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In ewiger Nacht

In ewiger Nacht

Titel: In ewiger Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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gekommen.«
    Alle im Zimmer erstarrten und sahen sie an.
    »Soll ich vielleicht einen Arzt rufen?«, fragte ein Kriminaltechniker leise.
    »Nina, Kleines, hör mir zu.« Die Sportlerin schluchzte auf und umarmte die Freundin. »Shenja ist tot, sie wurde ermordet. Weine ruhig, dann wird dir leichter.«
    »Ja, ich habe verstanden.« Nina machte sich ruhig von ihrlos. »Ich habe alles verstanden. Aber bitte, ich bitte Sie sehr, gehen Sie, und du auch, Maja. Ich muss jetzt allein sein.«
     
    Als die Kriminalisten das Haus verließen und in ihre Autos stiegen, fiel Solowjow ein, dass seine Zigaretten alle waren. Auf der anderen Straßenseite war ein Kiosk. Als er hinüberlief, bemerkte er direkt gegenüber vom Hauseingang am Straßenrand ein blaues Peugeot-Coupé. Der Wagen wirkte bescheiden, kostete aber rund fünfzigtausend. Solowjow warf einen Blick auf die Silhouette hinter den getönten Scheiben.
    Ein Mann saß auf dem Fahrersitz. Solowjow ging ganz dicht heran und sah, dass die Scheiben einige Zentimeter heruntergelassen waren und Tabakqualm aus dem Wagen drang.
    Na und, sagte sich Solowjow. Der Mann sitzt in seinem Wagen und raucht – vielleicht wartet er auf jemanden oder macht einfach eine Pause.
    Durch die Windschutzscheibe des Peugeot hatte man einen guten Blick auf den Hauseingang, aus dem die Kriminalisten gerade gekommen waren.
    Ohne zu wissen warum, blieb Solowjow eine Weile neben dem Wagen stehen, kramte Kleingeld aus der Tasche und ließ ein paar Münzen fallen. Während er sie aufsammelte, hörte er ein Mobiltelefon klingeln. Der Mann im Auto ging sofort ran.
    »Nein. Ich bin im Büro. Ich habe Leute hier. Entschuldige, ich kann jetzt nicht. Natürlich sagt sie, dass ich nicht da bin, ich habe sie darum gebeten. Sie lügt nicht, sie tut ihre Pflicht. Ich habe hier wichtige Verhandlungen. Nein, entschuldige, meine Liebe. Ich dich auch … Ja, Häschen, ich rufe dich sofort an, wenn ich fertig bin.«
    Der Unsichtbare hatte eine tiefe, kräftige Stimme.
    Was geht mich der Kerl an und sein Häschen, das er anschwindelt, dachte Solowjow, warf einen Blick auf die Nummer des Peugeot, ging zum Kiosk und wandte sich nicht mehr um. Während er die Zigaretten kaufte, hörte er einenMotor anspringen. Der Peugeot fuhr los und verschwand hinter der nächsten Ecke.
    Solowjow schrieb die Autonummer in sein Notizbuch.

Viertes Kapitel
    Nachdem Rodezki im Internet zufällig auf die grässlichen Bilder gestoßen war, überlegte er zehn Tage lang, was er tun sollte.
    Sie wurde dazu genötigt, gezwungen, durch Betrug, Erpressung, mit Drohungen, dachte der Lehrer, ein Kind lässt sich ja leicht täuschen und einschüchtern. Der Vater ist eine Berühmtheit, aber sie lebt nicht bei ihm. Die Mutter ist nervös und überfordert; Alkoholikerin oder irgendwie krank. Das Mädchen ist sich selbst überlassen, und das in dem schwierigen Alter. Sie ist frech und vulgär. Natürlich aus Hilflosigkeit gegenüber dem groben erwachsenen Bösen, das ihr widerfahren ist. Womöglich bin ich der Einzige, der davon weiß? Vielleicht braucht sie Hilfe?
    Das Vernünftigste – das Ganze zu vergessen und diesen Schmutz nicht zu berühren – erschien Rodezki auf einmal niederträchtig. Die Miliz verständigen? In seinem Notizbuch fand er sogar die Nummer eines ehemaligen Schülers, der beim Innenministerium war und wohl schon Major. Aber er konnte sich nicht entschließen anzurufen. Er fürchtete, dann würde die Sache publik werden und das Mädchen von der Schule gewiesen. Eine Schande fürs ganze Leben. Außerdem hatte er kein Vertrauen zur Miliz. Er konnte sich nicht vorstellen, dass sie nichts von dieser Scheußlichkeit im Internet wussten. Doch warum taten sie nichts dagegen? Weil sie nicht konnten? Oder nicht wollten? Weil sie vielleicht bei diesem schmutzigen Geschäft abkassierten?
    Rodezki entschied, erst einmal mit dem Mädchen zu reden. Sie saß still und blass im Unterricht, ihre Augen waren rot und entzündet; sie wirkte ganz hohlwangig – vom Weinen,wie er meinte. Das Herz tat ihm im Leibe weh vor Mitleid. Wer sollte ihr helfen, wenn nicht er, der alte Lehrer? Das war seine Aufgabe, seine wichtigste Bestimmung im Leben.
    »Shenja, ich muss mit dir reden.«
    »Ja bitte.«
    »Nicht hier und nicht jetzt.«
    Sie war ein wenig erstaunt, schien sogar erschrocken, als er sie nach dem Unterricht ansprach.
    »Was ist los, war meine Frisur mal wieder Thema auf der Lehrerkonferenz?«
    »Nein. Es geht nicht um deine

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