In Flammen
auf den anonymen Brief auf seinem Schreibtisch. »Aber hier irren Sie sich. Bridey ist meine Meinung wichtig –
ich
bin ihr wichtig –, und nicht nur weil ich Irin bin wie sie, sondern weil ich die Arbeitgeberin ihrer Nichte bin. Niemals wÜrde sie etwas tun, was Rosheens Stellung in unserem Haus gefährden könnte, denn Rosheen und ich sind die einzigen Menschen in Sowerbridge, auf die sie zählen kann. Wir kaufen fÜr sie ein, wir tun unser Bestes, um sie zu schÜtzen, wir nehmen sie bei uns auf, wenn sie sich bedroht fÜhlt. Unter keinen Umständen wÜrde Bridey mich dazu benutzen, der Polizei gefälschte Beweise unterzujubeln. Sie hätte viel zu große Angst, dass ich sie dann fallen lassen wÜrde und Rosheen veranlassen wÜrde, ebenso zu handeln.«
»Das mag ja stimmen, Mrs. Lavenham, aber vor Gericht kämen Sie mit so einem Argument nicht weit.«
»Ich will kein Gericht Überzeugen, Inspector, ich will
Sie
davon Überzeugen, dass die O'Riordans in Sowerbridge mit Hass und Terror verfolgt werden und dass ihr Leben in Gefahr ist.« Sie sah, wie er den Kopf schÜttelte. »Sie haben nicht ein Wort von dem, was ich gesagt habe, wirklich gehört, richtig? Sie glauben, ich ergriffe fÜr Bridey Partei, weil ich Irin bin.«
»Ist es nicht so?«
»Nein.« Mit einem Seufzer richtete sie sich auf. »Moralische UnterstÜtzung ist der irischen Kultur fremd. Das Einzige, was uns wirklich Spaß macht, ist, untereinander Krieg zu fÜhren. Ich dachte, jeder Engländer wÜsste das.«
Dienstag, 9. März 1999
Die Nachricht, dass der Prozess gegen Patrick O'Riordan fÜr die Dauer der polizeilichen Ermittlungen Über das Verschwinden seiner Eltern und seiner Cousine vertagt worden war, wurde mittags in Rundfunk und Fernsehen bekannt gegeben, aber Siobhan schaltete das Radio aus, ehe ihre beiden kleinen Söhne auf die Namen aufmerksam werden konnten.
Sie hatten den ganzen Vormittag mit großen Augen das Kommen und Gehen einer ganzen Prozession von Polizeibeamten verfolgt, die in der Hoffnung, irgendeinen Hinweis auf Rosheens Verbleib zu finden, im Zimmer des Mädchens das Unterste zuoberst gekehrt hatten. Tief beklommen hatte Siobhan zugesehen, wie sie mit äußerster Sorgfalt die HaarbÜrste Rosheens an sich genommen hatten, dazu einige benÜtzte ZellstofftÜcher aus ihrem Papierkorb und ein paar schmutzige WäschestÜcke, um dem Pathologen Material zu einer vergleichenden DNA-Untersuchung zu liefern.
Sie hatte den Jungen erklärt, dass Rosheen nicht zu Hause gewesen war, als sie selbst am vergangenen Abend heimgekommen war, und dass sie, weil sie sich Sorgen mache, die Polizei gebeten habe, nach ihr zu suchen.
»Sie ist zu Tante Bridey gegangen«, sagte der sechsjährige James.
»Woher weißt du das, Schatz?«
»Weil Onkel Liam angerufen hat und gesagt hat, dass es Tante Bridey nicht gut geht.«
»Hat Rosheen dir das erzählt?«
Er nickte. »Sie hat gesagt, sie käme gleich wieder, aber ich mÜsste inzwischen schlafen. Und das hab ich auch getan.«
Sie gab ihm einen Kuss auf den Scheitel. »Braver Junge.«
Er und Oliver saßen am KÜchentisch und malten, als James plötzlich seinen Stift kreuz und quer Über sein Blatt zog, um zu Überkritzeln, was er zu Papier gebracht hatte. »Ist es, weil Onkel Patrick diese Frau getötet hat?«, fragte er sie.
Siobhan blickte ihm einen Moment forschend ins Gesicht. Sie hatte es Rosheen klar und deutlich gesagt: 'Ganz gleich was, Rosheen, sagen Sie den Kindern auf keinen Fall, was man Patrick vorwirft...' »Ich hatte keine Ahnung, dass du davon weißt«, sagte sie in leichtem Ton.
»Das weiß doch jeder«, erklärte er. »Onkel Patrick ist ein Monster, und er gehört aufgehängt.«
»Du meine GÜte!«, rief sie mit einem Lächeln, das nicht echt war. »Wer hat denn das gesagt?«
»Kevin.«
Zorn schnÜrte ihr beinahe die Kehle zu. Ian hatte nach dem Zwischenfall in der Scheune klare Regeln aufgestellt. »Sie können sich in Ihrer Freizeit mit Kevin treffen, Rosheen, aber nicht, wenn Sie fÜr die Kinder da sein mÜssen...«
»Kevin Wyllie? Rosheens Freund?« Sie kauerte neben ihm nieder und strich ihm eine Locke aus der Stirn. »Kommt er denn oft hierher?«
»Rosheen hat gesagt, wir dÜrfen nichts verraten.«
»Ich glaube nicht, dass sie gemeint hat, ihr dÜrft
mir
nichts verraten, Schatz.«
James schlang die dÜnnen Arme um ihren Hals und drÜckte seine Wange an die ihre. »Doch, ich glaube schon, Mami. Sie hat gesagt, Kevin wÜrde ihr den Kopf abreißen, wenn wir dir
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