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In fremderen Gezeiten

In fremderen Gezeiten

Titel: In fremderen Gezeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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Boot einen so schmalen Bogen, dass Davies die Riemen einziehen musste, und einen Moment später glitt das Boot hinaus auf eine weite Wasserfläche, und da der Nebel mit dem Regenwald hinter ihnen zurückblieb, konnten sie nach einigen Dutzend weiteren Ruderschlägen den Strand und voraus zu ihrer Linken die Glutpunkte der drei Feuer erkennen.
    » Ha!«, rief Shandy freudig und schlug Davies auf seine unversehrte Schulter. » Sieh dir das an!«
    Davies schaute sich um, dann wandte er sich mit einem Grinsen wieder Shandy zu. » Und schau du mal hinter dich«, sagte er und nickte nach achtern.
    Shandy drehte sich um und sah im Nebel den schwachen Schein von zwei Fackeln. » Die anderen haben es ebenfalls geschafft«, bemerkte er, nun weniger erfreut.
    Beth schaute gleichfalls zurück. » Ist … mein Vater in einem dieser Boote?«
    » Ja«, antwortete Shandy, » aber ich werde ihm nicht erlauben, Euch etwas anzutun.«
    Minutenlang sprach keiner von ihnen, und das Boot hielt nun langsamer auf den Strand zu, da Davies seine verbrannte Hand etwas schonte. Die Piraten am Ufer bemerkten schließlich die Boote, brachen in laute Rufe aus und stießen in ihre Hörner.
    » Hat er versucht, mir etwas anzutun?«, fragte Beth.
    Shandy sah sie an. » Erinnert Ihr Euch nicht? Er …« Verspätet kam ihm der Gedanke, dass es vielleicht eine bessere Zeit gab, ihre jüngsten, schauerlichen Erinnerungen wachzurufen. » Ähm … er hat Friend dazu gebracht, Euch in die Hand zu schneiden«, beendete er seine Ausführungen matt.
    Sie schaute ihre Hand an, dann sagte sie nichts, bis sie die Feuer fast erreicht hatten und Männer hinausgewatet kamen, um ihnen an Land zu helfen. » Ich erinnere mich, dass Ihr mir ein Messer an die Kehle gehalten habt«, murmelte sie vage.
    Shandy bleckte die Zähne in gequälter Ungeduld. » Es war die stumpfe Seite und ich habe Euch niemals damit berührt! Das habe ich getan, um ihn auf die Probe zu stellen, um zu sehen, ob er Euch noch immer brauchte, um diese Magie zu wirken, falls ein wenig von Eurem Blut nicht alles war, was er benötigte! Verdammt, ich versuche, Euch zu beschützen! Vor ihm!« Mehrere Männer hatten ihr Boot erreicht, und kräftige Hände packten die Bordwände und zogen es an Land.
    » Magie«, wiederholte Beth.
    Shandy musste sich vorbeugen, um sie inmitten der aufgeregten Fragen der Piraten verstehen zu können. » Ob es Euch gefällt oder nicht«, sagte er, » es ist das, womit wir es hier zu tun haben.«
    Sie schwang ein Bein über die Bordwand, sprang in das seichte Wasser und drehte sich wieder zu ihm um. Die schaukelnde Bugfackel war fast erloschen, aber sie war hell genug, um die angespannten Züge ihres Gesichts zu zeigen. » Womit zu beschäftigen Ihr Euch entschieden habt!«, sagte sie, dann drehte sie sich um und begann auf die Feuer zuzuwaten.
    » Wisst Ihr«, bemerkte Shandy zu Davies, » ich werde sie aus all dem herausholen … nur um des Vergnügens willen, ihr einen weiteren Punkt zu zeigen, in dem sie sich vollkommen irrt.«
    » Sind wir froh, euch zu sehen!«, rief einer der herandrängenden Piraten aus. Sie hatten das Boot ganz auf den Sand des von Mangroven befreiten Strandabschnitts gezogen, und Shandy und Davies stiegen aus und reckten sich. Die Rufe ebbten ab.
    » Ich bin froh, dass ich das hinter mir habe«, erklärte Davies.
    » Ihr müsst einen Bärenhunger haben«, warf ein anderer Mann ein. » Oder habt ihr da drin etwas zu essen gefunden?«
    » Dazu fehlte uns die Muße.« Davies drehte sich um, um zu sehen, wo die beiden anderen Boote blieben. » Wie spät ist es? Vielleicht kann Jack uns eine Art Vorfrühstück zusammenhauen.«
    » Ich weiß nicht, Phil, es ist noch nicht spät – nicht mehr als ein oder zwei Stunden nach Sonnenuntergang.«
    Shandy und Davies drehten sich beide um, um ihn anzustarren. » Aber wir sind ungefähr eine Stunde nach Sonnenuntergang aufgebrochen«, widersprach Shandy. » Und wir müssen mehrere Stunden unterwegs …«
    Der Pirat sah Shandy mit leerem Blick an, und Davies fragte: » Wie lange waren wir im Sumpfland?«
    » Nun … zwei Tage«, antwortete der Mann mit einiger Verwirrung. » Nur um präzise zu sein – von Abenddämmerung zu Abenddämmerung.«
    » Ah«, sagte Davies und nickte nachdenklich.
    » Und Asche zu Asche«, warf Shandy ein, zu müde, um sich darum zu bemühen, vernünftig zu klingen. Er blickte wieder zu den anderen zwei Booten hinüber. Träge – denn trotz all seiner Schlussfolgerungen wollte er jetzt

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