In feinen Kreisen
getötet«, entgegnete er. »Die Polizei hat sie freigelassen. Sie wollte Cleo schützen, weil sie tief in ihrer Schuld steht und wohl auch glaubte, sie sei im Recht.«
»Das ist nicht genug«, protestierte Hester. »Warum ist sie von dem Fest am Cleveland Square weggelaufen? Warum sollte sie Lucius verschweigen, wo sie sich aufhielt?«
»Das weiß ich nicht«, gab er zu. »Sie wurde, als man sie aus dem Gefängnis entließ, seiner Obhut unterstellt, und sie sah aus, als ginge sie zu ihrer Hinrichtung. Sie flehte förmlich darum, sie nicht zu Lucius zu schicken, aber auf dem Revier wollte man nichts davon wissen.« Er runzelte die Stirn. »Einen Moment lang dachte ich, sie würde mich um Hilfe bitten, aber dann änderte sie ihre Meinung. Sie mussten sie beinahe hinaustragen.«
Das Mitleid in seiner Stimme war nicht zu überhören. Auch sie empfand so, und es erzürnte sie, dass die Polizei bestimmte, in wessen Obhut Miriam gegeben werden müsse. Man hätte es ihr überlassen sollen, wohin sie gehen wollte und zu wem. Schließlich stand sie nicht länger unter Mordanklage.
Aber weitaus drängender war im Augenblick ihre Sorge um Cleo Anderson.
»Was können wir tun, um ihr zu helfen?« Sie hielt es für selbstverständlich, dass er dies auch wollte.
Monk stand nach wie vor mitten im Zimmer, erhitzt, müde und mit schmerzenden Füßen. Erstaunlicherweise verlor er nicht die Fassung.
»Gar nichts. Es ist jetzt eine private Angelegenheit zwischen zwei Menschen.«
»Ich spreche von Cleo!«, korrigierte sie ihn. »Miriam hat andere Menschen, die sich um sie kümmern. Außerdem wird sie nicht eines Verbrechens bezichtigt.«
»Doch, das wird sie: Man betrachtet sie als Komplizin bei der Vertuschung von Treadwells Ermordung. Auch wenn sie behauptet, sie sei nicht zugegen gewesen und habe nicht gewusst, dass er tot war. Man kann fast mit Sicherheit davon ausgehen, dass sie Augenzeugin des Verbrechens war. Die Polizei wird auf einer Zeugenaussage vor Gericht bestehen.«
Hester machte eine ungeduldige Handbewegung. Sie kannte Miriam Gardiner nicht, aber sie kannte Cleo und wusste, was sie für den alten John Robb und andere getan hatte.
»Na schön, sie wird also eine Aussage machen müssen! Es wird nicht angenehm sein, aber sie wird es überleben. Wenn sie auch nur den geringsten Anstand hat, wird ihre erste Sorge Cleo gelten, so wie auch wir jetzt vor allen Dingen an Cleo denken müssen. Was können wir tun? Wo sollen wir beginnen?«
Seine Züge spannten sich an. »Es gibt nichts, was wir tun können«, erwiderte er knapp, dann wandte er sich ab und setzte sich erschöpft in einen der Sessel. »Ich habe Miriam Gardiner gefunden und sie zu ihrer zukünftigen Familie zurückgebracht. Ich wünschte, die Schuldige wäre nicht ausgerechnet Cleo Anderson, aber so ist es nun mal. Ich bin auf keine Beweise für ihre Tat gestoßen, das war das Äußerste, was ich für sie tun konnte, aber Robb wird sicher auf etwas stoßen. Er ist ein guter Polizist. Außerdem ist sein Vater betroffen.« Er ärgerte sich über seine eigenen Gefühle, was sich in seiner Miene und seinem Tonfall äußerte.
Hester blieb mitten im Raum stehen. Sie trug ein hübsches bedrucktes Kattunkleid mit weiten Röcken und einem kleinen, weißen Kragen. Es war hübsch anzusehen, aber bedeutungslos angesichts dessen, was Cleo Anderson bevorstand.
»Es muss doch irgendetwas geben…« Sie wusste, dass sie nicht mit ihm hätte streiten sollen, gerade jetzt, wo er so erschöpft war und ihm diese Geschichte genauso nahe ging wie ihr. Aber ihre Selbstbeherrschung reichte nicht aus, um geduldig dazusitzen und auf einen günstigeren Zeitpunkt zu warten. »Ich weiß nicht, was… aber wenn wir suchen… vielleicht hat er sie bedroht. Vielleicht war Notwehr im Spiel.« Sie suchte verzweifelt nach einem Ausweg. »Vielleicht wollte er sie überreden, irgendein Verbrechen zu begehen. Das könnte eine Rechtfertigung dafür sein…«
»Dass sie ihn stattdessen umbrachte?«, fragte er sarkastisch. Sie wurde rot. »Also schön, es war keine besonders gute Idee«, räumte sie ein. »Aber es gibt noch andere Möglichkeiten!«
Er sah überrascht zu ihr auf, aber seine Überraschung galt nicht ihren Worten selbst, sondern dem milden Tonfall, in dem sie gesprochen hatte.
Sie wusste, was in ihm vorging, und errötete noch mehr. Diese ganze Auseinandersetzung war lächerlich und empörend.
»Ich wünschte, ich könnte ihr helfen«, sagte er sanft. »Aber ich weiß nicht,
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