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In ewiger Nacht

In ewiger Nacht

Titel: In ewiger Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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Motorrädern zu Papas größtem Supermarkt und verwüsteten ihn. Ein paar Tage später brannte Papas Auto. Es hatte auf dem Hof gestanden, vorm Haus. Der Wachmann, der in der Nacht in der Bude am Tor Dienst hatte, schwor, er habe nichts gesehen.
    Er war eben bloß ein Spielzeug, genau wie Papas Leibwächter.
    Nachts klingelte weiterhin das Telefon, doch nun schrie Papa nicht mehr »Ich kann Sie nicht verstehen!«, sondern sprach mit jemandem, manchmal leise und höflich, manchmal laut und grob.
    »Ika, wir beide machen demnächst Urlaub in Spanien«, sagte Mama.
    »Ohne Papa?«
    »Er kommt später nach.«
    »Gut. Aber meinen Geburtstag feiern wir noch zu Hause, alle zusammen.«
    »Natürlich. Und gleich danach fliegen wir.«
    Die Tickets waren schon gekauft, die Koffer gepackt. Sie sollten am zweiten Juni fliegen. Am ersten hatte Ika Geburtstag. Sie wurde zehn.
    Ika erinnerte sich an jede Minute dieses Tages. Am Morgen wollten sie zu dritt nach Moskau fahren, Geschenke für die kleine Prinzessin kaufen, anschließend essen gehen und um fünf wieder zurück sein. Um sechs sollten die Gäste kommen, Ikas Freundinnen aus ihrer Klasse und aus der Gymnastiksektion.
    Das alte, noch vor dem Krieg gebaute Haus, in dem sie wohnten, war das beste Wohnhaus von Bykowo. Darin wurde nie das warme Wasser abgestellt. Es hatte fünf Etagen mit nur je einer Wohnung, einen großen Hof mit einem schmiedeeisernen Zaun darum herum und einem Wachmann in einer Bude.
    Sie verließen das Haus um neun. Papa trug einen blassblauen Anzug, Mama eine weiße Hose und eine ärmellose cremefarbene Seidenbluse, Ika ein rosa Sommerkleid. Der Jeep wartete vor dem Tor auf der Straße. Die Leibwächter begleiteten sie, doch als das Telefon des einen klingelte, blieben die beiden Männer stehen.
    »Kommt, wir gehen schon zum Auto«, sagte Papa.
    Es war ein klarer, sonniger Morgen. Alles ringsum lächelte Ika freundlich an, der Hof, die Schaukel und das Klettergerüst auf dem Spielplatz, alles frisch gestrichen, die Pappeln mit ihren hellen Stämmen, der mit erstem Pappelflaum bedeckte silbrige Asphalt.
    Der Wachmann am Tor winkte freundlich. Ein leichter warmer Wind wirbelte Pappelflaum auf, und Ika nieste. Papa und Mama sagten im Chor: »Gesundheit!«
    Sie nieste noch einmal, so laut, dass sie das Motorrad nicht gleich hörte. Es kam um die Ecke gerast und bremste ab. Darauf saß ein Mann mit einem schwarzen Helm. Auch er sah aus wie eine Spielzeugfigur, genau wie die Wachleute.
    Die vier Plopps gingen im Motorengeheul unter. Der Motorradfahrer schoss zuerst auf Papa, dann auf Mama, zögerte einen Moment und zielte dann auf Ika. Sie konnte sich nicht rühren. Sie hatte Angst, den Kopf zu drehen und zu den Eltern zu schauen. Ihr Blick klebte am Visier des Motorradhelms. Hinter dem glänzenden Plastik verbargen sich die Augen des Mannes, der ihre Eltern getötet hatte. Nun sah er Ika an und überlegte, ob er sie erschießen sollte oder nicht.
    Der Motor heulte ohrenbetäubend auf, und im nächsten Augenblick war der Mann verschwunden. Ika fiel auf die Knie, versuchte, Mamas Kopf anzuheben, zog an Papas Arm, fiel mit dem Gesicht auf Mamas Bauch und verlor das Bewusstsein.
    Der Rest war Nebel, angefüllt mit fremden Stimmen, Sirenengeheul, Krankenhausgeruch, Gesichtern hinter Mullmasken. Der Nebel wollte und wollte sich nicht auflösen. Nur ein Gesicht drängte sich hartnäckig durch; schmale Lippen, die sich bewegten, und eine hohe, brüchige Stimme sagte immer wieder: »Ach, mein armes Mädchen, du unglückliche Waise, was soll ich jetzt nur mit dir machen, ich hab es ja immer gesagt, ich habe ihn gewarnt, hätte er nur auf mich gehört.«
    Papas ältere Schwester war aus Murmansk angereist, Tante Sweta. Da hatte Ika begriffen, dass ihre Eltern tot waren.
     
    Der Schattenmensch sah sich ein Fußballspiel nach dem anderen an und gab nur Laut, wenn ein Tor fiel.
    Ika nahm Jeans und Pullover aus dem Schrank und ging ins Bad, sich umziehen. Sie erinnerte sich deutlich an Marks letzte Worte. Sie hatte zu einem Kunden gemusst, einem ziemlich widerlichen Alten, war nervös gewesen und hatte Mark nicht zugehört, egal, was er sagte, und keine einzige Frage gestellt.
    Ich verschwinde für ein paar Tage. Wir haben bald jede Menge Kohle.
    »Klar, und die beiden wollen dir bestimmt die Kohle bringen, Mark«, murmelte Ika und warf den Bademantel auf die Waschmaschine. »Dieser Wowa wartet auf dich, um sie dir feierlich persönlich zu überreichen. Du verdammter

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