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In fremderen Gezeiten

In fremderen Gezeiten

Titel: In fremderen Gezeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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versuchen, nach Hispaniola zu schwimmen, als eine sarkastische Stimme erklang: » Weil er ein besserer Fechter ist als du, Phil? Meiner Treu, das ist auch eine Möglichkeit, deine Überlegenheit zu wahren.«
    Dieser Feststellung folgte einiges Gemurmel unter den Piraten und Chandagnac hielt hoffnungsvoll inne. Er sah sich nach Davies um und betete, dass der Mann verblutete, bevor er den Befehl wiederholen konnte.
    Aber Davies sah den Piraten an, der gesprochen hatte, und nach einigen Sekunden lächelte er wölfisch und zeigte auf seine eigene aufgeschlitzte Seite. » So, Venner, du denkst, das wird genügen? Dieser Schnitt?« Davies beugte sich vor, legte die Hände flach aufs Deck und bekam mit einiger Mühe zuerst einen Fuß unter sich und dann den anderen. Er schaute wieder zu Venner auf und grinste immer noch, dann erhob er sich langsam aus seiner geduckten Haltung. Sein Grinsen verschwand niemals, obwohl er blass wurde unter seiner Bräune und sein Gesicht schweißnass war. » Du bist … neu, Venner«, sagte Davies heiser. » Du solltest Abbott oder Gardner fragen, wie schwer eine Wunde sein muss, um mich aufzuhalten.« Er atmete tief ein, dann schwankte er und starrte auf das Deck hinab. Seine Kniehosen glänzten an der Wade, wo sie in seinen Stiefeln steckten, dunkel von Blut. Nach einem Moment schaute er auf. » Oder«, fuhr er fort, trat unsicher zurück und zog erneut sein Rapier, » würdest du gern … selbst herausfinden, wie weit mich dies außer Gefecht gesetzt hat?«
    Venner war klein und untersetzt, mit einem rötlichen, pockennarbigen Gesicht. Vage lächelnd starrte er seinen Kapitän mit dem abschätzenden Ausdruck an, mit dem man in einem Kartenspiel einen Gegner mustert, dessen Betrunkenheit vielleicht eine List ist oder zumindest übertrieben. Schließlich hob er die Hände. » Der Teufel soll mich holen, Phil«, sagte er leutselig, » du weißt, dass ich dich nicht herausfordern wollte.«
    Davies nickte und gestattete es sich, für einen Moment die Augen zu schließen. » Natürlich nicht.« Er stieß sein Schwert von sich und drehte sich zu Chandagnac um. » Aber Venner hat recht«, brachte er knirschend hervor, » und ich bin froh … dass niemand dich getötet hat … und sei es auch nur, damit ich diese Finte lerne.« Er ließ sich gegen die Wand der Poop sinken. » Aber beim Blute Jesu, Mann«, platzte er laut heraus, » wie um alles in der Hölle kommt es, dass du einen so hinterfotzigen Trick kennst, obwohl du watschelst wie eine Ente und dein Schwert hältst wie ein Koch den Pfannenstiel?«
    Chandagnac versuchte erfolglos, sich eine gute Lüge einfallen zu lassen, dann gestand er dem Mann zögernd die Wahrheit. » Mein Vater hatte ein Marionettentheater«, sagte er stockend, » und ich … war die meiste Zeit meines Lebens Puppenspieler. Wir … sind überall in Europa aufgetreten, und wenn in den Stücken Fechtszenen vorkamen – wir haben viel Shakespeare gespielt –, hat sich mein Vater mit Fechtmeistern beraten, um unsere Vorstellungen ganz realistisch zu machen. Also«, er zuckte die Achseln, » habe ich mir alle möglichen Fechtaktionen eingeprägt und jede davon Hunderte von Malen geübt … aber nur mit Marionetten.«
    Davies, der sich die Seite hielt, starrte ihn an. » Marionetten«, wiederholte er. » Nun, ich – gottverdammt! Marionetten.« Langsam ließ er sich an der Wand hinabgleiten, bis er auf Deck saß. » Wo zum Teufel ist Hanson?«
    » Hier, Phil.« Einer der Piraten eilte auf ihn zu und öffnete ein kleines Klappmesser. » Du wirst dich hinlegen müssen«, stellte er fest.
    Davies legte sich gehorsam hin, stützte sich jedoch auf die Ellbogen, um Chandagnac zu mustern, während Hanson, der den Piraten offensichtlich als Arzt diente, begann, das blutgetränkte Hemd aufzuschneiden. » Nun!«, sagte Davies. » Venner hatte angedeutet, dass ich zu … hart gewesen sei, als ich befohlen habe, dich töten zu lassen, und wir – oh, verdammt sei deine Seele, Hanson, sei vorsichtig!« Er schloss für einen Moment die Augen, dann holte er tief Luft und sprach weiter. » Und wir arbeiten nach dem Grundsatz, dass alle Befehle diskutiert werden können, außer wenn wir in einem ernsten Kampf stecken. Nichtsdestoweniger hast du mich verletzt, daher kann ich dich nicht einfach … mit dem Boot davonsegeln lassen.« Er sah seine Gefährten an. » Ich schlage vor, ihm die Wahl zu lassen.«
    Die Männer nickten zufrieden und ließen zustimmende Rufe hören.
    Davies schaute zu

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