In eisigen Kerkern (German Edition)
Mordsradau, ihr zwei habt uns angegriffen, aber von Frau Herolder nix zu sehen und kein Pieps. Ihr habt sie vor eurem Ausbruch abgemurkst, stimmt’s? Oder so schwer verletzt, dass sie gerade eben unter höllischem Geschrei den Löffel abgegeben hat.“
„Was gibt es denn da zu grinsen?“, fragte German, als er das strahlende Gesicht seines Kumpels sah.
„Weil wir jetzt eine Verhandlungsgrundlage haben“, antwortete Boris, aber es war auch an Nelli gerichtet.
„Da sagen Sie nichts mehr“, plapperte er amüsiert, lauschte kurz, und schwatzte weiter, als keine Antwort kam:
„Sie schreiben Ihrer Tochter jetzt einen Brief. Haben Sie irgendwas zum Schreiben da drin? Schreiben Sie ihr, dass sie keine Angst zu haben braucht, weil wir uns geeinigt haben. Sie soll den Schlüssel unter der Tür durch schieben, und wir verschwinden. Danach könnt ihr euch vom Acker machen. Niemand muss vom anderen irgendwas befürchten, denn wir wissen genug voneinander, um gegenseitig den Mund zu halten. Das ist doch vernünftig, oder?“
„Aus eurer Sicht vielleicht.“
Boris Lächeln erlosch. Verzweifelt rief er:
„Nein, auch aus eurer! Anders geht es doch gar nicht.“
„So aber auch nicht.“
„Wie denn dann? Machen Sie einen Vorschlag, wir sind ja für alles offen.“
„Wie wäre es damit: Sagt Monika, sie soll mir einen Brief schreiben. Papier und Stift bekommt sie von Fiona Herolder. Ich will erst mal ein Lebenszeichen. Und sie soll mir schreiben, was sie von der Lage hält und was sie mit dem Schlüssel anfangen will.“
Boris lauschte, in der Hoffnung es komme noch was, und fragte dann enttäuscht, irritiert und verärgert: „Wer bei euch gibt denn eigentlich den Ton an? Ich dachte, das sind Sie.“
„Wenn Monika wirklich den Schüssel hat, ist sie der Boss hier im Keller. Wendet euch an sie.“
Kapitel 9: Angst – oder Lust am Töten?
„He, Jungs!“
Leises Klopfen an der Tür.
„Hallo?“
Pochpoch, metallisch scheppernd, hohl und ganz leise.
„Ju-ungs.“
Eine singende Frauenstimme.
„Meldet euch bei mir.“
Klopf-klopf-klopf-klopf-klopf. Scheppernd. Leise, ganz leise.
„Ich hör doch was!“
German riss den Kopf hoch, schaute sich irritiert um, orientierte sich und resignierte, als er begriff, wo er hockte: nach wie vor im Kellergang. Neben ihm, wie er selbst an die Wand der Stiegen gelehnt, gegen die eigenen Knie zusammengesunken, Kopf unnatürlich schräg verdreht und eingedöst, kauerte Boris und schnarchte leise.
„Ju-u-ungs!“
Poch-poch-poch.
Kaum zu hören das Klopfen und die singende Stimme.
German rammte Boris den Ellenbogen in die Seite.
„He, die wollen was!“
„Pst!“, kam es durch die Tür, „nicht so laut. Kommt einfach mal her zu mir.“
Die beiden hockten ziemlich genau in der Mitte zwischen den Türen ihrer Mitgefangenen. Wir sind blöd, dachte German, während sein Kumpel hoch schreckte und ihn orientierungslos anstarrte. Auf die Treppe hätten wir uns pflanzen müssen. Die hätten jederzeit...
„Jetzt kommt schon her, Jungs!“
„Das kommt von der Herolder-Tür“, raunte Boris.
„Warum flüstert die?“
„Keine Ahnung.“
Boris rappelte sich ächzend hoch, und German tat es ihm sofort nach.
„Leise, leise“, kam die halblaute Flüsterstimme durch die Tür.
„Schon gut.“
„Wir sind jetzt so weit für eine Entscheidung“, flüsterte die Frauenstimme.
„Monika?“, fragte Boris.
„Wenn Sie nicht leise sprechen, sprechen wir gar nicht weiter.“
„Schon gut, schon gut“, flüsterte Boris zurück. „Was willst du?“
„Wir sind nicht per du.“
„Also gut, was wollen Sie?“
„Na was wohl? Raus hier.“
„Warum gerade jetzt?“
„Nach meiner Einschätzung müsste es nach Mitternacht sein, oder?“
Boris schaute auf seine Uhr, und German mit identischem Armheben auf seine.
„2.17 Uhr.“
„Gleich 2.18 Uhr“, präzisierte German.
„Nelli schläft tief und fest, oder?“
„Nehm ich mal an.“
„Und ihr lasst sie schlafen, versprecht ihr das?“
„Wollen Sie uns den Schlüssel geben?“
„Habt ihr Durst?“
„Und wie!“
„Wie sehr?“
„Was soll das?“
„Wie sehr?“
„So sehr, dass ich meine Pisse saufen könnte, wenn noch welche käme.“
„So sehr“, fragte Monika, „dass ihr hoch und heilig versprecht, hier ganz leise zu verschwinden, wenn ich euch den Schlüssel unten durch schiebe?“
„Auf jeden Fall!“
„Und ob!“, ergänzte German.
„Oder soll ich erst noch mal 24 Stunden
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