In Ewigkeit verflucht
Schwelle nicht mal betreten, als ihn so etwas wie Enttäuschung überkam.
Der Raum war leer!
Er war wirklich größer, denn er ging über Eck, sodass genügend Platz für zwei Fenster war. Es standen hier auch mehr Möbel, doch es waren die gleichen wie in dem ersten Zimmer. Recht dunkel, leicht verwohnt. Auch das Polster der Sitzecke zeigte keine freundlichen Farben. Es herrschten ebenfalls die braunen Töne vor.
Das Bett war aufgeschlagen. Die Decke lag daneben. Kissen und Oberbett sahen zerwühlt aus.
Reto betrat das Zimmer. War sie nicht da? Hatte ihn dieser verfluchte Kevin geleimt?
Der Zorn darüber ließ Röte in sein Gesicht schießen. Hastig schloss er die Tür und achtete darauf, so gut wie kein Geräusch zu machen.
Dieser eine Raum war zwar leer, aber es gehörte noch ein Bad dazu, denn in das Zimmer hinein ragte noch so etwas wie ein breiter Innenbau.
Kirchner bewegte sich so leise wie möglich. Er schlich an der Wand des Baus entlang, erreichte die Ecke und schaute nach links. Er sah ein zweites schmales Bett und einen ebenso schmalen Schrank, dessen Tür geschlossen war.
Aber es gab auch ein Bad. Man hatte es in diesem Innenbau eingerichtet. Die Tür war nicht mal geschlossen, und als er das sah, glitt ein kaltes Lächeln über sein Gesicht.
Zwei Sekunden später zog er sie ganz auf. Wie er es sich schon gedacht hatte, hinter der Tür verbarg sich das Bad. Es gab es eine Wanne mit einer Duschtasse an der Decke, die Toilette, das Waschbecken – und sie.
Beinahe hätte er vor Freude gejubelt, als er auf Elisa’s Rücken schaute. Wieder war sie nackt. Ihr langes Blondhaar reichte fast bis zu den Hüften. Er sah ihren strammen Hintern, die helle Haut und drehte fast durch, wenn er daran dachte, dass nicht nur er diese Frau geliebt hatte. Da sie nicht vor dem Spiegel stand, malte sich ihre Gestalt oder ihr Gesicht auch nicht in der Fläche ab.
Er hatte schon vorher versucht, sie anzusprechen. Da war seine Kehle aber wie zugeschnürt gewesen. Jetzt unternahm er einen neuen Versuch, und diesmal klappte es.
»Elisa...«
Ein Wort, halblaut gesprochen, aber von Elisa sehr wohl verstanden, denn sie drehte sich um.
Zuerst langsam, dann schnell, und plötzlich starrte sie den ungebetenen Gast an.
Er sah sie auch – und glaubte wahnsinnig zu werden. Elisa besaß nicht mehr ihr normales Gesicht, sondern die bleichgelbe Totenfratze eines fleischlosen Skeletts...
***
Welch eine Fahrt! Welch eine Panorama!
Ich konnte mich nicht satt sehen, und Bill erging es ähnlich. Allein die Bahn war ein Kunstwerk für sich, und dann erst die Aussicht, als wir die Baumregionen verlassen hatten und der Blick in die Weite der Berge hineinstreifte.
Einfach unbeschreiblich. Zudem hatten wir Glück mit dem Wetter, denn am Himmel zeigte sich keine einzige Wolke. Er lag so herrlich klar wie Eis hoch über uns.
Die Bahn fuhr auf einer Schiene, und es ging verdammt steil in die Höhe. Wie viele Prozent Steigung es waren, wusste ich nicht, aber so etwas zu bauen war schon ein Meisterwerk der Technik.
Man kam dem Himmel immer näher und auch einer wunderbaren Ruhe. Es war noch nicht dunkel. Der Tag würde sich so leicht nicht verabschieden, aber der Himmel hatte schon eine seltsame Bläue angenommen, wie man sie nur aus der Bergen kennt. Und wer genau hinschaute, der sah die ersten Sternenflecken, die sich im Blau abmalten.
Die Sonne befand sich auf ihrem Weg nach Westen. Sie verlor ihr intensives Gelb und verwandelte sich allmählich in ein Orange.
Nicht mehr lange, und sie würde hinter den Berggraten verschwinden, aber zuvor noch ihr letztes rotes Licht aussenden, um die Gegend wie mit Blut zu übergießen.
So weit war die Zeit noch nicht fortgeschritten. Ich nahm beim Hochfahren die neue Umgebung in mich auf, denn mir wurde ein immer wieder anderes Bild geboten. Je höher wir kamen, desto öfter veränderte sich das Panorama, denn wir bekamen Berge zu sehen, die von einer Talsicht aus einfach verdeckt waren.
»Sagenhaft«, murmelte ich.
Bill lachte hinter mir. »Jetzt weißt du auch, warum wir hier so gern Urlaub machen.«
»Ja, das kann ich verstehen.«
»Der Piz Muragl ist zwar nicht der höchste Berg und im Winter auch nicht für wilde Skifahrten geeignet wie der Corvatsch oder der Corviglia, aber die Aussicht entschädigt für vieles. Das wirst du gleich erleben und verstehen, dass zahlreiche Schriftsteller davon so begeistert waren.«
»Kein Widerspruch!«
Grüne Hänge. Darüber die Gletscher. Ich
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