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In feinen Kreisen

In feinen Kreisen

Titel: In feinen Kreisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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war, die nicht einmal vor Mord zurückschreckte, um zu bekommen, was sie wollte. Liebe konnte blind machen.
    Er wanderte durch die Straßen von Kentish Town und ging von einem Gasthaus zum nächsten, um seine Fragen so diskret zu stellen, wie es ihm in der verbleibenden knappen Zeit möglich war. Zweimal war er zu direkt, zu voreilig und wurde scharf zurückgewiesen. Er verließ das Lokal und begann ein Stück weiter noch einmal, vorsichtiger diesmal.
    Bei Sonnenuntergang war er müde und erschöpft und seine Füße schmerzten. Er fuhr mit einem Omnibus nach Hause. Monk würde mit diesem Fall kein Geld mehr verdienen, aber es lag ihm persönlich am Herzen, hinter die Wahrheit zu kommen. Lucius Stourbridge hätte ihn auch weiter bezahlt, aber Monk hatte sich geweigert, noch länger Geld für etwas anzunehmen, das er, dessen war er sich fast sicher, nicht würde aufklären können.
    Hester sah ihm nur kurz ins Gesicht, als er eintrat, und stellte keine Fragen. Das sagte ihm mehr als alle Worte.
    Am zweiten Tag brachte er erheblich mehr in Erfahrung. In der Nähe von Hampstead entdeckte er ein Lokal, in dem Treadwell bekannt war. Von dort aus konnte er einen Mann aufspüren, bei dem Treadwell Spielschulden hatte. Da Treadwell tot war, ließ sich die Schuld jetzt nicht mehr eintreiben.
    »Irgendjemand sollte dafür verantwortlich sein«, sagte der Mann verärgert. Seine runden, stechenden Augen waren ein wenig blutunterlaufen. »Gibt es dafür denn kein Gesetz? Man sollte sich seinen Schulden nicht einfach entziehen können, indem man den Löffel abgibt.«
    Monk setzte eine verständnisvolle Miene auf. »Nun, normalerweise würde man sich an die Erben des Mannes wenden«, sagte er. »Aber ich weiß nicht, ob Treadwell welche hatte…?« Er ließ die Frage so stehen.
    »Nein!«, rief der Mann voller Abscheu. »War völlig ungebunden, der Halunke.«
    »Wollen Sie etwas trinken?«, fragte Monk. Möglich, dass er nur seine Zeit verschwendete, aber er hatte keine bessere Spur, der er folgen konnte.
    »Ha, da hätt ich nichts dagegen«, nahm der Mann die Einladung an. »Reece.« Er hielt Monk die Hand hin, nachdem er sie gründlich an seinem Hosenbein abgewischt hatte.
    Monk brauchte einen Augenblick, um zu begreifen, dass der Mann sich soeben vorgestellt hatte, dann ergriff er die dargebotene Hand und schüttelte sie. »Monk«, erwiderte er.
    »Also dann!«, sagte Reece wohlgelaunt. »Ich hätte gerne ein Pint mildes Bier, vielen Dank.«
    Als die Pints bestellt und gebracht worden waren, setzte Monk das Gespräch fort. »War er Ihnen denn viel schuldig?«
    »Das möcht ich meinen!« Reece nahm einen kräftigen Schluck von seinem Bier, bevor er weitersprach. »Fast zehn Pfund!«
    Monk war verblüfft. Das war mehr, als ein Hausmädchen in sechs Monaten verdiente!
    »Da sind Sie platt, was?«, bemerkte Reece befriedigt. »Er hat um großes Geld gespielt, dieser Treadwell.«
    »Und großes Geld verloren!«, stimmte Monk zu. »Er kann nicht oft in dieser Höhe verloren haben. Hat er nicht auch gelegentlich gewonnen?«
    »Manchmal schon. Der wusste sein Leben zu genießen. Wein, Weiber und Pferde. Er muss wohl manchmal gewonnen haben, denke ich. Aber woher soll ich jetzt meine zehn Pfund kriegen, können Sie mir das sagen?«
    »Was mich interessiert, ist zunächst mal die Frage, woher Treadwell das Geld hatte«, sagte Monk mit Nachdruck. »Als Kutscher hat er ganz gewiss nicht so viel verdient!«
    »Davon weiß ich nichts«, sagte Reece, dessen Interesse langsam abflaute. Er leerte sein Glas und sah Monk erwartungsvoll an.
    Monk tat ihm den Gefallen.
    »Er war also Kutscher, wie?«, sagte Reece nachdenklich.
    »Na, da muss er wohl noch ‘n bisschen was nebenbei verdient haben. Weiß aber nicht, wie.«
    Ein sehr hässlicher Gedanke kam Monk in den Sinn, ein Gedanke, der die von Cleo Andersen gestohlenen Medikamente betraf, insbesondere das Morphium. Hester hatte gesagt, dass im Laufe der Zeit möglicherweise eine beträchtliche Menge verschwunden sein könne. Vielleicht hatte nicht alles seinen Weg in die Häuser der Alten und Kranken gefunden. Jeder, der von einer solchen Droge abhängig war, würde einen hohen Preis zahlen, um sie zu bekommen. Es wäre nur allzu verständlich, wenn Cleo Morphium verkauft hätte, um Treadwell zu bezahlen – oder vielleicht hatte sie es ihm auch direkt gegeben, anstelle von Geld. Der Gedanke behagte ihm keineswegs, aber er wurde ihn auch nicht wieder los.
    Den Rest des Tages verbrachte er damit,

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