In feinen Kreisen
konnte von seiner Miene ablesen, dass er sich mit der Frage beschäftigte, ob Stourbridge selbst seine Frau getötet haben konnte.
Auch Monks Gefühle waren zwiespältig. Eigentlich war er fest davon überzeugt, dass Stourbridge es nicht getan hatte, aber gleichzeitig befürchtete er, dass diese Meinung der Loyalität für einen Klienten und seiner ganz persönlichen Sympathie für den Mann entspringen könne. Es gab nichts, was die Unschuld des Majors bewiesen hätte.
Es klopfte an der Tür.
Robb stand auf und öffnete.
Aiden Campbell trat ein. Er war sehr blass, und seine Hände zitterten ein wenig. Seine Augen hatten einen unnatürlichen Glanz. Er hielt sich sehr gerade und seine Bewegungen wirkten ungelenk.
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass Harry Sie in dieser Saehe hinzugezogen hat!«, sagte er und sah dabei Monk überrascht an.
»Nein. Sergeant Robb hat mich hergebeten, da ich bereits ein wenig in die Vorgänge des Hauses eingeweiht bin«, erwiderte Monk.
»Oh – ich verstehe. Nun, das ist wahrscheinlich nur vernünftig«, räumte er ein, während er langsam näher trat. »Wir müssen alles tun, um diese Angelegenheit so schnell wie möglich hinter uns zu bringen. Meine Familie hat in letzter Zeit sehr gelitten. Zuerst Mrs. Gardiners befremdliches Benehmen und jetzt diese – diese Tragödie. Wir wissen kaum, wo uns der Kopf steht. Lucius ist…«
Er brach ab. »Worsnip sagte mir, Sie hätten keine Hinweise auf einen Eindringling gefunden. Ist das zutreffend?«
»Jawohl, Sir«, antwortete Robb. »Und ich bedaure, sagen zu müssen, dass auch sämtliche Mitglieder Ihres Personals als Täter nicht in Frage kommen.«
»Was?« Aiden drehte sich zu Monk um.
»Es stimmt, Mr. Campbell«, bestätigte Monk. »Wer auch immer Mrs. Stourbridge getötet hat, es muss ein Mitglied Ihrer Familie gewesen sein. Es tut mir Leid.«
»Oder es war Mrs. Gardiner«, erwiderte Aiden rasch. »Sie gehört nicht zur Familie, Mr. Monk, noch nicht, und nach den Ereignissen der vergangenen zwei Wochen zu urteilen, wäre es wohl besser, sie würde auch in Zukunft nicht dazugehören. Es war ein Fehler, dass die Polizei darauf bestand, sie in Lucius’ Obhut zu geben. Sie hätte zu ihren eigenen Leuten zurückkehren sollen.«
»Mrs. Anderson ist der einzige Mensch, den sie hat«, warf Monk ein. »Und sie befindet sich gegenwärtig wegen Mordes an James Treadwell im Gefängnis von Hampstead.«
»Dann hätte man jemand anderen finden müssen!«, entrüstete sich Aiden. »Sie hat zwanzig Jahre lang in Hampstead gelebt! Sie muss doch noch andere Freunde haben.«
Einen Augenblick lang herrschte Schweigen.
»Ich entschuldige mich«, sagte Aiden leise, dann senkte er den Blick. »Das war nicht nötig. Diese Nacht war einfach schrecklich.« Seine Stimme brach. »Ich habe meiner Schwester sehr nahe gestanden… mein Leben lang. Jetzt muss ich das Unglück meines Schwagers und meines Neffen mit ansehen, und es gibt nichts, was ich tun kann, um ihnen zu helfen.« Er hob den Blick und sah Robb an. »Abgesehen davon natürlich, dass ich Ihnen zur Seite stehe, damit Sie diesen Fall so schnell wie möglich aufklären können und wir die Zeit haben zu trauern, wie es sich geziemt.«
Robb schien sich äußerst unwohl in seiner Haut zu fühlen. Seine Unerfahrenheit mit Mordfällen war ihm deutlich anzusehen. Außerdem war Monk sich nur allzu bewusst, dass der Sergeant sich ein Versagen in diesem Fall nicht leisten konnte. Er brauchte seine Arbeit bei der Polizei nicht nur für sich selbst, sondern auch, um für seinen Großvater sorgen zu können.
»Wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um den Fall so schnell wie möglich zu lösen, Sir«, versprach er. »Aber wir müssen uns an die Gesetze halten und sichergehen, dass wir keinen Fehler machen. Und nun möchte ich Sie bitten, uns einen Bericht über den Abend zu geben, so weit Sie ihn in Erinnerung haben, Sir…«
»Selbstverständlich. Wo soll ich anfangen?«
»Wie wäre es mit dem Zeitpunkt, als Sie sich alle zum Essen an den Tisch setzten?«
Aiden ließ sich in einen großen Sessel sinken, und Robb und Monk nahmen daraufhin ebenfalls Platz. Er sagte ihnen im Großen und Ganzen das Gleiche wie Harry Stourbridge, nur hier und da wich seine Beschreibung ein wenig ab. Er hatte geschlafen, als Harry Stourbridge ihn weckte, um ihn über den schrecklichen Vorfall zu informieren. Er war der Meinung, dass sein Kammerdiener Gibbons das meiste davon würde bestätigen
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