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In fremderen Gezeiten

In fremderen Gezeiten

Titel: In fremderen Gezeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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wusste, dass es nicht genug sein würde.
    Hinter ihm kam Venner nach achtern, langsam, weil er das Entermesser, das er aufgehoben hatte, nicht aus der Hand lassen wollte.
    Shandy warf dem Rudergänger, der die Pinne ganz nach backbord gelegt hatte, einen Blick zu – er wusste, dass er dem Mann eigentlich helfen sollte, sie dort festzuhalten, wenn sie auf dem Wellenkamm die volle Gewalt des Sturmes wieder traf. Dann sah er Trauerkloß.
    Der große Bocor hatte sich vom Heckbalken gelöst, stand jetzt frei und hatte den hölzernen Schaft umfasst, der ihn aufspießte; und vor Shandys Augen bog der Mann die Spiere vor seiner Brust – der Sturm riss die Geräusche mit sich fort, aber zwischen den schwarzen Händen begannen sich Splitter zu lösen. Shandy nahm an, dass der Bocor dazu Magie benutzte, aber Trauerkloß musste sich einen freien Stand suchen, während er die armdicke Gaffel weiter bog, und Shandy bekam eine Gänsehaut auf den Armen, denn er konnte die Gaffel mit dem verbliebenen, eisenbeschlagenen und jetzt blutigen Teil der Klau aus dem breiten Rücken des Mannes ragen sehen, und obwohl das Eisen noch dampfte, glühte es nicht – der Bocor zerbrach die Gaffel mit nichts als seiner eigenen Körperkraft.
    Endlich brach sie und der Bocor fiel auf die Knie. Shandy eilte herbei, um ihm zu helfen, aber Trauerkloß hielt ihm mit einer Hand die abgebrochene Gaffel hin – für sich selbst eine eindrucksvolle Leistung, denn sogar das abgebrochene Stück war gut sechs Fuß lang, und es hingen noch Leinen und die obere Hälfte des Segels daran.
    » Treibanker!«, rief der Bocor. » Werft ihn auf Steuerbord aus!«
    Shandy verstand sofort und nahm Trauerkloß die Gaffel ab – mit beiden Händen schaffte er es kaum –, und er drehte sich um und hievte sie über die Steuerbordreling ins Meer.
    In diesem Moment erreichten sie wieder einen Wellenkamm, die Jenny legte sich weit über, als der Strum sie von Steuerbord traf. Sie rauschten die Wetterseite des Brechers hinunter, und der Rudergänger hatte Mühe, die Pinne an Backbord zu halten. Shandy hatte das Piekfall der Gaffel provisorisch an Deck belegt und ließ nun den Rest der Leine am Mast ausrauschen, damit er den Treibanker mehr Lose geben konnte.
    Die Jenny hatte noch nicht ganz ihre stabile Lage erreicht, als der nächste Brecher über Deck kam. Shandy klammerte sich unter Wasser an die Reling und fragte sich, ob sie gekentert waren, ob die Jenny einfach von den Wassermassen zerquetscht werden und sinken würde, ohne jemals wieder an die Oberfläche zu kommen; aber dann wurde das Wasser schwer auf seinen nach vorn gezogenen Schultern und schwappte davon, und zuerst wurde sein Kopf frei, dann seine Arme, und als es ihm noch um die Knie strömte, belegte er das Fall endgültig, denn fast die gesamte Leine war jetzt im Wasser.
    Die Gaffel selbst mit den Resten des Segels trieb irgendwo hinter dem nächsten Wellenkamm. Als die folgende riesige Welle sie vor sich herschob, spürte Shandy bereits den Zug des Ankers und seine Wirkung auf Ruder und Segel.
    Mit den Fingerspitzen hatte er sorgsam alle Vibrationen des Decks registriert, und als er ein schwaches Kratzen in der Nähe spürte, blickte er auf – und warf sich flach zu Boden. Venners Entermesser spaltete die Reling anstelle von Shandys Kopf.
    Shandy rollte sich weg, während Venner die festsitzende, schwere Klinge lockerte, und als er sich auf die Knie gezogen hatte, wandte Skank sich kurz von seiner Arbeit an dem Notsegel ab, um Shandy das fallen gelassene Schwert zuzuwerfen.
    Das Boot stampfte, und Shandy hatte Regen und Gischt in den Augen – er verfehlte die ihm zugeworfene Waffe, hörte, wie sie über das nasse Deck schlitterte, wie das Entermesser mit einem Knarren aus der Reling freikam, und er hörte Venners schlurfende Schritte näher kommen.
    Shandy sprang dem Schwert hinterher, gerade als das Boot sich mit dem Bug in eine anlaufende Wasserwand bohrte – er schloss die Augen und stemmte sich gegen das Schanzkleid, als das Wasser über ihn hereinbrach. Dann schüttelte er den Kopf und sah sich hektisch blinzelnd um. Das Licht war schlecht, aber er sah das Schwert im Wasser rollen, und er stürzte sich halb schwimmend ihm nach und bekam es am Griff zu fassen.
    Venner griff erneut an, während Shandy versuchte aufzustehen, aber das Deck neigte sich in dem Augenblick stark nach achtern, als Venner lossprang, sodass er das Gleichgewicht verlor. Zwar betäubte der Hieb Shandys Schulter, es war aber nur die

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