In Gedanken bei dir (German Edition)
den
langen Weg gegeben, dann fuhren sie wieder auf die Interstate in Richtung
Süden.
Cassie
spürte, wie Alex neben ihr verkrampfte, als das Schild der Abfahrt nach
Sausalito in Sicht kam. Sein Blick flog an ihr vorbei nach Osten, wo die Docks
mit den Floating Homes lagen. Was fühlte er jetzt? Wehmut? Woran erinnerte er
sich gerade?
Die
aufgehende Sonne glitzerte und gleißte auf dem Wasser, und die feinen
Nebelschwaden vom Pazifik flossen über sie hinweg. Alex’ Hände pressten Coops
Plüschherz zusammen, und es schien, als hielte er sich daran fest. Dann wandte
Alex seinen Blick wieder nach vorn zum grünen Highwayschild: 101 Golden Gate
Bridge, San Francisco.
Bald
schlängelte sich der Highway die Hügel oberhalb von Sausalito hinauf, und immer
wieder blitzte die Bay zwischen den Bäumen hindurch. Auf dem nächsten Schild
wurde die Toll Plaza angekündigt, und dann kam auch schon der Tunnel.
Da
war sie! Hinter einem Hügel ragten die rostroten Pfeiler aus dem dichten
Morgennebel über der Bay.
Eine
weite Linkskurve, dann fuhren sie auf die Golden Gate Bridge zu. Und tauchten
in die ersten Nebelschwaden ein, wie ein Flugzeug, das im Landeanflug die
Wolkendecke durchstößt.
Alex’
Gesicht war verkniffen. Was mochte ihm jetzt alles durch den Kopf gehen?
Dann
waren sie auf der Golden Gate Bridge, von der nur die roten Kabel der
Aufhängung und die wuchtigen Torbögen der Pfeiler zu sehen waren. Und natürlich
am Ende die Toll Plaza, eine Insel im Nebel. Die Lichter an den Kassenhäuschen
funkelten wie ein beleuchteter Weihnachtsbaum in dichtem Schneetreiben. Nachdem
der Wildtrak gescannt und die Brückenmaut von ihrem Konto abgebucht wurde, bog
Cassie nach rechts ab in den nebeligen Presidio mit dem General MacArthur
Tunnel. Dann ging es auf dem breiten Boulevard zum Golden Gate Park, den sie
ohne Stau durchquerte, um einige Kreuzungen weiter nach Osten abzubiegen. Bald
ragten die wuchtigen Gebäude des UCSF Medical Center vor ihr auf, und, hey, sie
fand tatsächlich einen Parkplatz in der Parnassus Avenue, nur wenige Schritte
vom Haupteingang entfernt.
Mit
dem Plüschherz unter dem Arm folgte Alex ihr in die Klinik. Im Aufzug tastete
er nach ihrer Hand und drückte sie. Seine fühlte sich kalt und klamm an, und
sie zitterte auch ein bisschen.
Als
die Türen sich öffneten, schlug Cassie wieder dieser süßliche Chemogeruch
entgegen, ein durchdringender Duft nach verwelkenden Blumen, nach
Hilflosigkeit, Schmerz und Leid, der sie würgen ließ und ein Brennen in ihrer
Kehle verursachte.
Hand
in Hand verließen Cassie und Alex den Aufzug und gingen den Gang entlang zu
Karens Zimmer. Die Tür stand weit offen. Karen saß am Schreibtisch und
blätterte in einer Patientenakte.
»Klopf,
klopf.«
Karen
blickte auf und lächelte. »Cassie!« Sie sprang auf und kam ihnen entgegen. »Wie
schön, dass ihr da seid.« Karen sah Alex an. »Alle beide.« Sie streckte ihm die
Hand entgegen, und er schlug ein. »Hi, ich bin Karen. Darf ich Alex sagen?«
»Na
klar.«
»Ich
freue mich, dass du gekommen bist. Für Jolie. Aber auch für dich.«
»Danke,
Karen«, sagte Alex gerührt.
»Du
hast eine wundervolle Tochter, auf die du sehr stolz sein kannst.«
Unvermittelt
umarmte er Jolies Ärztin, und auch sie legte ihren Arm um seine Schultern. Den
anderen streckte sie nach Cassie aus und zog sie in die tröstende Wärme dieser
Umarmung hinein.
Gerührt
sah Karen sie beide an. »Ich freue mich sehr für euch beide. Jolie wartet auf
euch. Ihr wollt sie jetzt sicher so schnell wie möglich sehen.«
Alex
nickte.
»Na
gut, wir reden später ausführlich. Jetzt geht erst mal zu eurer Tochter und
nehmt sie ganz fest in die Arme. Sie hat auf der Intensivstation eine schlimme
Zeit durchgemacht. Aber Nick war die ganze Zeit bei ihr und hat sie getröstet.
Seit gestern Abend ist Jolie wieder auf ihrem Zimmer.«
»Hat
sie noch Fieber?«, fragte Cassie.
»Neununddreißig
vier.«
»Immer
noch!«
Karen
strich mit der Hand über ihren Arm. »Ich komme in ein paar Minuten zu euch.
Dann reden wir.«
»Okay.«
Alex
folgte ihr den Gang hinunter. Vor Jolies Tür blieben sie stehen, und Cassie
klemmte sich Jolies Wunschbox unter den anderen Arm. »Ich gehe erst mal allein
zu ihr rein. Nick ist jetzt bei ihr. Wartest du hier?«
Alex
nickte. Wie verunsichert er war, merkte sie daran, wie fest er das Plüschherz
umklammerte. Er war so aufgeregt wie sie.
Sie
küssten sich, dann öffnete Cassie die Tür zu Jolies Krankenzimmer und
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