Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In ewiger Nacht

In ewiger Nacht

Titel: In ewiger Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
Vom Netzwerk:
Hochstapler! Was hast du angerichtet? Wo treibst du dich rum? Warum rufst du im unpassendsten Moment an? Du faselst doch immer von deinem einmaligen Gespür, von deiner Intuition, von wegen, dich würde keiner kriegen! Beschissener Superagent! James Bond!«
    Wowa saß noch immer vorm Fernseher, und sie baute sich zwischen ihm und dem Bildschirm auf.
    »Ich muss mal weg.«
    Er sah sie aus seinen leeren Augenhöhlen an und sagte nur ein Wort: »Nein.«
    »Was heißt nein?« Sie griff nach ihrer Handtasche und klapperte mit den Schlüsseln. »Tschüss, Schatz!«
    »Halt!« Er rührte sich nicht, hatte aber plötzlich eine Pistole in der Hand und richtete die Mündung auf Ika.
    Sie war nicht erschrocken, nur erstaunt. Das hatte sie schon einmal erlebt, vor langer Zeit, vor zwölf Jahren.
    »Was denn, so ernst?«
    »Hmh.«
    »Na schön. Dann lass uns reden, vorausgesetzt, du kannst auch mehr als ein Wort sagen.« Ika schaltete den Fernseher aus und setzte sich im Schneidersitz vor Wowa auf den Fußboden.»Ihr wollt Mark, das habe ich kapiert. Aber keiner weiß, wo er ist und wann er auftaucht. Ich habe keinen Kontakt zu ihm. Sein Handy hat er zu Hause gelassen. Erzähl mir doch einfach mal, was ihr eigentlich von ihm wollt, du und deine großnasige Tussi. Vielleicht können wir uns ja in Ruhe einigen?«
    Er hörte aufmerksam zu. Dann sagte er: »Nein.«
    »Was nein? Hast du einen Sprachfehler? Ich habe als Kind gestottert, ziemlich schlimm. Und weißt du, was der kluge Doktor gesagt hat, der mich behandelte? Um sprechen zu lernen, muss man sprechen. Na komm, versuch’s mal. Und steck die Kanone weg.«
    Er schob die Pistole in die Tasche seiner weiten Hose. Ika sah ihn an. Er schwieg.
    »Ich habe nichts zu futtern im Haus. Die Zigaretten sind alle. Ich muss einkaufen.«
    »Nein.«
    Er griff wortlos nach der Fernbedienung und schaltete den Fernseher an.
    »Du nervst mich echt, Wowa!«, schrie Ika und sprang auf. »Nein, ich rufe jetzt doch die Miliz an.«
    »Tu das.« Ein Mundwinkel zuckte, und Ika begriff, dass der Schattenmensch lächelte.
     
    Vaselin hatte natürlich verschlafen und erst um elf die Augen aufgemacht. Natascha wollte ihn begleiten. Er blaffte sie an.
    »Nein, du mischst dich bloß ein und störst.«
    Sie brachte ihn trotzdem zur Tür, eine kräftige Frau in einem billigen bunten Bademantel.
    »Dass du nicht auf nüchternen Magen rauchst! Und lass dir seinen Ausweis zeigen«, rief sie ihm nach, als die Tür klappte.
    »Dumme Kuh«, sagte Vaselin zu seinem Spiegelbild im Lift. »Den Ausweis! Damit er dann schreibt, ich sei paranoid!«
    »Guten Tag, Sie werden bereits erwartet«, sagte der Empfangschef.
    Vaselin war in dem Café bekannt, er traf sich hier oft mit Journalisten oder kam zum Essen her.
    Der Reporter trank Kaffee und las Zeitung. Vaselin ließ sich ihm gegenüber nieder.
    »Hallo, entschuldige die Verspätung.«
    »Kein Problem.« Die weißen Zähne des Journalisten blitzten.
    »Wie heißt du gleich? Ich hab’s vergessen, entschuldige.«
    »Anton.«
    »Gut, Anton, ich muss erst mal was futtern. Du hast doch nichts dagegen? Übrigens kannst du mein Frühstück ruhig genau beschreiben. Interessiert doch die Leute immer, wie Stars sich ernähren.«
    Er bestellte ein Omelett mit Bacon, Toast, frischen Ananassaft und einen Espresso mit Schlagsahne.
    »Sagen Sie, haben Sie Feinde?«, fragte Anton, als der Kellner gegangen war.
    »Was meinen Sie denn?« Vaselin grinste. »Wer hat keine? Und ich bin begabt und berühmt.«
    »Ach ja?«
    »Zweifelst du daran? Warum willst du dann ein Interview?«
    »Ich zweifle nicht daran. Ich frage nur, weil begabte kreative Menschen selten von sich selbst angetan sind, sie haben oft Anfälle von Reflexion und Depression, leiden zeitweise unter Schreibhemmungen, und das ist sehr quälend.«
    »Ach, ich soll dir was vorjammern, mich beklagen, ja?« Vaselin zwinkerte ihm zu. »Von wegen – Kinder, der große Vaselin ist genau wie ihr. Nein, Kleiner, so was kriegst du von mir nicht zu hören. Ich bin die Sonne der russischen Poesie. Übrigens, schneidest du schon mit oder quatschen wir bloß so?«
    »Ich schneide mit.«
     
    »Olga, der Intendant hat die Ausstrahlung unserer Sendung verboten.« Mischa Ossipow schrie so laut in den Hörer, dass es in Olgas Ohr schmerzte. »Stellen Sie sich das vor, ohne jede Begründung!«
    »Es wird schon einen Grund geben«, sagte Olga.
    »Alles Ausreden. Von wegen, die Informationen seien im Interesse der laufenden Ermittlungen

Weitere Kostenlose Bücher