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In feinen Kreisen

In feinen Kreisen

Titel: In feinen Kreisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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weniger in Worten als in Berührungen äußerte – in der Art, wie seine Finger über ihren Körper glitten. Und selbst in den Augenblicken größter Leidenschaft schien er niemals zu vergessen, dass in ihrem Leib auch Herz und Geist wohnten. Allein dafür würde sie ihn immer lieben.
    Aber das waren Dinge, die sie unmöglich vorher hatte wissen können. Auch Miriam Gardiner konnte es nicht wissen. Sie drehte sich zu ihm um.
    »Wir haben keine Ahnung, wie ihre erste Ehe gewesen ist, nicht wirklich«, sagte sie und sah ihm fest in die Augen. »Nicht wenn die Türen geschlossen und die beiden allein waren. Vielleicht gab es da Dinge, die in ihr plötzlich die Furcht weckten, sich noch einmal an einen Mann zu binden. «
    Seine grauen Augen blickten sie forschend an. Sie sah die Frage in ihnen, das Aufflackern von Unsicherheit.
    »Man kann im Voraus nie wissen, ob es gut oder schlecht gehen wird«, sagte sie leise. »Man könnte verletzt werden. Vielleicht kannten sie einander in dieser Hinsicht doch zu wenig.« Dann schlang sie ihm, damit er nicht auf den Gedanken kam, sie hätte selbst auch nur die leisesten Zweifel, die Arme um den Hals, strich ihm sanft übers Haar und küsste ihn auf den Mund.
    Seine Reaktion darauf ließ sie das Abendessen vergessen und ließ ihn den Entschluss fassen, sich auf die Suche nach einer Frau für den Haushalt zu machen.

3
    Am nächsten Morgen verließ Monk schon zu für ihn ungewohnt früher Stunde das Haus. Doch wenn er Lucius Stourbridge helfen wollte, musste er herausfinden, was aus James Treadwell und der Kutsche geworden war. So konnte er vielleicht etwas über Miriams Verbleib und möglicherweise auch ihre Beweggründe in Erfahrung bringen. Es überraschte ihn selbst, wie sehr er die Antwort auf diese Fragen fürchtete.
    Es waren jetzt vier Tage seit ihrem Verschwinden verstrichen und mit jeder weiteren Stunde würde es schwieriger werden, ihrem Weg zu folgen. Er nahm einen Hansom nach Bayswater und machte sich auf die Suche nach Straßenhändlern, die sich am Nachmittag von Miriams Flucht in der Gegend aufgehalten hatten.
    Er stieß fast sofort auf einen Gärtner, der die Kutsche gesehen hatte und sowohl die Livree als auch die Pferde kannte, einen auffälligen Fuchs und einen Braunen, die von der Farbe her schlecht zusammenpassten, aber wie geschaffen füreinander waren, was Wuchs und Gangart betraf.
    »Ja«, sagte er und blieb heftig nickend bei Monk stehen, einen Pflanzenheber in der Hand. »Jawohl, sie sind ziemlich schnell an mir vorbeigefahren. Allerdings konnte ich nicht sehen, wer drin saß. Ich hab mich damals gewundert darüber, wo ich doch wusste, dass sie da eine Gesellschaft gaben. Ich hab all die Kutschen gesehen, die dort vorfuhren. Ich dachte, es ist vielleicht jemand krank geworden. War es so?«
    »Wir wissen es nicht«, antwortete Monk. Er wollte niemandem etwas von der Tragödie bei den Stourbridges erzählen, obwohl es sich bald herumsprechen würde, wenn es ihm nicht gelang, Miriam zu finden und zur Rückkehr zu bewegen. Und was das betraf, hatte er nicht viel Hoffnung.
    »Haben Sie gesehen, in welche Richtung die Kutsche fuhr?« Der Gärtner sah ihn verwirrt an.
    »Es scheint, als hätte der Kutscher das Gefährt mitsamt den Pferden gestohlen«, erklärte Monk.
    Die Augen des Gärtners weiteten sich. »Oh«, stieß er hervor und schüttelte den Kopf. »So was habe ich noch nie gehört. Schlimme Sache! Wo soll das alles bloß noch enden?« Er hob die Hand und deutete mit dem Pflanzenheber über die Straße.
    »Sie sind da um die Ecke gefahren, und dann hab ich sie nicht mehr gesehen. Die Straße führt nach Norden. Wenn er in die Stadt wollte, hätt’ er die andere Richtung genommen. Weniger Verkehr da. Es ist ihm niemand gefolgt. Ich nehme an, er ist längst über alle Berge.«
    Monk pflichtete ihm bei, bedankte sich und ging in die Richtung, die der Mann ihm gewiesen hatte. Er beschleunigte seinen Schritt in der Hoffnung, einen weiteren Zeugen zu finden.
    Er musste in der staubigen Hitze meilenweit gehen, aber schließlich erreichte er erschöpft Hampstead Heath, wo die Spur sich verlor. Mittlerweile dämmerte es bereits, und er hielt nach einem Hansom Ausschau, um rasch nach Hause zu kommen. Der Gedanke war weitaus verlockender als noch vor ein paar Monaten, als dort lediglich seine Vermieterin mit dem Abendessen auf ihn gewartet hatte. Jetzt konnte der Hansom gar nicht schnell genug fahren.
    Am nächsten Morgen machte er sich erneut früh auf den Weg,

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