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In eisigen Kerkern (German Edition)

In eisigen Kerkern (German Edition)

Titel: In eisigen Kerkern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Köhler
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Kälte des gerippten Metalls unter ihr drang gegen ihren nackten Rücken und mit kurzer Verzögerung auch durch ihr dünnes Sweatshirt.
    „Andi!“
    Sie hörte ihn die Beifahrertür öffnen und kurz darauf wieder zuschlagen. Seine Schritte entfernten sich. Ein rollendes, scharrendes Geräusch ertönte, als er das Garagentor hoch schob.
    Sie lauschte, ob er zurückkam. Statt dessen hörte sie seine Schritte draußen, sie entfernten sich und verklangen.
    „Andi!“
    Ihre Stimme klang schrill und hysterisch, und die Verzweiflung darin machte sie noch verzweifelter. Nelli hatte das Gefühl, das kalte Metall unter ihr sauge ihr die letzte Wärme aus dem Leib. Sie schauderte und begann zu zittern.
     
    Das Zittern war so heftig geworden, dass ihre Zähne unkontrolliert aufeinander schlugen, als Andi endlich zurückkam. Nelli hörte Schritte und ein wohlbekanntes Begleitgeräusch. Es war das bekannteste Geräusch der Welt für sie. Jeden Tag von früh bis spät hatte sie es gehört, das charakteristische, nur ihrem Fahrrad eigene leise Surren und Tickern der Räder.
    Kurze Stille, dann erschienen über der Ladefläche Sattel und Lenker.
    „Vorsicht!“, rief Andi, dann stieß er das Fahrrad auch schon über die Seitenverkleidung. Selbst ungefesselt wäre Nelli getroffen worden, aber sie hätte dann wenigstens die Hände hoch reißen können. Jetzt aber fiel das Fahrrad mit voller Wucht auf sie, versetzte ihr einen Schlag gegen ihren linken Arm, ein Pedal traf ihre Hüfte, und der Lenker rammte ihre Schläfe. Ihr Schmerzensschrei wurde von ihrem Zähneklappern abgewürgt.
    Sie hörte Andi um den Lastwagen herum gehen.
    „Hrrgg“, brachte sie hervor.
    Neben der Fahrertür verstummten die Schritte. Der Verschluss knackte überlaut, die Tür knarrte jämmerlich beim Aufziehen.
    „Hrrgg... Aaaa... Annnnddd...“
    „Was ist denn, Nelli?“
    Sie hatte nicht wirklich damit gerechnet, dass er sich ihr noch einmal zuwenden würde.
    „Aaanndddiii... muu... muuussss reee... den.“
    Sein Kopf tauchte neben der Fahrertür über der Ladeklappe auf.
    „Eigentlich waren wir schon über das Ende der Kommunikation hinaus, Nelli.“
    „Taage... buuuch“, brachte sie hervor.
    Andi beugte sich zu Nelli hin, packte sie an einer Fesselschlinge und zog sie unter dem Fahrrad hervor und zu sich herüber.
    „Ich respektiere das Recht auf einen letzten Wunsch, Nelli. Du hast eine Minute.“
    „Reicht niii... cht“, presste sie durch ihre aufeinander schlagenden Zähne. „Hol mich ... mich vor, Beifahrersitz, erzähle unter... wegs.“
    Andi schüttelte mit heruntergezogenen Mundwinkeln den Kopf.
    „Zu wenig Zeit, Nelli. Ich hab meine Pläne geändert. Das wird nichts mehr, dass du mein Projekt erst schriftlich beurteilst und ich dich danach auskühle. Das erledigt sich während der Fahrt von selbst, und ich kann dann gleich mit dir arbeiten. Du wirst mein erstes Globetrotter-Diorama.“
    „Ist aber... wichtig!“
    Nelli schrie es durch ihre aufeinander schlagenden Zähne heraus.
    „Letzter Wunsch... respektieren!“
    Andi sah sie an.
    „Die Minute ist um.“
    „Hhhrrrggg!“, schrie Nelli, starrte ihn so entschlossen wie möglich an und schlängelte sich dabei noch ein Stückchen auf ihn zu.
    „Ich mach dir einen Vorschlag. Das Rückfenster hinter dem Fahrersitz lässt sich öffnen, siehst du.“
    Er schob die eine Hälfte der beiden Rückfensterscheiben so weit auf wie es ging.
    „Wenn du das Fahrgeräusch überschreist, hör ich mir unterwegs an, was du mir mitzuteilen hast.“
    „Hhrrgg! Nein... wichtig!“
    „Für dich vielleicht.“
    „Wichchch... tig!“
    „Dann streng dich mal an.“
    Sein Kopf verschwand. Sie hörte ihn einsteigen, die Fahrertür wurde zugeschlagen. Mit einem gewaltigen Erzittern und Wummern sprang der Motor an. Es krachte, als er den ersten Gang einlegte, und Nelli wurde durchgeschüttelt, als der alte Laster anrollte.
    Sie winkelte die zusammengebundenen Knie an, so weit es ging, verkeilte ihre Fersen in den Rippen der Ladefläche, drückte die Beine durch und schob sich so ein Stückchen Richtung Führerhaus. Unter ihr bebte und schaukelte der Laster, über ihr glitt die Garagendecke entlang.
    Als ihr Kopf das Führerhaus berührte, drückte sie das Kinn zur Brust und stieß sich mit den Beinen wieder ein paar Zentimeter voran.
    Der Laster rumpelte aus der Garage. Andi bremste, sprang heraus und zog das Rolltor der Garage zu. Unter dem Brummen und Röhren des Lastermotors war es kaum zu hören. Die

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