In Flammen
Achseln. »Hatte sie denn eine Wahl? Wie viele ungebundene Männer gibt es in Sowerbridge? Und sie musste Sie ja glauben machen, sie wäre mit irgendjemandem zusammen, sonst hätten Sie angefangen, unbequeme Fragen zu stellen. Trotzdem«– er schwieg einen Moment –»ich glaube nicht, dass der arme Kerl auch nur die geringste Ahnung davon hatte, wie sehr sie ihn verabscheute.«
»Niemand hat das geahnt«, sagte Siobhan bekÜmmert. »Alle glaubten, sie wäre völlig vernarrt in ihn.«
»Sie hat ein Spiel auf lange Sicht gespielt«, sagte er langsam, »und sie hat das sehr gut gemacht. Sie hatten nie den geringsten Zweifel, dass sie ihre Tante und ihren Onkel gern hatte.«
»Ich habe geglaubt, was sie mir erzählt hat.«
Er lächelte leicht. »Und Sie wollten unbedingt, dass alle anderen es auch glauben.«
Siobhan sah ihn betroffen an. »O Gott! Ist dann alles meine Schuld?«
»Nein«, murmelte er. »Meine. Ich habe Sie nicht Ernst genommen, als Sie sagten, die Iren hätten den größten Spaß daran, sich untereinander zu bekriegen.«
Donnerstag, 11. März 1999 – 15 Uhr
Cynthia Haversley zog ihre HaustÜr einen Spalt auf. »Ach, Sie sind es«, sagte sie mit Überraschender Herzlichkeit. »Ich fÜrchtete, es wäre wieder einer dieser grässlichen Journalisten.«
Sieh einer an! Wie schnell sich die Zeiten ändern, dachte Siobhan leicht ironisch, als sie eintrat. Vor noch gar nicht langer Zeit hatte Cynthia eben diese »grässlichen« Journalisten mit VergnÜgen zu einer Tasse Tee ins Haus geholt, um ihnen Schauergeschichten Über die O'Riordans zu erzählen.
Sie nickte Peter zu, der an der TÜr zum Wohnzimmer stand. »Wie geht es Ihnen beiden?«
Sie hatte die beiden vor drei Tagen zuletzt gesehen und war erschrocken darÜber, wie stark gealtert sie wirkten. Besonders Peter sah ausgesprochen hager und grau aus, sie vermutete, dass er noch mehr getrunken hatte als gewöhnlich.
Er drehte eine Hand hin und her. »Nicht gerade glänzend. Wir schämen uns ziemlich Über unser Verhalten, wenn ich ehrlich sein soll.«
Cynthia öffnete den Mund, um etwas zu sagen, verkniff es sich dann aber offensichtlich. »Wo sind die Jungs?«, fragte sie stattdessen.
»Nora passt auf sie auf.«
»Sie hätten sie mitbringen sollen. Mich hätte es nicht gestört.«
Siobhan schÜttelte den Kopf. »Ich wollte nicht, dass sie hören, was ich Ihnen zu sagen habe, Cynthia.«
Cynthia Haversley brauste sofort auf. »Sie können mir keinen Vorwurf –«
»Das reicht!«, fiel Peter ihr ins Wort und trat einen Schritt zur Seite. »Kommen Sie ins Wohnzimmer, Siobhan. Wie geht's Ian? Wir haben gesehen, dass er zurÜck ist.«
Sie ging zum Fenster, von wo sie die Überreste des Cottage sehen konnte. »Er ist mÜde«, antwortete sie. »Er ist erst in den frÜhen Morgenstunden nach Hause gekommen und musste bei Tagesanbruch schon wieder los. Ins BÜro. Wir haben drei Aufträge, und sie sind drauf und dran in die Binsen zu gehen, weil keiner von uns beiden die letzten Tage da war.«
»Es ist sicher nicht leicht fÜr Sie.«
»Nein«, sagte sie langsam. »Ian sollte eigentlich bis Freitag in Italien bleiben, aber unter den Umständen...« Sie hielt einen Moment inne. »Leider kann keiner von uns an zwei Orten zugleich sein.« Sie drehte sich herum und sah die beiden anderen an. »Und ich kann die Kinder nicht allein lassen.«
»Das tut mir Leid«, sagte Peter.
Sie lachte ein wenig. »Das braucht Ihnen nicht Leid zu tun. Ich hab die beiden ziemlich gern, wissen Sie, da ist es keine Strafe, zu Hause zu bleiben. Ich wÜnschte nur, die Umstände wären freundlicher.« Sie verschränkte die Arme und musterte Cynthia aufmerksam. »James hat mir gestern eine interessante Geschichte erzählt«, sagte sie. »Ich nehme an, sie ist wahr, weil er ein aufrichtiger Junge ist, aber ich wollte trotzdem bei Ihnen nachfragen. Nach allem, was geschehen ist, fällt es mir schwer, noch irgendjemandem zu glauben. Stimmt es, dass Sie neulich bei uns waren und James und Oliver allein vorgefunden haben?«
»Ich hatte Rosheen weggehen sehen«, erklärte sie, »und ich wusste, dass sonst niemand im Haus war, weil ich – nun ja, ich hatte an dem Morgen Ihre Einfahrt beobachtet.« Verteidigungsbereit plusterte sie sich auf. »Ich habe Ihnen immer gesagt, dass sie faul und hinterhältig ist, aber Sie wollten nicht auf mich hören.«
»Weil Sie mir nie gesagt haben, warum Sie ihr nicht trauen«, erwiderte Siobhan ruhig.
»Ich glaubte, Sie wÜssten Bescheid, und es
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