In Gedanken bei dir (German Edition)
verhindern können.
Und
jetzt auch noch Alex.
Cassie
liebt ihn immer noch. Und ich glaube, darüber sollten wir reden. Denn ich fühle
mich plötzlich wie ein Mann, der erfährt, dass seine Frau einen anderen liebt.
Der wütend und verzweifelt ist, und ... ja, panisch.
Ich
will, dass wir das hier durchstehen. Ich will, dass wir zusammenbleiben. Ich
will, dass wir heiraten und dass Jolie meine Tochter ist und nicht Alex’
– er weiß ja nicht mal, dass er ein Kind hat.
Nick
zog sein Handy aus der Tasche und drückte die Wahlwiederholung: The person you
have called is temporarily not available.
»Verdammt!«
Er
zog Cassies Notebook zu sich heran und klickte Skype auf. Wenn sie Jolie nicht
besuchen konnte, skypte Cassie stundenlang mit ihrer Kleinen.
Die
sanfte Klingelmelodie von Skype erklang.
Aber
Jolie antwortete nicht. Der Bildschirm blieb dunkel.
Wo
steckten Cassie und Jolie? Nick sollte sie doch anrufen. Schon vor Stunden.
Er
wählte Karens Nummer. Es klingelte lange.
Dann
ging sie ran. »Hi, Nick.«
»Hi,
Karen. Ich kann Cassie nicht erreichen ... Ist etwas ...«
»Ganz
ruhig, Nick!«, unterbrach sie ihn, und er stellte sich vor, wie sie
beschwichtigend die Hand hob. »Mit Jolie ist alles in Ordnung. Cassie ist
gerade im Interview. CBS
SF sendet live ...«
Ein
Blick zur Uhr: kurz nach fünf. Eyewitness News lief schon. Verdammt,
er hätte es beinahe verpasst!
»Danke,
Karen. Bis bald.« Nick
warf das Handy auf Cassies Schreibtisch, stürmte wie ein Footballspieler durch
das Wohnzimmer und hechtete über das Sofa, um die Fernbedienung an sich zu
reißen und den Fernseher anzuschalten. Er zappte durch die Kanäle, bis er
Cassie sah. Er drehte den Ton lauter, doch ihr kurzer Kommentar war beendet,
und die Moderatorin erschien wieder. Im Hintergrund war ein Bild von Jolie
eingeblendet, darüber der Schriftzug: Jolies Kampf.
Das
Leben meines Kindes wird in dreißig Sekunden gepresst, dachte Nick. Die
nächsten dreißig Sekunden waren Coop gewidmet, der nach San Francisco kommen
wollte, um für Jolie sein Knochenmark zu spenden. Doch er starb auf der Straße
nach Sydney, auf dem Weg zur Qantas-Maschine, die ihn zu Jolie bringen sollte.
Dann
war wieder Cassie zu sehen, und sie sah traurig aus.
Die
Moderatorin interviewte eine verzweifelte Mutter, die ihr Kind nicht retten
konnte. Denn Cassie kam als Spenderin nicht infrage. Nick ahnte, was jetzt kam,
und er ballte seine Fäuste. Keine Ahnung, woher die Moderatorin wusste, dass
Cassie schwanger gewesen war und dass sie ihr Kind verloren hatte. Dass Cassie
litt, konnte man ihr ansehen. Aber unter dem unausgesprochenen Vorwurf, mit
Nick ein Designerbaby gezeugt zu haben, das mit seinen Stammzellen seiner
kranken Schwester das Leben retten sollte, zuckte sie regelrecht zusammen, als
hätte sie einen Schlag ins Gesicht bekommen.
Der
Beitrag legte nahe, sie hätten mittels Präimplantationsdiagnostik einen Embryo
ausgewählt und Cassie einsetzen lassen, damit sein Nabelschnurblut Jolie heilen
konnte.
»Hey,
das ist nicht wahr!«, regte Nick sich auf, und seine Finger krallten sich um
die Fernbedienung. »Die Schwangerschaft war doch nicht geplant gewesen! Wir
waren noch nicht lange genug zusammen, um uns nach Jolies Diagnose noch ein
Kind zu wünschen!«
Nick
erinnerte sich an den Ultraschall-Termin, den schlimmsten Tag seines Lebens. Er
saß neben Cassie auf der Liege und hielt ihre Hand, als der Arzt die Sonde über
das Gel auf ihrem Bauch schob. Die verkniffenen Lippen und die verkrampften
Finger um die Sonde warnten Nick, dass etwas nicht in Ordnung war. Er sah auf
den Monitor, der über Cassie an der Decke hing. Nichts. Kein Herzschlag. Das
Schlimmste war geschehen: Ihr Baby, ihre Hoffnung, ihr Glück, war gestorben.
Vom
Bildschirm des Ultraschallgeräts schaute Nick in Cassies Gesicht, und er sah
dort die Trauer und die Verzweiflung, die er selbst empfand. Er war so
aufgeregt gewesen ... hatte sich darauf gefreut, sein Kind zu sehen ... den
Herzschlag zu hören ... das erste Schmetterlingsflattern zu spüren ... Und jetzt?
Von
Männern wurde erwartet, dass sie ihre Gefühle im Griff hatten. Dass sie stark
waren, dass sie ihren Frauen Halt gaben, wenn sie zusammenbrachen. Aber in
diesem Augenblick wollte er nur noch heulen.
Cassie
und er weinten stundenlang, hielten sich aneinander fest, ohne dem anderen Halt
geben zu können, und trauerten um ihr Kind. In einem Erinnerungsalbum voller
Fotos, Briefe und Ultraschallbilder gedachten sie ihres
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