Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In Ewigkeit, Amen

In Ewigkeit, Amen

Titel: In Ewigkeit, Amen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Hanika
Vom Netzwerk:
mir gesagt? An die Gebote halten? Meinte er mich? Oder den Pudschek? Und welches Gebot hatte er gemeint? Das zehnte? Lass dich nicht gelüsten deines Nächsten Weibes, noch seines Knechtes noch seiner Magd, noch seines Ochsen noch seines Esels, noch allem, was dein Nächster hat.
    Das sechste Gebot? Du sollst nicht ehebrechen.
    Das Bild schwebte vor meinem Auge, ich versuchte mich zu erinnern, woran es mich erinnerte. Es war tief in mir drin. Ich wusste es. Aber das Einzige, was mir einfiel, war die Meier Bet und ihre Einbauküche.
    Ihr Angebeteter hatte nämlich angeblich seine letzten Ersparnisse für eine Einbauküche geopfert. Und dann hatte er wochenlang gebraucht, um dieses blöde Teil in der Küche aufzubauen. Und dann noch einmal mehrere Wochen, bis wirklich alle Teile so funktionierten, wie sie sollten. Nachdem diese schwierige Phase überwunden war, hatte die Meier Bet beschlossen, Einbauküche hin oder her, dass sie doch lieber einen anderen Mann hätte. Vielleicht hatte er einfach zu lange gebraucht. Das war Annelieses Theorie. Die Bet, die war ja nicht blöd. Die hatte sich gedacht, wenn der für alles so lange braucht, das kann ja heiter werden. Meine Theorie war, aber das hatte ich keinem erzählt, weil meine Theorien sowieso niemand verstand, dass sie beschlossen hatte, dass eine Einbauküche einfach nur spießig war. Alles schön zusammengeschraubt, verstaut, abgewischt. Da konnte man doch nur wahnsinnig werden, oder? Anneliese hätte darauf wahrscheinlich gesagt, meine Scheiße, Lisa, du erzählst Sachen. Was ist an einer sauteuren Einbauküche spießig? Jede Frau wäre froh, wenn sie eine Einbauküche hätte. Nagelneu.
    Aber vielleicht dachte ich bei Einbauküche auch nur daran, dass Annelieses Mutter immer in ihrer billigen Einbauküche stand und brutzelte und buk, während ihr Gatte sich vor dem Fernseher wälzte und zappte. Und da war mir, ehr-lich gesagt, ein Fernseher doch lieber als eine Einbauküche. Vielleicht sollte ich das Max einmal begreiflich machen, dass er mich mit Einbauküchen nicht ködern konnte. Eher mit einem Breitbildfernseher, vor dem ich mich wälzen könnte.
    Die Bet. Was geht uns die Bet an, würde Großmutter sagen. Aber obwohl ich angestrengt darüber nachdenken wollte, was ich mit dem Pudschek zu tun haben könnte, verschwand das Bild von der Einbauküche einfach nicht.
    Ich starrte in den kalten Himmel und dachte nach. Der Himmel war eisblau, ein paar graue Wolken kamen auf. Großmutter hätte gesagt, die sind voller Schnee. Ein bestimmter Grauton bedeutete immer Schnee und dieses spezielle Ziehen im Kreuz, das auch wiederum Schnee bedeutete. Die Elsternester hingen als unordentliche Haufen in den Spitzen der Linden, was noch schlimmer aussah als der Dreck vor unserem Haus. Vermutlich würde demnächst die freiwillige Feuerwehr kommen, um sie zu beseitigen.
    Die Bet. Die Schürze vom Metzger. Der Mantel von Bets Mutter. Der Wind. Der Herbststurm. Meine Gedanken gingen durcheinander.
    Ich warf noch einen letzten Blick auf die akkurat zugeschnittenen Büsche vom Schorsch, die jetzt alle mit Lichtern geschmückt waren. Eine leuchtende Klobürste hatte schon was für sich, dachte ich mir böse. Er hätte schon ein bisschen mehr über den Pudschek sagen können, anstatt sich in wilden Andeutungen zu verlieren.
    Seltsam, dass ich das wusste, mit Bets Verlobtem. Und plötzlich erschien es mir sehr seltsam, dass sie ihren Verlobten nicht geheiratet hatte. Und dass sie die Wahl hatte, zwischen zwei Männern. Das war doch kaum zu glauben. Wer das wohl gewesen sein konnte? Es wollte mir partout nicht einfallen.
    Statt auf dem direkten Weg nach Hause zu gehen, hatte ich einen langen Spaziergang gemacht. Mein Hund schleppte sich neben mir her, der Wind riss an unseren Haaren, kämmte die Hundehaare nach hinten, wirbelte mir die Haare ins Gesicht. Der Wind dröhnte so laut an meinen Ohren, dass ich nichts hörte, außer meinen eigenen Gedanken vielleicht. Sobald er ein wenig nachließ, hörte man ein dumpfes Rauschen und Brausen im Wald. Weit entfernt fuhren zornige Windstöße in die Kiefern und beugten sie nach Osten. Die kalte Wintersonne malte schräge Schatten in die ordentlichen Felder, der Wind schüttelte den blattlosen Ackersenf mal in die eine, dann in die andere Richtung, wie willenlose Gestalten ließen sich die gelben Kräuter verbiegen.
    Es war ein stürmisches Stück in Moll, die Erinnerung an den Pudschek.
    Ich hatte etwas falsch gemacht. So komplett falsch, dass

Weitere Kostenlose Bücher