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In fremderen Gezeiten

In fremderen Gezeiten

Titel: In fremderen Gezeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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geöffnet und der Kapitän und der Seekadett Nourse kamen herein. Nourse hielt Feder, Tintenfass und Papier bereit und setzte sich neben Shandy, während der Kapitän sich behäbig auf der anderen Seite des Tisches Davies gegenüber niederließ. Jeder Marineoffizier trug, offensichtlich als Teil seiner Uniform, ein Schwert und eine Pistole.
    » Schreibt auf, Mr. Nourse«, sagte der Kapitän, » dass wir am Dienstag, den 26. Juli 1718, den Piratenkapitän Philip Davies aus dem Meer gefischt haben und dass Davies zuvor auf der gekaperten Carmichael über Bord gegangen war, nachdem ihm einer seiner Komplizen in den Rücken geschossen hatte.«
    » Nur in die Schulter«, bemerkte Davies zu Shandy. » Ich denke, es war dieser fette Junge, Friend.«
    » Warum sollte Friend auf dich schießen?«, fragte Shandy überrascht.
    » Die Jenny«, sagte Davies, und eine gewisse Anspannung war in seiner Stimme zu hören, » hat die Carmichael nur eskortiert, um Feuer auf sich zu ziehen … und alle feindlichen Schiffe zu beschäftigen, so dass die Carmichael auf jeden Fall in der Lage sein würde, unbehindert weiterzusegeln. Hodge wusste das. Aber ich dachte, dass wir alle entkommen würden, wenn ich mit der Carmichael noch einmal dazwischenginge und wir den Bastarden von der Navy noch eine Breitseite verpassten. Friend war bereits höllisch wütend, als ich das erste Mal hineinging, um der Jenny etwas Luft zu verschaffen, und ich schätze, er war der Idee, es noch einmal zu machen … sehr … abgeneigt. Es entspricht der Wahrheit, dass ich mich seinen Wünschen widersetzt habe … genau in dem Augenblick, als ich die Order geben wollte, wurde ich aus den Backbordwebleinen geschossen.« Er begann zu lachen, zuckte aber zusammen und musste sich mit einem krampfhaften Grinsen begnügen. » Und Mate Care-for hat mir die Hand gehalten! Ich schätze … sonst hätte die Kugel mir das Rückgrat zertrümmert.« Schweiß überzog sein schmerzverzerrtes Gesicht.
    Shandy schüttelte unglücklich den Kopf. » So ist die Ehre unter Dieben«, erklärte der Kapitän. » Philip Davies, Ihr werdet nach Kingston gebracht, um Euch einer Verhandlung wegen einer beträchtlichen Anzahl von Vergehen zu stellen, deren jüngstes vielleicht die Ermordung von Arthur Chaworth ist, dem rechtmäßigen Kapitän der Carmichael.« Der Kapitän räusperte sich. » Habt Ihr den Wunsch, eine Aussage zu machen?«
    Davies saß vornübergebeugt da und er schaute mit einem totenschädelartigen Grinsen zum Kapitän auf. » Wilson, nicht wahr?«, fragte er heiser. » Sam Wilson, richtig? Ich erkenne Euch. Was also? Eine Aussage? Wie vor Gericht?« Er blinzelte den Kapitän nachdenklich an. » Nein danke, Sam. Aber verratet mir …« Er schien sich zu wappnen, dann sprach er sehr hastig weiter: » … ist es rein zufällig wahr, was Panda Beecher mir einmal über Euch erzählt hat?«
    Kapitän Wilson presste die Lippen so fest aufeinander, dass sie alle Farbe verloren, warf den anderen Offizieren einen kurzen Blick zu und stand dann beinahe mit einer einzigen Bewegung auf, zog seine Pistole, spannte und hob sie. Shandy war im selben Moment auf die Füße gesprungen und warf sich über den Tisch, um die Waffe aus der Zielrichtung zu schlagen, gerade als der Kapitän abdrückte.
    Der laute Knall ließ Shandys geschundene Ohren klingeln, aber er hörte den Kapitän rufen: » Gott verfluche Euch, Chandagnac, dafür könnte ich Euch einsperren lassen! Nourse, gebt mir Eure Pistole!«
    Shandy warf einen Blick in Davies’ Richtung; Davies wirkte angespannt, aber nicht unfroh. Dann sah Shandy Nourse an. Der junge Seekadett schüttelte entsetzt den Kopf.
    » Es ist Mord, wenn Ihr ihn einfach erschießt, Kapitän«, protestierte Nourse mit schriller Stimme. » Er muss vor Gericht gestellt werden! Wenn wir …«
    Kapitän Wilson fluchte zornig, und während Nourse und Shandy ihm beide zuriefen, dass er innehalten solle, lehnte er sich über den Tisch, riss einem von Davies’ Wächtern die Pistole aus dem Gürtel, trat zurück, sodass niemand ihn mehr erreichen konnte, hob die Pistole …
    … Davies grinste ihn höhnisch an …
    … und Shandy griff, schwindlig vor Angst, noch während er es tat, nach unten, zog Nourse’ Pistole und feuerte auf den Kapitän.
    Beide Explosionen krachten fast gleichzeitig, aber während Kapitän Wilsons Schuss Davies verfehlte und dem Offizier zu Davies’ Rechten ein Loch in den Arm riss, fuhr Shandys Kugel dem Kapitän glatt durch die Kehle und

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