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In feinen Kreisen

In feinen Kreisen

Titel: In feinen Kreisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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nicht aus den Augen ließ.
    »Bitte.«
    Aber sie verriet ihm nicht mehr, als Robb ihm schon gesagt hatte. Es gab nur eine mögliche Schlussfolgerung: Der Mann hatte aufrecht gestanden, als jemand ihm einen kräftigen Schlag versetzte, der ihn in die Knie zwang und ihn wahrscheinlich für eine Weile besinnungslos machte. Die Knie seiner Hosen waren schmutzig und zerrissen, als sei er ein beträchtliches Stück gekrochen. Über die Person, die den Schlag geführt hatte, ließ sich kaum etwas mit Bestimmtheit sagen. Die Waffe war nicht gefunden worden, aber sie musste lang, schwer und stumpf gewesen sein, und der Mörder hatte mit großer Kraft zugeschlagen.
    »Könnte eine Frau das getan haben, was meinen Sie?«, wollte Monk wissen und bereute sofort seine Worte. Wenn er sicher gehen wollte, dass es nicht Miriam gewesen war, dann sollte er nicht ausgerechnet Robb fragen. Außerdem, warum sollte sie so etwas tun? Möglich, dass sie ebenfalls Opfer des Mörders geworden war, und man sie nur noch nicht gefunden hatte!
    Aber wenn sie noch lebte, wo war sie dann? Warum hatte sie sich noch nicht gemeldet oder war wieder aufgetaucht? Und warum hatte sie überhaupt das Haus der Stourbridges verlassen?
    »Dürfte ich mir vielleicht auch den Mantel ansehen?«, bat er, bevor Robb seine Frage beantworten konnte.
    »Natürlich«, erwiderte der Sergeant. Die Überlegung, ob eine Frau den Schlag geführt haben könnte, ignorierte er. Es war eine törichte Frage, und Monk wusste es. Eine kräftige Frau, die in ausreichendem Maß wütend war oder Angst hatte, wäre ohne weiteres in der Lage gewesen, den Mann mit einem schweren Gegenstand niederzustrecken.
    Sie verließen das Leichenschauhaus und traten wieder ins Freie. Während sie den Gehsteig entlanggingen, vermittelte Robb den Eindruck, in Eile zu sein, denn er sah ein oder zweimal auf seine Uhr.
    Monk hätte ihn gern der Aufgabe entbunden, ihm Kutsche und Pferde zu zeigen, aber er hatte das Gefühl, dass er einen Blick auf sie werfen sollte, denn sie waren ausschlaggebend dafür, ob Harry oder Lucius Stourbridge den weiten Weg bis nach Hampstead zurücklegen und in diesem Fall auch den Toten identifizieren mussten, was ihre Sorge nur verstärken würde.
    Robb ging so schnell, dass er beim Überqueren der Straße beinahe in einen Hansom hineingelaufen wäre. Monk konnte ihn gerade noch am Arm zurückhalten.
    Robb errötete und entschuldigte sich.
    »Haben Sie eine Verabredung?«, erkundigte sich Monk. »Sie müssen mich nicht begleiten. Ich kann warten.«
    »Die Pferde stehen in einem Stall ungefähr eine Meile entfernt«, antwortete Robb, der nach einer Lücke im Verkehr suchte, damit sie auf die andere Straßenseite gelangen konnten.
    »Es ist nicht direkt eine Verabredung…« Das Thema schien ihm peinlich zu sein.
    Ein Vierergespann fuhr vorbei, und sie konnten einen Blick auf die in duftige Spitzenkleider gehüllten Damen in der Kutsche werfen. Als Nächstes kam ein Brauereiwagen, der von schweren Pferden mit geflochtenen Mähnen und mit Federn geschmückten Füßen gezogen wurde. Die Flanken der Tiere glänzten, und sie warfen die Köpfe zurück.
    Monk und Robb ergriffen die Gelegenheit, hinter ihnen die Straße zu überqueren. Auf der anderen Seite holte Robb tief Luft und blickte starr geradeaus. »Mein Großvater ist krank. Ich schaue so oft ich kann bei ihm vorbei, um ihm ein wenig zur Hand zu gehen. Er ist langsam etwas…« Seine Miene verkrampfte sich, und er wich Monks Blick erneut aus. Mit anderen Worten, er ging mitten am Tag, während seiner Dienstzeit, nach Hause.
    Monk lächelte grimmig. Er hatte keine glücklichen Erinnerungen an seine Zeit bei der Polizei. Er wusste, dass seine Untergebenen Angst vor ihm gehabt hatten, und zwar aus gutem Grund. Dies schmerzte ihn heute. Bei seinem eigenen Vorgesetzten hatten die Dinge anders gelegen. Runcorn war der Einzige, dessen er sich entsann. Und früher einmal waren sie Freunde gewesen. Doch schon Jahre vor ihrem letzten Streit, der zu Monks Kündigung geführt hatte, war zwischen ihnen nichts mehr gewesen als Rivalität und Bitterkeit.
    Er spürte, wie seine Muskeln sich anspannten, aber er konnte es nicht verhindern.
    »Dann sollten wir ihm besser einen Besuch abstatten«, antwortete er. »Ich besorge mir eine Pastete oder ein Sandwich und esse, während Sie sich um ihn kümmern. Dann erzähle ich Ihnen, was ich über Treadwell weiß. Wenn er der Tote ist, dürften meine Informationen Ihnen weiterhelfen.«
    Robb dachte

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