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In ewiger Nacht

In ewiger Nacht

Titel: In ewiger Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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antiken Geschichte und heidnischen Religionen an privaten Unis und durch Nachhilfe für Abiturienten. Er erklärte, wenn Olga zu Hause bliebe, könnte er noch mehr verdienen, weil er dann von jeglicher Hausarbeit frei wäre.
    »Mama, kommst du endlich nach Hause?«, krächzte Olgas Sohn in den Hörer. »Ich hab Halsschmerzen, und Katja kann mir nicht mal einen Tee kochen. Hält mir bloß das blöde Thermometer hin.«
    »Was tut dir noch weh außer dem Hals?«
    »Der Kopf. Und sämtliche Glieder. Mama, komm bald, bitte, mir geht’s wirklich schlecht.«
    »Was ist denn los, Mama?« Katja hatte ihrem Bruder den Hörer entrissen. »Hat das mit dem zu tun, was sie heute heute früh im Fernsehen gezeigt haben? Mit dem toten Mädchen? Beschäftigst du dich wieder mit Mördern? Aber du hast doch versprochen …!«
    So lief es nun mal in ihrer Familie, und es war ihre eigene Schuld, dass ihr Mann und die Kinder sie als ihr Eigentum betrachteten. Anderthalb Jahre war es für sie so schön bequem gewesen, sie war jeden Tag relativ früh zu Hause und saß dann nicht nächtelang am Computer. Und kaum blieb sie mal länger weg, wurde prompt Andrej krank, und Katja war wütend, sie weinte beinahe.
    »Ich muss zum Fernsehen«, sagte Olga, so fest sie konnte, »in die Sendung ›Ermittlungsgeheimnisse‹. Katja, koch Andrej einen Tee, Lindenblüten und Kamille, und dann machdir Bratkartoffeln oder Pelmeni aus dem Tiefkühler. So, ich muss gleich los. Ruf mich bitte an, wenn du bei Andrej Fieber gemessen hast.«
    »Ich hab’s doch gewusst!«, schrie Katja. »Die Pelmeni sind übrigens alle, und die Kartoffeln keimen schon! Und ich habe bestimmt auch Fieber. Mir tut der Kopf weh, und die Glieder auch!«
    »Es sind noch Nudeln da und Buchweizengrütze. Katja, ein Mädchen wurde getötet, verstehst du das?«
    »Mord ist Sache der Miliz und der Staatsanwaltschaft. Was hast du damit zu tun?«
    Aus dem Telefon kam nur noch Tuten. Olga klappte es zu.
    Vom Fenster aus sah sie das Kliniktor – vor der Pförtnerbude stand ein blauer Minibus mit dem Senderlogo. Sie hatte noch eine Viertelstunde, um sich die Haare zu trocknen und sich anzuziehen.

Fünfzehntes Kapitel
    »Mir ist das mit dem Nuckel wieder eingefallen«, sagte eine heisere Frauenstimme.
    Solowjow begriff nicht gleich, wer das war. Die Sportlerin Maja war so aufgeregt, dass sie vergessen hatte, ihren Namen zu sagen.
    »Ich weiß nicht, ob das wichtig ist, aber es ist mir wieder eingefallen. Es ist Nikitas Nuckel. Nikita ist Shenjas Halbbruder. Er ist vier Monate alt. Shenja hat ihn sehr lieb … gehabt. Sie hat ihn manchmal ausgefahren. Sie hat den Nuckel mal eingesteckt und ihn seitdem mit sich rumgeschleppt, sie hat immer wieder vergessen, ihn zurückzugeben. Sie haben gesagt, ich soll Sie anrufen, wenn mir noch etwas einfällt, jederzeit.«
    »Ja, danke. Wie geht es Nina?«
    »Sie ist betrunken und schläft. Sie hatte ein ernsthaftes Alkoholproblem, vor zwei Jahren hat sie eine Therapie gemacht. Und bis vor kurzem hat sie auch durchgehalten.«
    »Aber jetzt hat sie einen Rückfall«, murmelte Solowjow, den Hörer an die Schulter gepresst, während er löslichen Kaffee und Zucker in eine Tasse löffelte.
    »Ja. Kein Wunder. Ich habe keine Ahnung, was jetzt aus ihr wird. Sie ist doch ganz allein. Wissen Sie, ich glaube, ich weiß, woher Shenja das viele Geld hatte. Ich wollte neulich nicht darüber sprechen, erstens nicht vor Nina, und zweitens, weil ich noch nicht kapiert hatte, dass Shenja wirklich tot ist.«
    »Ja. Ich höre.«
    »Shenja hat sich, seit sie zwölf war, mit erwachsenen Männern getroffen. Für Geld.«
    »Woher wissen Sie das?« Solowjow hätte auf dem Weg zum Schreibtisch beinahe den Kaffee verschüttet.
    »Das tut nichts zur Sache. Aber ich weiß es genau.«
    »Trotzdem – woher wissen Sie das?«, fragte Solowjow. »Verstehen Sie doch, was Sie da sagen, ist sehr wichtig.«
    Maja flüsterte plötzlich.
    »Nicht am Telefon. Aber ich weiß es hundertprozentig. Vielleicht hat einer von denen sie ja umgebracht. Und Marina hat das Ganze eingerührt.«
    »Verzeihung – wer?«
    »Na, Katschalows jetzige Frau. Haben Sie sie kennengelernt?«
    »Ja.«
    »Aha, Sie hatten also schon das Vergnügen. Sie war garantiert untröstlich und hat Shenja bedauert. Ich sage Ihnen, das ist nichts als Heuchelei. Würde mich nicht wundern, wenn sie indirekt damit zu tun hätte.«
    »Womit?«
    »Mit dem Mord, womit sonst! Shenja war ihr ein Dorn im Auge. Wenn jemand einen Vorteil vom

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