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In fremderen Gezeiten

In fremderen Gezeiten

Titel: In fremderen Gezeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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flache Seite, die getroffen hatte, nicht die Schneide.
    Der Schlag hatte Shandy wieder zurück auf die Knie geworfen, aber Venner war ebenfalls gestürzt, und Shandy nahm sich einen Moment, um die Spitze seines Schwerts in den einzigen erreichbaren Teil von Venner zu rammen – dessen Knie –, bevor er sich erschöpft ein weiteres Mal auf die Füße zog.
    Auch Venner stand wieder.
    Shandy begriff, dass er vielleicht nicht in der Lage sein würde, Venner zu besiegen, dass dieser Kampf vielleicht damit enden würde, dass das verdammte Entermesser ihm den Kopf spaltete oder den Leib aufschlitzte – aber er war zu erschöpft, um mehr als eine Art bedrückenden Missmut darüber zu empfinden. Er lehnte sich an den Heckbalken und spannte die Hand um den nassen Griff des Rapiers.
    Venner holte mit dem Entermesser nach Shandys Kopf aus, und Shandy zwang seinen tauben Arm, den Säbel zu heben, um den Hieb abzuwehren, aber er schaffte es nur, die schwerere Klinge zu drehen, sodass es wieder die flache Seite war, die ihn traf – diesmal an der Schläfe. Seine Knie gaben für einen Moment unter ihm nach, während heißer, übelkeiterregender Schmerz seinen Kopf zu überfluten schien.
    Er versuchte, sich aufzurichten, aber Venners Klinge trieb ihn jetzt mit Stößen zurück – Shandy ließ sich weiter zusammensacken und schaffte es dann nur mit knapper Not, einem entscheidenden Stich zu entgehen, indem er sich zur Seite warf. Die Klinge fuhr ihm über die Rippen und blieb dann in einer Falte seiner Jacke hängen, heftete ihn an den Heckbalken und hielt seinen Fall auf. Aber er hatte seine Waffe zu einer Parade hochgerissen, die ihn – wenn auch reichlich spät – an sein Ziel brachte. So unbeholfen wie eine grob gefertigte Marionette sah er zu, dass er wieder auf die Füße kam.
    Sein Hemd riss auf, als er vorsprang, und dann wurde Venners Jacke durchbohrt, um zwei Zoll – und dann vier, als Shandy nachstieß – rostigen Stahls durchzulassen.
    Plötzlich bleich, prallte Venner zurück und kam von der Klinge frei. Das Entermesser entglitt ihm und fiel klirrend auf Deck. Die Jenny war auf der nächsten Welle und neigte sich schlagartig zurück. Alle bis auf die beiden Kämpfer hielten sich irgendwo fest oder versuchten, kontrolliert zu stürzen, aber Shandy sprang erneut vor, als das Deck unter ihm wegsackte, und trieb Venner sein Schwert in die breite Brust – mit solcher Wucht, dass die Klinge abbrach und sie beide in hohem Bogen nach Backbord flogen. Shandy ließ das abgebrochene Schwert los und griff in die Takelage, aber für Venner mit Davies Klinge im Leib gab es kein Halten, er verschwand im aufgewühlten Wasser. Dann senkte sich der Bug, das Heck hob sich, und Shandy verlor den Halt und wurde hart auf die Planken geworfen.

Kapitel 26
    Er kam nach und nach wieder zu Bewusstsein, ließ widerstrebend von den Träumen ab, die so viel besser waren als die Kälte und die Schmerzen der Realität – erinnerte Träume, wie die Reisen mit seinem Vater und den Marionetten, und Wunschträume wie das Auffinden Beth Hurwoods, bevor er ihr endlich all die Dinge sagte, die er ihr sagen wollte. Zuerst war es ihm erschienen, als wäre er vielleicht in der Lage, die Situation zu wählen, in der er aufwachte, einfach, indem er sich darauf konzentrierte; aber die Nässe, die Kälte und das Schaukeln wurden immer beharrlicher, und als er die Augen öffnete, war er auf dem Deck der Jenny.
    Er versuchte, sich aufzurichten, aber plötzliche Übelkeit drückte ihn schwach und schwitzend auf den Rücken. Er öffnete die Augen wieder und sah Skanks besorgtes Gesicht. Shandy hob an zu sprechen, aber seine Zähne klapperten. Er biss die Kiefer für einen Moment fest aufeinander, dann versuchte er es noch einmal. » Was ist … passiert?«
    » Du bist ziemlich heftig aufs Deck gestürzt, nachdem du Venner getötet hattest«, sagte Skank.
    » Wo ist Davies?«
    Skank runzelte verwirrt die Stirn. » Er ist … ähm, tot, Käpten. Als Hurwood die Carmichael gekapert hat, du weißt doch.«
    Shandy kam es so vor, als erinnere er sich tatsächlich an etwas in der Art. Er versuchte erneut, sich aufzurichten, und fiel abermals zitternd auf den Rücken. » Was ist passiert?«
    » Nun, du warst dabei, Käpten. Und ich habe dir heute davon erzählt, erinnerst du dich? Wie einer von Hurwoods toten Seeleuten ihn getötet hat?« Skank sah sich unglücklich um.
    » Nein, ich meine, was ist gerade eben passiert?«
    » Du bist aufs Deck geschlagen. Das habe ich

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