelle, schwere Schritte näherkommen und kurz verharren. Eine Tür wurde aufgerissen. Nelli hörte es und spürte zugleich den saugenden Luftzug bis zu sich in den anderen Raum. Die Schritte setzten wieder ein, aber klangen dumpfer, wurden leiser und verklangen. Jemand musste das Haus durch die Hintertür verlassen haben.
    Also weiter, in den Flur zum Hintereingang. Jedes Detail des kurzen Ganges war zu erkennen durch den grellen Glühbirnenschein, der durch die angelehnte Tür des Lagerraums herüberstrahlte. Die Nacht draußen wurde durch das helle Licht im Innern zur schwarzen Wand. Es war nicht zu erkennen, ob jemand vor der Tür lauerte.
    Nelli huschte von der Küche über den Flur zum Lagerraum und reckte den Hals durch die angelehnte Tür.
    Eine Gestalt lag verrenkt am Boden. Das Gesicht war nicht zu sehen, aber an den Klamotten erkannte Nelli sofort, wer es war.
     
    Erst mal warf sie die Hintertür ins Schloss, sah den Schlüssel innen stecken und drehte ihn herum. Dann überstieg sie mit einem weiten Schritt Rolfs bäuchlings hingestreckten Körper, packte ihn an den Füßen und zerrte ihn in den Lagerraum hinein. Damit war die Tür zur Hintertür und zur Küche frei. Nelli grätschte zurück, um sie zu schließen und zu versperren, auch hier steckte zum Glück der Schlüssel. Nun konnte sie sich um den zweiten Zugang zu diesem Raum kümmern, Andis Studierzimmer. Die Tür war geschlossen und versperrt. Nelli befürchtete, dass der Schlüssel auf der anderen Seite steckte.
    Was, wenn die Person, die Rolf niedergeschlagen hatte, inzwischen zum Haupteingang hereingekommen war und sich nun über Andis Lager- und Privatraum anschlich?
    Die Mehlsäcke! Sie hatten schon einmal gute Dienste gegen Andi geleistet, wenn auch nur vorübergehend, und in diesem Fall würde vorübergehend zum Glück ausreichen. Denn sie brauchte ja bloß die Herolder anzurufen, ihre Lage zu schildern, und die würde schon dafür sorgen, dass die Polizei anrückte.
    Nelli schleifte drei der Ein-Zentner-Säcke vor die Tür, griff zum Telefonhörer – und zog die Hand wieder zurück.
    Rolf lag regungslos da, wo Nelli ihn hingezerrt hatte. Was, wenn alles nur inszeniert war, er nur so tat als sei er ohnmächtig, um sie leichter überwältigen zu können?
    Ihr Blick fiel auf die Stricke an den Mehlsäcken. Nelli war mit zwei Schritten dort, öffnete einen der Knoten, zog das schlanke, derbe Seil aus den Schlaufen und ging damit zu Rolfs leblosem Körper. Der Moment der Wahrheit. Wenn er nur so tat als ob, würde er sich wohl kaum fesseln lassen.
    Als sie gerade nach Rolfs rechtem Handgelenk greifen wollte, fing er an zu stöhnen und sich zu bewegen.
     
    Alarmiert schnappte Nelli seine rechte Hand, bog sie zur linken, schlang eine Schlaufe des Seils um beide Handgelenke und verschnürte sie so schnell und fest sie

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