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In Ewigkeit verflucht

In Ewigkeit verflucht

Titel: In Ewigkeit verflucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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konnte bereits den Gipfel des Muragl sehen. Auch dort zeigten die Matten das Grün, aber es lagen auch noch einige Schneereste in der Nähe, die trotz des heißen Sommers noch nicht getaut waren.
    Geradewegs fuhr die Bahn auf die Station zu, deren Breitseite sich wie ein Maul geöffnet hatte. Darin würden wir hineingleiten, stoppen und aussteigen.
    Wenn man es genau nahm, dann fuhren wir und noch ein Paar als einzige Touristen hoch. Ansonsten hatte die Bahn nur Nachschub für das Restaurant und Hotel mitgenommen. Begleitet wurden die Kisten von zwei Männern in Arbeitsanzügen, die zudem noch eine Sackkarre mitgenommen hatten.
    Ein leichtes Ruckeln, dann fuhren wir in die Station ein. Wenig später konnten wir durch die offene Schiebetür mit den lang gezogenen Scheiben auf den Beton treten. Wir wandten uns sofort der Treppe zu, die zur Aussichtsterrasse führte. Von ihr aus war der Blick wirklich einmalig. Das hatte mir Bill versprochen.
    Der Abendwind, hier auch Malojawind genannt, fuhr uns durch die Haare. Er kam von Süden und würde die Oberflächen der Seen unten im Tal in Wellenmuster verwandeln.
    Tief atmete ich die reine, klare Bergluft ein. Es tat mir verdammt gut. Hier konnte man den Eindruck bekommen, dass es auf der Welt keine Umweltverschmutzung gab.
    Bill sagte nichts. Er führte mich über die fast leere Terrasse hinweg zur Brüstung hin, die den allerbesten Ausblick bot. Nicht nur auf die nahe und auch weit entfernte Bergwelt, sondern auch hinein in das Tal, denn das Obere Engadin lag wirklich wie gemalt vor uns.
    Wie hingewürfelt wirkten die Orte vor uns. Celerina, St. Moritz, auch Pontresina. Weiter im Süden sah ich Sils Maria, das ich vor Jahren mal erlebt hatte, und noch ein Stück entfernt Maloja, das kleine Dorf am Pass. Jenseits davon ging es hinab ins Bergell, und danach war die Grenze zu Italien.
    Dort unten im Tal hatte sich leichter Dunst gesammelt. Er stieg als Nebel in die Höhe, aber er bewegte sich nicht weiter.
    »Das ist es eben«, sagte Bill, »was manche Menschen als den schönsten Ausblick der Welt innerhalb der Berge bezeichnen. Wenn ich ehrlich bin, muss ich den Leuten Recht geben.«
    Das tat ich auch. Ich konnte mich nur schwer von dem Anblick lösen und fragte Bill: »Lauft ihr hier auch Ski?«
    »Nein, nicht mehr. Wir haben es früher mal getan, als Johnny das Skilaufen lernen sollte. Seit er es kann, nehmen wir uns die schwereren Pisten vor. Corvatsch und Corviglia.«
    »Und hierher kommt ihr nicht?«
    »Einmal schon. Den Ausblick muss man immer wieder genießen, das sage ich dir.«
    Ich bedauerte es, selbst keinen Urlaub zu haben, aber dieser Begriff war sowieso ein Fremdwort für mich. Wenn ich mich mal in einer Urlaubsgegend aufhielt, dann leider aus beruflichen Gründen.
    »Schade«, sagte ich.
    »Was ist schade?«
    »Dass wir uns um eine gewisse Elisa Satelli und um einen Reto Kirchner kümmern müssen.« Mit dem Daumen deutete ich über die Schulter. »Ich würde jetzt gern ins Restaurant gehen, etwas essen und den Ausblick genießen.«
    »Später.«
    »Meinst du?«
    »Möglich ist alles. Oder bist du dir sicher, dass wir unsere Leute hier finden?«
    »Nicht hundertprozentig.«
    »Eben. Und deshalb könnten wir noch eine Chance haben.«
    Ich schlug Bill auf die Schulter. »Geh du vor. Du kennst dich hier aus.« Wir hatten uns abgesprochen, wie wir es anstellen wollten. Wenn sich Reto Kirchner hier oben aufhielt, konnte das entweder nur im Restaurant der Fall sein oder im Hotel.
    Es war ihm zuzutrauen, dass er sich dort eingecheckt hatte.
    Aber fanden wir hier auch die sechs verschwundenen Landsleute? Alles war zu schnell gegangen, und wir hatten es in der Eile nicht mal geschafft, an Fotos zu kommen.
    Im Restaurant waren noch zahlreiche Tische frei. So gelang uns ein erster Überblick. Reto Kirchner fanden wir nicht. Und die Menschen, die hier saßen und speisten, sahen allein schon vom Alter her nicht aus wie die verschwundenen Studenten.
    »Ich glaube, das hier können wir uns schenken«, sagte ich. »Reto ist nicht hier.«
    Ich hatte relativ laut gesprochen. Der Satz war auch von einer dunkelhaarigen jungen Frau gehört worden. Sie zählte zum Personal. Sie war damit beschäftigt, einen in unserer Nähe stehenden Tisch abzuräumen und das Geschirr auf ein Tablett zu stellen.
    Als sie mich hörte, zuckte sie so auffällig zusammen, dass wir es bemerkten. Zugleich hielt sie in ihrer Arbeit inne.
    Bill deutete auf ihren gebeugten Rücken und stieß mich an. Bevor er

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