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In eisigen Kerkern (German Edition)

In eisigen Kerkern (German Edition)

Titel: In eisigen Kerkern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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die in neuen Armeehosen mit vielen Taschen steckten, auf denen sich das Muster der Verpackungsfaltung eingepresst hatte.
    „Kannst du vielleicht mal suchen helfen?“
    „Ich hab die Küche durchsucht. Leerer Kühlschrank, leere Vorratskammer, aber Hunderte von Zigarettenstangen im Küchenschrank. Das gleiche im Wohnzimmerschrank, im Gästezimmer... Ein Paradies für Raucher ist das hier, aber zu Futtern nicht das kleinste Krümelchen.“
    Er zog Grimassen, betrachtete seinen Kopf von allen Seiten im Spiegel und kreuzte die Beine nach der anderen Seite.
    „Wenn man liegt, sieht das eigene Gesicht ganz anders aus.“
    German stieß seine Wurstfinger in die verschiedensten schwarzen Jacken, die im verspiegelten Kleiderschrank hingen, stülpte die Innentaschen nach außen und förderte nichts als Fusseln oder wild bekritzelte Zettel zutage. Unter den Jacken, zwischen fabrikneuen schwarzen Stiefeln verschiedenster Aufmachung, türmten sich Zigarettenstangen, und zerknüllte Papierfetzen bedeckten den Schrankboden.
    „Scheiße!“, fluchte German, riss eine der Jacken aus dem Schrank und schleuderte sie durchs Zimmer.
    „Die hat nichts Wertvolles, vergiss es. Und selbst wenn, wir haben nicht die Zeit, es zu Geld zu machen. Ganz zu schweigen davon, dass wir gar nicht wissen, wie das geht.“
    German baute sich am Fußende des Bettes auf, packte die Fußgelenke seines Kumpels und zerrte und rüttelte daran. Boris ließ sich davon nicht dabei stören, sein Spiegelbild zu betrachten.
    „Reg dich ab, Mann.“
    „Ich halte das aber nicht aus.“
    Er ließ das Gezerre sein und hockte sich resignierend neben die Füße des Liegenden auf die Bettkante.
    „Morgen ist alles vorbei.“
    „Wir haben uns alles versaut, Mann, unsere schöne Tour“, jammerte German. „Das sind doch nicht wir, hier.“
    „Natürlich nicht.“
    Boris machte Klappmesser, zog die Beine an, verschränkte sie samt Schuhen und beugte sich nach vorn.
    „Das kommt mir alles vor wie so ein Alptraum, wo alles irgendwie arrangiert und gesteuert wirkt. Weißt du, was ich meine?“
    „Schon“, behauptete Boris, warf den Kopf abrupt in den Nacken und betrachtete ihre sitzenden Gestalten wie aus der Vogelperspektive im Spiegel.
    „Schon allein... - Also, dass diese Nelli Prenz hier ist, das ist doch so was von absurd. Ich meine, was soll das? Hat diese Herolder sie wegen uns herbestellt? Will die uns verarschen?“
    „Wohl kaum.“
    German schaute hinter sich zu Boris, sah ihn im Schneidersitz nach oben starren, drehte ebenfalls den Kopf zur Decke und suchte über den Spiegel Blickkontakt.
    „Irgendwie ist das wie ein Test oder eine Spiegelung unserer Gedanken oder so was. Was man denkt, wird plötzlich Wirklichkeit, voll wie in einem Traum.“
    „Kommt mir auch so vor.“
    Boris seufzte, entfaltete seine Beine und schwang sich vom Bett.
    „Ich hab einen Scheißhunger.“
    „Und ich erst! Wir bestellen was.“
    „Ja, und zum Nachtisch kommt die Polizei.“
    „Dass diese blöde Tussi aber auch überhaupt nichts hier hat! Nicht mal Kekse, nicht mal ein verdammtes Stück Brot, nicht mal eine Tütensuppe, nicht mal...“
    „Ist ja schon gut.“
    Boris schaute nach oben und betrachtete sich in stehender Haltung. Er straffte die Schultern, streckte den Kopf, bleckte sich selbst die Zunge.
    German sprang auf, riss eine weitere Jacke so heftig aus dem Schrank, dass der Kleiderbügel durchs Zimmer flog, und zerrte außer sich vor Wut an dem zähen schwarzen Wildleder herum. Er schleuderte die Jacke auf den Boden und versetzte ihr einen Tritt.
    „Wenn die Herolder dich so sehen könnte, wüssten wir die richtigen Pins ganz schnell.“
    „Ach, verdammt“, fluchte German, hob die Jacke auf und schleuderte sie zurück in den Schrank. „Dann fahr ich eben was holen.“
    „Mit dem Leihwagen?“
    „Oder ich gehe zu Fuß.“
    „Das nächste Restaurant ist drei Kilometer Richtung Stadt.“
    „Wir müssen doch was essen!“
    „Jetzt überleg mal. Wenn du schon halb verrückt bist vor Hunger, wie geht es erst denen da unten – ohne Wasser, ohne Klo, ohne Bett, ohne Zeitgefühl und eingesperrt mit der eigenen Kacke? Wenn ich richtig informiert bin, können die sich außerdem nicht ausstehen. Ein bisschen Geduld noch, Alter.“
    German ließ sich schwer auf das Bett fallen, stützte die Fäuste auf die gespreizten Knie und schüttelte den schweren Kopf.
    „Ich muss immer an Nelli denken. Ausgerechnet Nelli. Was sie wohl von uns denkt?“
    „Na, was wohl?

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