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In feinen Kreisen

In feinen Kreisen

Titel: In feinen Kreisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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auf den anderen Stuhl. Er war ein junger Mann, mit gutem Benehmen, das ihm in Fleisch und Blut übergegangen war.
    »William Monk«, stellte Monk sich vor und war unerhört erleichtert, keine Zeichen des Wiedererkennens in den Zügen des anderen Mannes zu entdecken. Der Name sagte ihm nichts.
    »Es tut mir Leid, Mr. Monk«, entschuldigte sich Robb, »aber ich stelle zur Zeit Nachforschungen in einem Mordfall an, und bei dem Opfer handelt es sich um einen Mann, auf den Ihre Beschreibung recht gut passt. Und was noch schlimmer ist, wir haben eine halbe Meile entfernt eine Kutsche und zwei Pferde gefunden, bei denen es sich mit ziemlicher Sicherheit um die handelt, die Sie vermissen. Die Kutsche entspricht haargenau Ihrer Beschreibung und bei den Pferden handelt es sich um einen Braunen und einen Fuchs, die gut zusammenpassen und beide ungefähr gleich groß sind.« Wieder presste er die Lippen zusammen. »Und der tote Mann trug Livree.«
    Monk schluckte. »Wann haben Sie ihn gefunden?«
    »Vor fünf Tagen«, antwortete Robb und sah Monk direkt in die Augen. »Es tut mir Leid.«
    »Und er wurde ermordet? Es besteht kein Zweifel?«
    »Keiner. Der Polizeiarzt sieht keine Möglichkeit, wie er sich solche Verletzungen durch einen Unfall hätte zuziehen können. Wenn er vom Kutschbock gestürzt wäre, müsste seine Kleidung entsprechende Spuren aufweisen. Außerdem würde ein Sturz auf die Straße nicht zu solchen Verletzungen führen, ohne Flecken auf dem Mantel des Opfers zu hinterlassen. Der Stoff wies weder Risse noch Spuren von Schlamm oder Schmutz auf. Obwohl die Straßen im Augenblick ziemlich trocken sind, müsste man irgendetwas sehen. Selbst seine Hosenbeine müssten Flecken an anderen Stellen auf weisen, wenn er über die Straße gerollt wäre.«
    »An anderen Stellen?«, hakte Monk eilig nach. »Wie meinen Sie das? An welchen Stellen waren denn die Flecken?«
    »Nur an den Knien, als sei er noch ein ganzes Stück gekrochen, bevor er starb.«
    »Er hat versucht zu fliehen?«, fragte Monk.
    Robb nagte an seiner Unterlippe. »Das weiß ich nicht. Es hat jedenfalls keinen Kampf gegeben. Er hat nur den einen Schlag abbekommen.«
    Monk war verblüfft. »Ein Schlag hat ihn getötet? Dann ist er also auf den Knien gekrochen, bevor er getroffen wurde? Warum?«
    »Nicht unbedingt.« Robb schüttelte wiederum den Kopf. »Der Arzt sagt, er hätte eine Gehirnblutung erlitten. Er könnte noch eine ganze Weile gelebt haben und ein Stück weit gekrochen sein. Er würde gewusst haben, dass er verletzt war, aber nicht, wie schwer, nicht, dass er daran sterben würde.«
    »Dann könnte er möglicherweise vornüber vom Bock gestürzt sein und sich die Verletzung selbst zugezogen haben? Oder vielleicht hat eins der Pferde ihn getreten?«
    »Der Arzt sagt, der Schlag habe ihn von hinten getroffen«, antwortete Robb und machte die entsprechende Bewegung mit den Armen, »so ungefähr… und das Opfer hat gestanden, als der Schlag es traf. Der Mann wurde an der Schläfe getroffen und die Wunde hat nicht besonders stark geblutet – aber sie war tödlich.«
    »Und ein Tritt kann es nicht gewesen sein?« Monk klammerte sich an die letzte Hoffnung.
    »Nein. Der Abdruck hatte keine Ähnlichkeit mit einem Pferdehuf. Der Schlag wurde mit einem langen, runden Gegenstand wie einer Brechstange oder einem Metallrohr geführt. Er kann sich auch nicht an einer Ecke des Kutschbocks gestoßen haben.«
    »Ich verstehe.« Monk holte tief Luft. »Haben Sie irgendeine Vorstellung, wer ihn getötet hat? Oder warum?« Die zweite Frage fügte er nach einer kurzen Pause hinzu, als sei sie ihm gerade erst eingefallen.
    »Noch nicht«, gab Robb zu. Er schien vollkommen verwirrt zu sein, und Monk hatte den Eindruck, dass die ganze Angelegenheit ihn sehr bedrückte. »Es hätte sich kaum gelohnt, ihn auszurauben. Die einzigen Gegenstände von Wert, die er bei sich trug, waren die Kutsche und die Pferde, und die hat der Mörder nicht an sich genommen. Oder die Mörder, falls es mehrere waren.«
    »Ein persönlicher Feind«, schlussfolgerte Monk. Der Gedanke beunruhigte ihn noch mehr, aus Gründen, von denen Robb nichts ahnen konnte. Wo war Miriam Gardiner? Hielt sie sich zur Zeit des Mordes am Tatort auf? Und wenn ja, war sie entweder Augenzeugin oder Komplizin – oder war sie ebenfalls tot. Wenn sie nicht dort gewesen war, wo hatte Treadwell sie dann abgesetzt und warum? Hatte er dies auf ihren Wunsch getan?
    Wie viel sollte er Robb erzählen? Wenn er in Miriams

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