In feinen Kreisen
Zeugin des Verbrechens, die selbst unter Druck die Wahrheit verschwiegen hatte. Sie war offensichtlich keine Mörderin, befand sich jedoch in einem Zustand, der an Hysterie grenzte, und wenn man sie entließ, dann nur in die Obhut eines verantwortungsbewussten Menschen, der sich um sie kümmern würde. Überdies musste man sicherstellen, dass sie als Zeugin vor Gericht erscheinen würde, wie das Gesetz es verlangte. Lucius und sein Vater schienen dafür am geeignetsten zu sein.
Diese Idee stieß bei Miriam auf leidenschaftlichen Widerstand. Sie stand mit bleichem Gesicht im Büro des Superintendent und wandte sich Monk zu, als dieser mit Robb den Raum betrat.
»Bitte, Mr. Monk, ich gebe Ihnen jede Garantie, die Sie verlangen, ich verspreche Ihnen alles, was Sie wollen, aber zwingen Sie mich nicht, zum Cleveland Square zurückzukehren! Ich will gern Tag und Nacht im Krankenhaus arbeiten, wenn Sie mir gestatten, dort zu wohnen.«
Der Superintendent des Polizeireviers sah erst sie, dann Robb mit ernster Miene an.
»Ich glaube…«, begann Robb.
Aber der Superintendent wollte seine Meinung gar nicht hören. »Sie befinden sich offensichtlich in einem Zustand äußerster Erregung«, sagte er an Miriam gewandt. Er sprach sehr langsam und deutlich. »Mr. Stourbridge ist Ihr zukünftiger Ehemann. Er kann am besten für Sie sorgen und wird Ihnen in Ihrem Kummer beistehen, nachdem die Frau verhaftet wurde, die Ihnen in der Vergangenheit mit so viel Freundlichkeit begegnet ist. Das hat Sie sehr mitgenommen. Sie brauchen Ruhe, um wieder zu Kräften zu kommen.«
Miriam fuhr herum und sah Monk an. In ihren Augen brannte eine wilde Verzweiflung, als müsse sie ihm dringend etwas mitteilen, was sie jedoch in Anwesenheit der anderen nicht tun konnte.
Ihm fiel keine Ausrede ein, um allein mit ihr zu reden. Major Stourbridge und Lucius waren bereits eingetroffen und warteten darauf, sie zum Cleveland Square zu bringen. Links von ihr stand ein Wachtmeister und rechts der diensthabende Sergeant. Die Absicht der beiden Männer war es, sie zu stützen, falls sie plötzlich ohnmächtig würde.
Es gab nichts, was er tun konnte. Hilflos sah er zu, wie sie aus dem Raum geführt wurde. Die Tür öffnete sich und Lucius Stourbridge trat vor. Sein Gesicht war erfüllt von Zärtlichkeit und Glück. Harry Stourbridge stand hinter ihm und lächelte, als sei ein Albtraum zu Ende.
Miriam stolperte, taumelte einen Schritt nach vorn und Wachtmeister und Sergeant mussten sie beinahe tragen. Als Lucius sie berührte, zuckte sie zusammen.
7
Hester war vor Monk zu Hause und freute sich auf seine Ankunft, aber als er durch die Tür trat und sie sein Gesicht sah, wusste sie sofort, dass etwas passiert war. Er sah erschöpft aus. Sein Gesicht war blass, und das dunkle Haar klebte ihm schweißnass an der Stirn.
Angst und Sorge stiegen in ihr auf. »Was ist geschehen?«, fragte sie beunruhigt.
Er stand mitten im Raum, hob die Hand und strich ihr ganz sanft über die Wange. »Ich weiß jetzt, was es ist, das du mir nicht erzählen konntest… und warum. Es tut mir Leid, dass ich der Sache nachgehen musste.«
Sie schluckte. »Der Sache?«
»Den gestohlenen Medikamenten«, antwortete er. »Der Frage, wer sie gestohlen hat und warum und wo sie geblieben sind. Dies ist eine weitaus nahe liegendere Begründung für eine Erpressung.«
Sie wollte einfach nicht verstehen, was er da sagte. »Die Medikamente können unmöglich etwas mit Miriam Gardiner zu tun haben. «
»Nicht direkt, aber das eine führt zum anderen.« Sie spürte, dass er sich seiner Sache ganz sicher war.
»Was? Was für eine Verbindung besteht da?«, fragte sie.
»Was ist passiert?«
»Cleo Anderson hat die Medikamente gestohlen, um alte und kranke Menschen damit zu behandeln«, antwortete er leise.
»Irgendwie hat Treadwell davon erfahren und sie erpresst. Vielleicht ist er Miriam gefolgt. Vielleicht ist ihr unbeabsichtigt eine Bemerkung herausgerutscht, und er hat sich den Rest zusammengereimt.«
»Weißt du das mit Sicherheit?« Sie war verwirrt, und ihre Gedanken überschlugen sich. »Wenn Treadwell Cleo Anderson erpresst hat, warum sollte Miriam ihn dann töten? Um sie zu schützen? Das erklärt aber nicht, warum sie den Cleveland Square so plötzlich verlassen hat. Was ist mit Lucius Stourbridge? Warum ist sie nicht zu ihm gegangen und hat es ihm erklärt? Irgendetwas…« Ihre Stimme wurde leiser. Nichts von alledem ergab wirklich einen Sinn.
»Miriam hat Treadwell nicht
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